Die Rätsel von Garden Hall

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Die Rätsel von Garden Hall ist ein Roman von Robert Kraft, der 1908 in der Kolportageromanreihe Die Augen der Sphinx im Münchmeyer-Verlag erschienen ist.

Inhalt[Bearbeiten]

Der deutsche Arzt Dr. Max Werner tritt auf Garden Hall, der Residenz von Lord Roger von Norwood, eine Stelle als Arzt und Hauslehrer an. Der Lord, dem nach einem Unglücksfall beide Beine an den Knien abgenommen werden mussten und der seither im Rollstuhl sitzt, lebt mit seiner 15-jährige Nichte Ruth und 42 alten Dienern zurückgezogen in seiner Residenz. Dr. Werner muss für die Stelle einige seltsame Regeln akzeptieren: Er darf das Anwesen für die Dauer seines Arbeitsverhältnisses nicht verlassen, Briefe dürfen nur auf zur Verfügung gestelltem Briefpapier geschrieben werden und die Post geht immer durch die Hände von Lord Roger. Außerdem ist der rechte Flügel des Anwesens für alle Tabu und es gibt die Anweisung, dass nicht gelöscht werden darf, wenn das Haus einmal brennt. Sir Rogers Bruder hatte sich ein Jahr nach dem Tod seiner Frau, die Kindbett gestorben war, erschossen und in seinem Testament verfügt, dass sich Roger, der von seinem Vater wegen seines Lebenswandels nach Australien abgeschoben worden war, um Ruth kümmern muss. Dafür erhält er an deren 16. Geburtstag eine halbe Million Pfund, eine weitere halbe Million erhält das Mädchen. Allerdings muss es bis dahin verheiratet sein. Mit der Engagierung des noch jungen Arztes hatte Sir Roger auch entsprechende Hinergedanken und tatsächlich verliebt sich Ruth sofort in ihn, ist es doch der erste junge Mann, den sie sieht. So kommt es, dass Max Werner und Ruth zwei Stunden nach Werners Ankunft auf Garden Hall bereits verheiratet sind. Dr. Werner stellt rasch fest, dass der Lord ein böses Gewissen haben muss, denn er versucht beständig, die anderen Hausbewohner zu belauschen, macht zu diesem Zweck auch die Diener regelmäßig betrunken und erbricht heimlich die Post. Werner kommt schließlich mit dem alten Gärtner und Barbier Jim ins Gespräch, der Unglaubliches zu berichten weiß: Mehrmals hat er beim Frisieren des Lords auf dessen Kleidung Frauenhaare entdeckt und einmal war auf der Kleidung von Lord Roger auch der Abdruck einer Kinderhand zu sehen. Max Werner entdeckt dann selbst einen solchen Abdruck auf dem Rücken des Lords und kommt zur gleichen Überzeugung wie Jim: Lord Roger muss in dem geschlossenen Flügel Frauen und Kinder gefangenhalten. Von Jim, der zwar erst seit elf Jahren auf Garden Hall ist, aber unter den früheren Dienern einen Freund hatte, erfährt Max Werner noch mehr über den Lord. Dieser war nach dem Tod des Bruders aus Australien zurückgekehrt und hatte seine Braut mitgebracht, die er auf der Überfahrt kennengelernt hatte. Angele war aber schon nach einem halben Jahr gestorben, kurz darauf waren dem Lord dann bei einem Unfall mit einer Falltüre die Schienbeine zerschmettert worden und mussten abgenommen werden. Vor elf Jahren hatte Roger von Norwood dann in einem seiner Jähzornanfälle, die er früher öfters gehabt, alle Diener entlassen und neue eingestellt. Damals waren auch die neuen Bedingungen eingeführt worden, unter anderem, dass die Diener Garden Hall nicht mehr verlassen dürfen und dass die Post durch die Hände des Hausherrn geht. Auch das Belauschen der Bewohner hatte erst nach dem Dienerwechsel eingesetzt. Vom alten Personal waren lediglich der Hausarzt und seine Tochter, Ruths ehemaliges Kindermädchen, geblieben - er halbblind und sie durch ihre Frömmelei schon ganz verdummt. Werner entdeckt in der Bibliothek schließlich durch Zufall eine geheime Tür in den verbotenen Flügel, findet dort in einem Badezimmer einen nassen Männerfußabdruck und bekommt so den Verdacht, dass der Lord noch beide Beine besitzt und laufen kann. Als Lord Roger nach London zum Erbschaftsgericht muss, da er seine 500.000 Pfund durch eine unklare Testamentsklausel bereits jetzt ausgezahlt erhalten kann, nutzt Werner diese Gelegenheit und untersucht den verbotenen Flügel. Dieser ist leer, allerdings findet er Hinweise darauf, dass hie bis vor kurzem Frauen und Kinder gelebt haben müssen, sowie ein blutverschmiertes Taschentuch. Nach Rogers Rückkehr aus London geht das Haus in der Nacht in Flammen auf, Dr. Werner dringt in den verbotenen Flügel ein, um den Lord zu retten, kann aber nur noch dessen verkohlte Leiche bergen. Diese besitzt tatsächlich keine Unterschenkel mehr, so dass Werner glaubt, sein Verdacht sei falsch gewesen. Zugleich mit dem Brand hat es ein großes Zugunglück gegeben, auch Werner wird als Arzt hinzugezogen. In einem der schwer verletzten Passagiere erkennt Werner, nachdem er dem Mann einen falschen Bart abgenommen hat, Lord Roger. Dieser besitzt beide Beine, die Schienbeine sind im aber bei dem Zugunglück zertrümmert worden und müssen abgenommen werden. Zudem hat er eine schwere innere Verletzung. Vor seinem Tod beichtet der vermeintliche Lord dem deutschen Arzt seine Geschichte: Sein eigentlicher Name ist Daniel Nofear und er hat in Australien vor Jahren den echten Baronett Roger von Norwood kennengelernt. Dieser sah ihm ähnlich wie ein Doppelgänger, nur dass Nofear einen Vollbart trug und die Ähnlichkeit daher niemandem weiter aufgefallen war. Nofear hatte den Lord bei einer missglückten Goldsucherexpedition das Leben gerettet und in dem adligen dabei einen egoistischen Renomierer kennengelernt. Später war Nofear nach England gekommen, von dem inzwischen zum Lord gewordenen Roger aber ziemlich abweisend behandelt und dann als geringer Diener eingestellt worden. In einem Anfall von Jähzorn hatte Roger seine Nichte Ruth, damals noch ein kleines Mädchen, geschlagen und war daraufhin von Nofear erschlagen worden. Dieser hatte sich dann seinen Bart abgenommen und war in die Rolle des Lords geschlüpft. Damit er nicht enttarnt würde, waren alle Diener ausgetauscht worden. Nofear hatte dann aus schlechtem Gewissen begonnen die Diener zu belauschen und die Post zu kontrollieren, da er Angst vor einer Enttarnung hatte. In dem verbotenen Flügel des Hauses, der schon zu Zeiten des echten Lord Rogers gesperrt worden war, da hier seine verstorbene Frau Angele gelebt hatte, hatte Nofear dann mehrere Frauen einquartiert und gefangengehalten. Diese hatte er vergiftet und vergraben, nachdem er sicher war, die Erbschaft nun ausgezahlt zu bekommen und damit flüchten wollte, wobei ihm das Zugunglück den Plan durchkreuzte. Die von Werner gefundene Leiche war die eines verstorbenen Dieners, die Nofear aus dem Sarg geholt und der er die Beine abgenommen hatte. Nofear stirbt, sein Geld ist von einem Verbrecher, der die Opfer des Zugunglücks ausraubt, gestohlen worden. Werner behält das Geheimnis um die Identität des falschen Lords für sich und geht mit seiner Frau nach Deutschland, wo er mit deren Erbteil eine Heilanstalt gründet.

