Günther und Schäfer

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Dr. Paul Günther und Wilhelm Schäfer waren Rechtsanwälte und Inhaber der Societät Günther und Schäfer in Weimar.

Günther und Schäfer und Karl May[Bearbeiten]

Privatbeleidigungsklage[Bearbeiten]

Ende März/Anfang April 1909 beauftragte Karl May die Anwälte Paul Günther und Wilhelm Schäfer damit, seine geschiedene Frau Emma Pollmer als Informantin Rudolf Lebius' für seinen Bund-Artikel Ein spiritistisches Schreibmedium als Hauptzeuge der "Vorwärts"-Redaktion (28. März 1909) zu verklagen. Am 5. April schrieb deshalb Wilhelm Schäfer an Frau Pollmer:

Herr Schriftsteller Karl May hat uns beauftragt, wegen dieses Artikels Strafantrag gegen Sie zu stellen u[nd] Privatklage gegen Sie zu erheben. Weiter aber wird Herr May auch strafrechtliches Einschreiten gegen Sie veranlassen, weil Sie unbefugt seinen Namen weiterführen.[1]

Am 16. April reichten Günther und Schäfer beim Amtsgericht Weimar, Abteilung für Strafsachen, Privatklage gegen Emma Pollmer wegen verleumderischer Beleidigung ein. Als Anlagen wurden die eidesstattlichen Versicherungen Karl Mays vom 10. und 12. April hinzugefügt. Karl Mays zweite Frau Klara May, Emmas Freundin Selma vom Scheidt und der Verfasser des Artikels, Rudolf Lebius, wurden als Zeugen benannt. In der Klage heißt es:

Die Beschuldigte hat sich durch diese Mitteilungen der Beleidigung des Privatklägers und dessen Ehefrau schuldig gemacht; sie hat in Beziehung auf beide, wie keiner weiteren Ausführung bedarf, nicht erweislich wahre Tatsachen behauptet, welche sie verächtlich zu machen oder in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen, geeignet sind.[2]

Schriftsätze[Bearbeiten]

Emma Pollmer selbst antwortete am 6. Mai auf die Privatklage mit einem Schriftsatz, der am 11. Mai beim Amtsgericht und am 14. Mai bei Günther und Schäfer einging. Dabei schilderte sie ausführlich die Beziehung zum Spiritismus sowie die Umstände der Scheidung des Ehepaars May. Weiterhin gab sie zu, dass die Informationen zu dem Artikel von ihr kamen, dabei aber weder Beleidigungen noch Verleumdungen vorlägen. Daher beantragte sie, die Eröffnung des Hauptverfahrens abzulehnen.[3] Paul Günther und Wilhelm Schäfer antworteten am 5. Juni mit einem Brief an das Gericht auf den Schriftsatz Emma Pollmers.[4] Am 21. Juni schrieb Rechtsanwalt Schäfer an das Weimarer Amtsgericht, dass die Partei des Klägers auf die Erklärung der Beklagten keine Erwiderung senden würde:

Die Unwahrheit der unter Privatklage gestellten Aeußerungen leugnet die Beschuldigte nicht.[5]

Einen weiteren Schriftsatz verfasste Emma Pollmer am 5. Juli. Darin heißt es:

[...] es ist aber unerhört, wenn der Privatkläger [...] behauptet, ich hätte mich an ihm und seiner jetzigen Ehefrau versündigt. Ich bitte dringend, eingehenden Beweis zu erheben, damit festgestellt wird, in welcher empörenden [...] Weise der Privatkläger an mir gehandelt hat und noch handelt.[6]

Durch Wilhelm Schäfer reichte Karl May am 17. Juli einen darauf erwidernden Schriftsatz beim Amtsgericht ein:

Die wohlberechneten Klagen, die sie am Schlusse ihres Schriftsatzes anschlägt, stehen im grellsten Gegensatze zu ihrem Verhalten. [...] Sie hat seit der Trennung 1902 über 22000 Mark [von May] erhalten und mit neuem Leid, neuer Qual und neuen Angriffen gedankt. Jetzt ist sie mit ihren erfundenen Erzählungen sogar an die Öffentlichkeit gegangen.

