Heimatschein

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Ein Heimatschein war nach dem sächsischen Heimatgesetz von 1834 eine Urkunde über die Zugehörigkeit einer Person zu einem Heimatbezirk.

Das Heimatrecht wurde meist durch Geburt erworben. Wenn die Mutter sich aber nur "vorübergehend", etwa im Gesindedienstverhältnis oder in Haft, am Ort der Geburt des Kindes aufhielt, erhielten eheliche Kinder ihr Heimatrecht nach der Heimat des Vaters, uneheliche nach der der Mutter. Ehefrauen teilten die Heimat ihrer Ehemänner, sofern deren Aufenthalt nicht nur durch ein Militärdienstverhältnis bedingt war; Witwen behielten die Heimat des letzten Ehemannes bei, anders bei Trennung oder Nichtigerklärung einer Ehe. In der Regel wurde die Heimatangehörigkeit mit dem vollendeten 14. Lebensjahr wirksam, die Polizeibehörde durfte aber Kinder auch länger der elterlichen Pflege überlassen oder sie früher "entnehmen". Die Heimatangehörigkeit konnte auch ausdrücklich erteilt oder durch fünfjährige Ansässigkeit oder Gewinnung des Bürgerrechts erlangt werden.

Auch für diejenigen, die nach diesen Grundsätzen keinem Orte des Königreiches zugewiesen werden konnten, regelte das Gesetz die Verantwortlichkeit eines Bezirkes, da daran weitreichende Folgen geknüpft waren. So konnte man sich nur mit Heimatschein und einem sogenannten Verhaltschein, dem obrigkeitlichen Zeugnis des Wohlverhaltens für ein Jahr, anderswo ansiedeln und arbeiten. Aus dem neuen Aufenthaltsort konnte man bei Rechtsverstößen oder Arbeitslosigkeit ausgewiesen (und in die Heimat transportiert) werden. Auch Betteln war ein Ausweisungsgrund, bei Kindern allerdings etwas eingeschränkt. Die Heimatgemeinde musste seine Heimatangehörigen dann aufnehmen, unterbringen und verpflegen. Die Besitzer und Bewohner der zugehörigen Grundstücke waren verpflichtet, zur Armenversorgung beizutragen; auch die Familienangehörigen blieben gegenseitig zur Unterstützung verpflichtet. Immerhin durften ausgewiesene Arbeitslose an einem anderen Ort Aufnahme suchen und Schwangere nicht zurückgewiesen werden. Viele Vorschriften stehen im Ermessen der Polizeibehörden im Einzelfall, eine Ausweisung konnte jedoch jederzeit erfolgen.

Heimatrecht und Armenversorgung waren somit zwei Seiten einer Medaille (siehe auch Arbeitshaus).

Sonstiges[Bearbeiten]

Friedrich Gerstäcker veröffentlichte 1864 in der Zeitschrift Die Gartenlaube eine Erzählung, in der die Probleme und die Kämpfe gegen die Bürokratie bei fehlendem Heimatschein geschildert werden.

Im selben Jahr ließ auch Karl May sich in seiner Heimatgemeinde Ernstthal einen Heimat- und zugehörigen Verhaltschein ausstellen, wohl um den Wohnort zu wechseln. Aktivitäten als "Dr. med. Heilig" in Penig und als "Seminarlehrer Lohse" in Chemnitz sowie seine Verhaftung im März 1865 in Leipzig nach dem Versuch, einen nicht bezahlten Pelz zu versetzen, führten jedoch dazu, dass May ab Juni 1865 zunächst Insasse Nr. 171 des Schlosses Osterstein in Zwickau wurde.

Literatur[Bearbeiten]

  • Sächsisches Heimathsgesetz vom 26. November 1834. Sammlung der Gesetze und Verordnungen für das Königreich Sachsen. Dresden, 35. Stück, vom Jahre 1834, S. 449–456.
  • Friedrich Gerstäcker: Der Heimathschein. In: Die Gartenlaube, Hefte 19–22, 1864. (Onlinefassung)
  • Hainer Plaul: Alte Spuren, Über Karl Mays Aufenthalt zwischen Mitte Dezember 1864 und Anfang Juni 1865. In: Jahrbuch der Karl-May-Gesellschaft 1972/73.
  • Kerstin Orantek/Henry Kreul: Heimatschein für Friedrich Wilhelm Freitag (20. Februar 1838). In: Urkunden. Kalender des Hohenstein-Ernstthaler Geschichtsvereins für 2014.