Torwächter

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erste Fassung: Torwächter (1908)

Torwächter war ein Gemälde Sascha Schneiders im Foyer des Universitätshauptgebäudes in Jena. Die Zweitfassung des Bildes trug den Titel Fackelträger der Wissenschaft.

Geschichte[Bearbeiten]

Am 1. August 1908 wurde das neue Hauptgebäude der Universität Jena eingeweiht. Paul, Karl und Oscar von Hase, die Söhne des bekannten Kirchenhistorikers Karl von Hase (* 1800; † 1890) hatten dafür ein Gemälde gestiftet, dessen Gestaltung Sascha Schneider übertragen wurde.[1]

Theodor Fischer (* 1862; † 1938), der Architekt des Gebäudes, hatte den Stiftern vorgeschlagen, zwei Torwächter zu Seiten des inneren Portales malen zu lassen.[2]

Bereits am 11. Oktober 1907 schrieb Schneider an Karl May:

[...] die Aussicht auf einen andern [Auftrag], nämlich die Hauptwand in der Universität in Jena, ist recht groß geworden.[3]

Die im Brief geäußerte Hoffnung erfüllte sich, und im Frühjahr 1908 wendete sich der Maler diesem Werk zu, wie es in seinem Schreiben vom 11. April an May heißt:

Historische Ansichtskarte vom Foyer
Augenblicklich habe ich die Monumentalarbeit für die Jenaer Universität vor. Ich beabsichtige an jener geheiligten Stätte rein geistiger Bildung einen Panegyrikos[4] auf den physischen Menschen anzustimmen. Ob wohl die Apostel des absolut Intellektuellen damit etwas anzufangen wissen? Wohl kaum! Aber ich rechne mit der Jugend, der es wohl plausibel sein dürfte, dass es ausser dem Spiritus rector[5] auch eine physische Kultur geben giebt, auf die jetzt endlich der Barometer der Vernunft und des Schönheitsgefühls ansagt.[6]

Auf dem Revers einer späteren Reproduktion notiert Sascha Schneider zum Motiv:

stellt Illustration des Plato-Spruches dar: die Jugend übernimmt die Weisheit des Alters[7]

Mittels selbstgerollter Stifte und grauer Farbe schuf Schneider in Weimar das Bild auf Leinwand und verwendete dabei als erster die Pastelltechnik Wilhelm Ostwalds (* 1853; † 1932). Die Stäbe der Torwächter versah der Maler mit der Inschrift

IM ANDENKEN AN KARL V. HASE | GEMALT VON SASCHA SCHNEIDER 1908 IN WEIMAR.

Zur Einweihung des Gebäudes war das Gemälde fertiggestellt.[8]

zweite Fassung: Fackelträger der Wissenschaft (1916)

Bereits 1909 führte die Feuchtigkeit der Wand zu Schimmelbefall und Schäden an der Leinwand, weshalb diese auf eine Holztäfelung aufgezogen wurde. Dadurch wurde die Qualität des Bildes in Mitleidenschaft gezogen.[9]

Im Juni 1916 äußerte Sascha Schneider in einem Brief an Wilhelm Ostwald den Wunsch, das Bild zu übermalen:

[...] ich wünschte in den Figuren mein in der Zwischenzeit gewonnenes Können zu zeigen [...] Vor allem auch gedachte ich die Farbe völlig anders zu wählen, damit der Effekt in dem düsteren Vorraum ein grösserer werde.[10]

Statt das alte zu übermalen, gestaltete Schneider (auf eigene Kosten) in Jena mit Ölfarbe auf Holztäfelungen ein neues Bild. Dieses trug die Inschrift:

KARL VON HASE'S ANDENKEN GEWIDMET MDCC MDCCCXC | IM JAHRE DES KRIEGS MDCCCCXVI GEMALT VON ALEXANDER SCHNEIDER[11]

Eine daraufhin vorgeschlagene Ehrendoktorwürde der Philosophischen Fakultät für Sascha Schneider erhielt allerdings keine Mehrheit.[12]

Den Zweiten Weltkrieg überstanden Sascha Schneiders Fackelträger der Wissenschaft unbeschadet. 1958 aber entfernte man in Vorbereitung der 400-Jahr-Feier der Universität das Gemälde und verbrannte es im Innenhof.[13]

Kritiken[Bearbeiten]

In ihrer Dissertation schreibt Annelotte Range zur Erstfassung Torwächter:

Schneider [...] illustrierte an den Torwächtern unter Berufung auf Platon die Weitergabe des Wissens durch das Alter an die Jugend. Protagonisten waren zwei ca. 3,50 m hohe Figuren, ein Mann und ein Jüngling, die die mittlere der drei Eingangstüren zur Aula flankierten [...]. Die Köpfe ins Profil gewendet, die Körper nahezu frontal dargeboten, stützten sie sich jeweils mit einer Hand auf einen Stab, während sie mit der anderen eine Fackel in die Höhe hielten. Die Fackeln begegneten sich über dem Türsturz. Es entzündete der Jüngling die seine an der des gereiften Mannes, des ihm an Weisheit des Alters und – unübersehbar – an Muskelkraft Überlegenen. Die mittig vor den nackten Körper gehaltenen Stäbe hatten neben der verhüllenden Funktion noch die Aufgabe, die Widmung und Bezeichnung der Gemälde aufzunehmen.[14]

Zur Zweitfassung Fackelträger der Wissenschaft heißt es da:

Die Figuren sind schlanker geworden, dabei muskulös geformt, doch ohne Hervorhebung einzelner Muskelpartien, die ihre Vorgänger auszeichnen. Männliche Kraft und Schönheit gipfeln jetzt in einem vollkommenen Ebenmaß sämtlicher Körperteile. Neben dem neuen, auf empirischem Wege gefundenen Körperideal unterscheidet die Zweidimensionalität der Figuren [...] die Zweit- von der Erstfassung. Der Körper des bärtigen Älteren ist nun im Kontrapost gegeben, bei dem des Jüngeren ist die Hauptlast gleichmäßig auf beide Beine verteilt [...]. Jener trägt einen Lorbeerkranz im Haar, dieser eine Siegerbinde.[15]

Anmerkungen[Bearbeiten]

  1. Range: Zwischen Max Klinger und Karl May, S. 122.
  2. Zitiert nach Range: Zwischen Max Klinger und Karl May, S. 122.
  3. Steinmetz/Vollmer: Briefwechsel mit Sascha Schneider, S. 270.
  4. Griechisch: feierliche Rede, Loblied.
  5. Lateinisch: lenkender Geist.
  6. Steinmetz/Vollmer: Briefwechsel mit Sascha Schneider, S. 274.
  7. Zitiert nach Range: Zwischen Max Klinger und Karl May, S. 122, Anm. 391.
  8. Range: Zwischen Max Klinger und Karl May, S. 123.
  9. Range: Zwischen Max Klinger und Karl May, S. 124.
  10. Zitiert nach Range: Zwischen Max Klinger und Karl May, S. 124.
  11. Anstelle des russischen Rufnamens "Sascha" wurde in den Kriegsjahren – wie auch bei der Mappe Kriegergestalten und Todesgewalten – der Vorname "Alexander" gewählt.
  12. Range: Zwischen Max Klinger und Karl May, S. 125.
  13. Range: Zwischen Max Klinger und Karl May, S. 125.
  14. Range: Zwischen Max Klinger und Karl May, S. 122 f.
  15. Range: Zwischen Max Klinger und Karl May, S. 124 f.

Literatur[Bearbeiten]