Weiterhin bat Schäfer um die baldigste Eröffnung des Hauptverfahrens.[7]

Emma Pollmer hingegen bat das Amtsgericht in einer Eingabe vom 30. Juli um eine Fristverlängerung. Paul Günther ersuchte am gleichen Tage das Gericht, diese abzulehnen.[8]

Am 6. September antwortete Frau Pollmer ihrerseits mit einem Schriftsatz und bat das Amtsgericht Weimar, in Sachen Privatbeleidigungsklage Mays Strafakten hinzuzuziehen. Diese Bitte geht gewiss auf den Rat Rudolf Lebius' zurück. Weiterhin benannte sie als Zeugen für Mays Spiritismus Franz und Constanze Meyer, Louise Achilles, Curt Mickel und Arno Krieger sowie als Zeugen für Mays kriminelle Vergangenheit Hermann Cardauns, Rudolf Lebius, Oskar Gerlach und Paul Schumann. Weiterhin schrieb sie:

Wenn Karl May und Klara May mich ermordet hätten, so wären sie vielleicht noch menschlicher mit mir umgegangen, als sie tatsächlich mit mir umgesprungen sind.[9]

Nebenprozess zum Namen[Bearbeiten]

Bei der Zivilkammer des Landgerichts Weimar reichte Paul Günther in Mays Auftrag eine Klage gegen Emma Pollmer ein und kündigte den Antrag an,

der Beklagten [...] unter Androhung einer Geldstrafe bis zu 1.500 M[ark] oder einer Haftstrafe bis zu 6 Monaten für jeden Zuwiderhandlungsfall [zu verbieten,] den Namen des Klägers weiterzuführen und demnach sich Frau Emma May oder Emma May oder Emma May geb. Pollmer zu nennen.[10]

Die Verhandlung fand am 12. Oktober statt und kam den von Günther genannten Bedingungen genau nach.[11]

Vergleich[Bearbeiten]

Als Reaktion auf Emma Pollmers Schriftsatz verfassten die Rechtsanwälte Günther und Schäfer am 1. November einen Strafantrag wegen eben dieses Schriftsatzes. Beantragt wurde darin,

das Hauptverfahren baldigst zu eröffnen, damit die Beklagte erfährt, daß sie in ihren Schriftsätzen nicht die Privatklägerin von neuem mit Beleidigungen überschütten darf.

Der Antrag wurde allerdings nicht eingereicht.[12] Am gleichen Tag gab Emma Pollmer allerdings bei Wilhelm Schäfer eine auf einen Vergleich zielende Erklärung ab:

Die von mir gegen Herrn Karl May erhobenen Beschuldigungen kann ich nicht aufrecht erhalten und nehme sie unter dem Ausdruck des Bedauerns zurück. Die Artikel des Herrn Lebius beruhen auf Entstellungen von Mitteilungen, die ich Herrn Lebius gemacht habe. Ich verpflichte mich ferner, die entstandenen Kosten zu tragen. Schließlich verspreche ich, in Zukunft Herrn u[nd] Frau May mit Angriffen und Verdächtigungen irgendwelcher Art zu verschonen.[13]

Über Rudolf Lebius' Reaktion auf den angestrebten Vergleich äußerte sich Emma Pollmer nachträglich am 14. Februar 1910:

Später, als ich Miene machte, mich mit Karl May zu in dem Privatklagverfahren auszugleichen, drohte er mir Klage über M 300,– an [...][14]

Am 18. November kündigte Lebius in einem Brief an Frau Pollmer außerdem ihr und Selma vom Scheidt eine Klage wegen verleumderischer Beleidigung an.[15]

