Ardistan und Dschinnistan

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Ardistan und Dschinnistan ist ein zweibändiger Roman von Karl May, der in der fiktiven Landschaft Sitara spielt.

Fassungen[Bearbeiten]

  1. Manuskript für den Deutschen Hausschatz.
  2. Abdruck im Deutschen Hausschatz unter dem Titel Der 'Mir von Dschinnistan mit redaktionellen Änderungen, Druckversehen usw.
  3. Manuskript für die Buchausgabe, bestehend aus aufgeklebten Hausschatz-Seiten mit handschriftlichen Korrekturen, Streichungen und Hinzufügungen.
  4. Fehsenfeld-Buchausgabe unter dem Titel Ardistan und Dschinnistan I und II – wahrscheinlich auch mit redaktionellen und Druck-Versehen.

Handlung[Bearbeiten]

Zusammen mit seinem treuen Begleiter Hadschi Halef Omar reist das Alter Ego Karl Mays in eine geheimnisvolle Welt mit den verfeindeten Reichen Ardistan und Dschinnistan und erlebt dort eine gleichnishafte, komplexe Handlung. "Ardistan und Dschinnistan" gehört zu den bedeutendsten Spätwerken Mays, in denen er sich immer mehr von der munteren Welt seiner abenteuerlichen Reiseerzählungen, durch die er seinen Ruhm erlangte, entfernt und in geheimnisvollen Geschichten seiner Weltanschauung Ausdruck verleiht.

Das zentrale Thema von Ardistan und Dschinnistan ist die Entwicklung des Menschen vom niedrigen "irdischen" Anfang (arab. ard أرض "Erde, Boden") zur höheren Stufe des bewußten "geistigen" Menschen, den May als "Edelmenschen" bezeichnet (arab. jinn جن "Geist"). Entsprechend Mays eigener Auffassung ist der Edelmensch ein zugleich monotheistisch-religiös und humanistisch handelnder Intellektueller.

Auf der Reise, die im Hinterland von Ardistan beginnt und an den Grenzen Dschinnistans endet, trifft der Erzähler auf verschiedene Völker, die unterschiedliche Stadien dieser Entwicklung repräsentieren; da die Erzählung in einen orientalischen Kontext eingebettet ist, tragen die beschriebenen Personen und Gemeinschaften arabische und indische Züge. Die sehr eindrucksvoll beschriebenen Landschaften machen eine parallele Veränderung durch und finden Vorbilder in Zentral- und Südasien.

Die Landschaft von Ardistan und Dschinnistan

Zunächst treffen der Erzähler und sein Begleiter auf das Volk der Ussul (arab. asl أصل "Ursprung"), einen großwüchsigen Menschenschlag, der unter anarchistisch-pazifistischen Bedingungen als Edle Wilde in einem Sumpfgebiet lebt. Ein junger Ussul, der Dschirbani (der Räudige), dem innerhalb des Romans der Aufstieg zum Edelmenschen und neuen Mir von Dschinnistan bevorsteht, schließt sich den Reisenden an.

Als nächstes kommt es zu einer kriegerischen, aber unblutigen Auseinandersetzung mit den Tschoban (arab. jaub جواب "Hirte, Nomade"), einem muslimischen Nomadenvolk, das de facto unter der Herrschaft des Mirs von Ardistan steht, auch wenn sie einen eigenen Scheik haben, dessen zweitgeborener Sohn als Panther eine wichtige Rolle im zweiten Teil des Romans spielen wird.

Der Mir von Ardistan hat einen Ruf als grausamer, verdorbener Herrscher, erweist sich bei direktem Kontakt aber als ein Suchender, der in der Stadt Ard seine grundsätzlich positiven Charakteranlagen nicht entfalten kann, weil er unter dem Einfluss seiner unmenschlichen Familientradition und einer verknöcherten lamaistischen Priesterkaste steht. Die buddhistischen Lamas sind im Roman die einzigen Figuren mit durchweg negativer Charakterisierung.

Die weiteren Ereignisse führen zu einer Emanzipation des Mirs von Ardistan von Fremdeinflüssen und seiner Charakterbildung, so dass er zukünftig seine Aufgabe als gerechter Herrscher erfüllen kann. Dabei verwendet May eine große Anzahl von äußerlich orientalischen, innerlich aber christlichen Metaphern. Ein Beispiel sind die engelförmigen Monumentalskulpturen in der Wüste, die sich bei näherer Betrachtung als Stufenbrunnen entpuppen. Die Kernszene spielt in der verlassenen ehemaligen Hauptstadt Ardistans, in der der Mir von Ardistan eine mystische Begegnung mit der Vergangenheit seiner Familie hat und sich von deren Grausamkeit und Verantwortungslosigkeit lossagt. Als Belohnung werden ihm große Vorräte, die die Mire von Dschinnistan vor Generationen für ihn angelegt haben, übergeben, mit denen er die Geisterstadt in Zukunft wieder beleben kann.

Nach seiner Läuterung ist der Mir von Ardistan für die letzte Auseinandersetzung mit seinen Feinden, den Lamas und einigen Abtrünnigen, gerüstet. Dieser Kampf findet an der Grenze zwischen Ardistan und Dschinnistan statt, wobei ihm die als fast übernatürlich beschriebene Armee des Mirs von Dschinnistan zur Hilfe kommt. Damit wird die alte Feindschaft zwischen Ardistan und Dschinnistan überwunden.

Reklame für den 'Mir

Werkgeschichte[Bearbeiten]

Von 1907 bis 1909 lief der Erstdruck als Fortsetzung in der Zeitschrift Deutscher Hausschatz unter dem Titel Der 'Mir von Dschinnistan. 1910 erschien die erste Buchausgabe als 31. und 32. Band der Gesammelten Reiseerzählungen im Verlag Friedrich Ernst Fehsenfeld.

Seinerzeit zeigte sich die Gemeinde der May-Fans eher irritiert: Der Erzähler hatte sich vom klassischen Abenteuerroman, als dessen Meister man ihn kannte, abgewandt und wagte sich in neue Dimensionen. May machte Ernst: Hier ging es um Grundfragen der menschlichen Existenz, um Selbsterkenntnis, um den Weg zu einem höheren Dasein – eingekleidet in komplexe und schwer zu entschlüsselnde Symbolik. Hatte May in den Schlussbänden von Im Reiche des silbernen Löwen immerhin noch reale irdische Schauplätze für seine Reise ins Innere des Daseins gewählt, so führte er seine Leser jetzt in eine völlig fiktive, mystische Welt mit ihrer eigenen Geografie, Geschichte und Bevölkerung. Nicht umsonst zogen spätere Generationen Vergleiche mit Tolkiens Mittelerde.

aktuelle Ausgaben[Bearbeiten]

Das Manuskript zu "Ardistan und Dschinnistan" gehört zu den wenigen Handschriften Mayscher Romane, die erhalten geblieben sind. 2005 bis 2007 erschien erstmals eine Ausgabe nach dieser Urschrift im Karl-May-Verlag. Herausgeber war Hans Wollschläger, von dem auch der umfangreiche historisch-kritische Apparat stammt. Alle Varianten sowohl des Deutschen Hausschatzes als auch der von May selbst stark überarbeiteten ersten Buchausgabe sowie seiner Korrekturbogen dazu wurden erfasst. Die Entstehungsgeschichte des Werkes und seine Bedeutung innerhalb von Mays Schaffen und Leben werden detailliert dargelegt.

Informationen über weitere aktuelle Ausgaben finden Sie in der Bücherdatenbank.

Literatur[Bearbeiten]