Editionsgeschichte[Bearbeiten]

Der Roman erschien bei Münchmeyer erstmals 1908 in den Lieferungen 12 bis 16 der Reihe Die Augen der Sphinx. Die erste Buchausgabe 1910 erfolgte als zweiter Band der Reihe Die Augen der Sphinx, die als sechste Serie von Gesammelte Reise- und Abenteuerromane erschien, gemeinsam mit Band 3 Das Hohelied der Liebe in einem Band. Separate Buchausgaben erschienen 1922 und 1924, in zwei verschiedenen Ausstattungen. 1924 erschien der Roman zudem nochmals in einer gemeinsamen Ausgabe mit Das Hohelied der Liebe als Band 2 und 3 von Die Augen der Sphinx. 1925 wurde Die Rätsel von Garden Hall in den Lieferungen 11 bis 15 der Kolportageromanreihe Robert Kraft`s gesammelte Romane – Die Augen der Sphinx veröffentlicht. Für 1910 wird noch eine Ausgabe in der Reihe Berühmte Reise- und Abenteuer-Romane vermutet.

1996 erschien eine Neuausgabe im Rahmen der Edition Ustad des Karl-May-Verlags, 1998 legte Hobby-Nostalgie-Druck einen Nachdruck in vier Heften vor.[1]

Verfilmungen[Bearbeiten]

Die Rätsel von Garden Hall wurde 1919 unter dem Titel Die Gespenster von Garden Hall verfilmt. Regisseur des Films war William Wauer, das Drehbuch stammte von Johannes Jühling, die Kamera führte Adolf Otto Weitzenberg. Als Schauspieler werden Hermann Vallentin in der Rolle von Lord Roger Norwood, Erika Glässner als Ruth und Bruno Eichgrün als Dr. Max Werner genannt. Produzent war Salo Silbermann. Der Film entstand für den Rekord-Film-Konzern. Der in s/w gedrehte Stummfilm hatte eine Lände von 1911 Metern. Regisseur William Wauer soll bereits 1915 eine erste Verfilmung des Romans betreut haben, zu diesem ersten Film gibt es aber keine Belege.[2] Es ist davon auszugehen, dass die Filme nicht mehr existieren.[3]


Anmerkungen[Bearbeiten]

  1. Thomas Braatz: Robert Kraft. Umfassende, reich illustrierte Bibliographie zum 100. Todestag, Leipzig & Wien, 2016, S. 537 ff.
  2. Thomas Braatz: Robert Kraft. Farbig illustrierte Bibliographie. Leipzig & Wien, 2006, S. 845 ff.
  3. Walter Henle/Peter Richter: Unter den Augen der Sphinx. Leben und Werk Robert Krafts zwischen Fiktion und Wirklichkeit. Leipzig und Wien: Edition Braatz & Mayrhofer, 2005, S. 289