In einem undatierten Brief Klara Mays an Selma vom Scheidt (wohl November 1909) empfahl sie ihr, eine eventuelle Klage Lebius' gegen Frau vom Scheidt sofort Rechtsanwalt Schäfer zu übergeben.[16]

Auf Antrag des Rechtsanwalts Wilhelm Schäfer wurde Emma Pollmer am 14. Dezember vor dem Weimarer Amtsgericht vernommen. Dabei sagte sie aus, dass sie die Erklärung (1. November) nur für den Fall des Vergleichs abgegeben habe, dass Karl May ihr weiterhin die Rente zahlen würde:

Wenn der Privatkläger auf einen Vergleich nicht eingehen will, so kann ich natürlich auch nicht die Erklärung abgeben [...]

Durch Günther und Schäfer wurden Emma Pollmers gemachten Angaben für unwahr erklärt.[17]

Am 19. Dezember 1909 erschien in Der Bund der Artikel Hinter die Kulissen, in dem Karl Mays Vorstrafen dargestellt und um zahlreiche "Räubergeschichten" erweitert wurden.[18] Wilhelm Schäfer schrieb daraufhin am Heiligabend einen Brief an Karl May:

Ich beklage Sie aufrichtig, daß sie diese maßlosen Angriffe dieses Menschen wieder über sich ergehen lassen mußten. Frau Pollmer war eben bei mir. Sie versicherte mir wiederholt, es sei kein wahres Wort an den Behauptungen, die Lebius Ihrer Schwester [nämlich Karoline Selbmann] gegenüber aufgestellt habe. [...] Mit Lebius habe sie sich nicht wieder eingelassen [...] Sie behauptete wieder, ihr läge sehr an einer gütlichen Einigung (das galube ich!); die neuen Angriffe täten ihr sehr leid. Ich möge Ihnen dies doch schreiben.[19]

Im Dezember 1909 meldete Schäfer dem Amtsgericht, dass Emma Pollmer trotz ihrer Erklärung weiterhin auf einem Verfahren in der Privatklage bestände.[20]

Zu diesem Verfahren kam es allerdings nicht, da Karl May am 14. April 1910 seine Privatklage zurückzog.[21]

im Prozess May ./. Lebius[Bearbeiten]

Am 20. März 1911 informierte Karl Mays Hohenstein-Ernstthaler Rechtsanwalt Max Hermann Haubold im Zusammenhang mit Mays Klage gegen Lebius (Hinter die Kulissen) das Amtsgericht Hohenstein-Ernstthal darüber,

daß er dem A[mts-]G[ericht] Weimar direkt mitgeteilt habe, daß May den R[echts-]A[nwalt] Schäfer von der Verpflichtung zur Verschwiegenheit entbunden hat [...][22]

Karl May verfasste am 7. April 1911 eine Vollmacht für die

Herren Rechtsanwälte Dr. Günther und Schäfer in Weimar, den heute und etwa später vor dem Grossherzoglichen S[ächsischen] Amtsgericht zu Weimar stattfindenden Beweiserhebungstermin für mich abzuwarten.[23]

Am 14. April beantragten Paul Günther und Wilhelm Schäfer beim Weimarer Amtsgericht eine Terminanberaumung am 24. April.[24] Der Antrag wurde am 20. April telefonisch abgewiesen.[25] Daraufhin stellten Günther und Schäfer am 29. April den Antrag auf Anberaumung am 5. oder 6. Mai.[26] Am 3. Mai jedoch ging beim Amtsgericht Weimar Schäfers Antrag auf Verschiebung des Termins vom 6. auf den 20. Mai ein:

Der Termin, in Anschluss dessen unser Auftraggeber am 6. d[e]s M[ona]ts in Weimar sein wollte, ist um 2 Wochen verschoben.[27]

In einem Brief Karl Mays an Max Hermann Haubold vom 24. Mai 1911 heißt es zu Wilhelm Schäfer:

Mein dortiger Rechtsanwalt Schäfer (Dr. Günther & Schäfer), ist nicht beauftragt, mich im Termin vollständig zu vertreten, die Prozeßmaterie ist ihnen fremd [...] Rechtsanwalt Schäfer wird allerdings anwesend sein, doch nur, um mich gegen event[uelle] prozessuale Spitzfindigkeiten des Gegners, resp. seiner Anwälte, zu beschützen; auch ist er beauftragt, die wegen meiner schweren Erkrankung notwendig gewordene Aufschiebung des Termins zu bewirken, weiter aber nichts.[28]

Außerdem gehört der Rechtsanwalt Wilhelm Schäfer zu den Zeugen, die in Weimar verhört werden sollen.[29] Seine Vernehmung fand am 14. November im Amtsgericht Weimar durch den Amtsrichter Max Lemmerzahl statt.[30] Über den Inhalt seiner Aussage ist allerdings nichts bekannt.

Anmerkungen[Bearbeiten]

  1. Sudhoff/Steinmetz: Karl-May-Chronik IV, S. 515.
  2. Sudhoff/Steinmetz: Karl-May-Chronik IV, S. 521.
  3. Sudhoff/Steinmetz: Karl-May-Chronik IV, S. 525.
  4. Sudhoff/Steinmetz: Karl-May-Chronik I, S. 264, IV, S. 531.
  5. Sudhoff/Steinmetz: Karl-May-Chronik IV, S. 535.
  6. Sudhoff/Steinmetz: Karl-May-Chronik IV, S. 540.
  7. Sudhoff/Steinmetz: Karl-May-Chronik IV, S. 545 f.
  8. Sudhoff/Steinmetz: Karl-May-Chronik IV, S. 548 f.
  9. Sudhoff/Steinmetz: Karl-May-Chronik IV, S. 558 f.
  10. Sudhoff/Steinmetz: Karl-May-Chronik IV, S. 555.
  11. Sudhoff/Steinmetz: Karl-May-Chronik IV, S. 569.
  12. Sudhoff/Steinmetz: Karl-May-Chronik IV, S. 575.
  13. Sudhoff/Steinmetz: Karl-May-Chronik IV, S. 575.
  14. Sudhoff/Steinmetz: Karl-May-Chronik IV, S. 581.
  15. Sudhoff/Steinmetz: Karl-May-Chronik IV, S. 583 f.
  16. Sudhoff/Steinmetz: Karl-May-Chronik IV, S. 584.
  17. Sudhoff/Steinmetz: Karl-May-Chronik IV, S. 605.
  18. Sudhoff/Steinmetz: Karl-May-Chronik IV, S. 607-610.
  19. Sudhoff/Steinmetz: Karl-May-Chronik IV, S. 615 f.
  20. Sudhoff/Steinmetz: Karl-May-Chronik IV, S. 616.
  21. Sudhoff/Steinmetz: Karl-May-Chronik V, S. 90 f.
  22. Sudhoff/Steinmetz: Karl-May-Chronik V, S. 433.
  23. Sudhoff/Steinmetz: Karl-May-Chronik V, S. 442.
  24. Sudhoff/Steinmetz: Karl-May-Chronik V, S. 445.
  25. Sudhoff/Steinmetz: Karl-May-Chronik V, S. 447.
  26. Sudhoff/Steinmetz: Karl-May-Chronik V, S. 454.
  27. Sudhoff/Steinmetz: Karl-May-Chronik V, S. 457.
  28. Sudhoff/Steinmetz: Karl-May-Chronik V, S. 467.
  29. Sudhoff/Steinmetz: Karl-May-Chronik V, S. 468.
  30. Sudhoff/Steinmetz: Karl-May-Chronik V, S. 513.

Literatur[Bearbeiten]

Informationen über Zeitgenossen Karl Mays finden Sie im Namensverzeichnis Karl May – Personen in seinem Leben von Volker Griese unter Mitwirkung von Wolfgang Sämmer.