Johann Rist

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Johann Rist (* 8. März 1607 in Ottensen [heute Stadtteil von Hamburg]; † 31. August 1667 in Wedel [Holstein]) war ein deutscher Dichter und evangelisch-lutherischer Prediger.

Johann Rist und Karl May[Bearbeiten]

Erwähnungen in Karl Mays Werk[Bearbeiten]

Es war das erste Mal, daß eine Leiche ohne Gesang durch das Dorf getragen wurde, aber die Todte hatte es ausdrücklich so gewollt. Ihr Leben war ein stilles gewesen, sie hatte im Stillen gewirkt und gelitten, im Stillen wollte sie nun auch beerdigt sein. Nur draußen am offenen Grabe sollte man ihr einen Vers singen, einen einzigen Vers; den hatte sie sich selbst gewählt und noch in ihrer letzten Stunde beim Pfarrer bestellt. War sie dabei vielleicht von dem Wunsche geleitet worden, im Tode ein mahnendes Wort an das Gewissen ihres Gatten zu richten, da sie im Leben es niemals hätte wagen dürfen? Wenigstens richteten sich die Blicke unwillkürlich auf ihn, als sich der Kreis um den geöffneten Sarg geschlossen hatte und nach der bekannten Melodie die ernste Erinnerung erklang:
"O Ewigkeit, du Donnerwort,
O Schwert, das durch die Seele bohrt,
O Anfang sonder Ende.
O Ewigkeit, Zeit ohne Zeit,
Vielleicht schon morgen oder heut
Fall' ich in deine Hände.
Mein ganz erschrock'nes Herz erbebt,
Daß mir die Zung' am Gaumen klebt!"
Das Kind der Verstorbenen kniete an der Seite des Sarges und hatte in wortlosem Schmerze den Kopf in das Kleid der Mutter gehüllt. ("Der Dukatenhof")

Da rasselte es plötzlich wie rollendes Eisen im Innern des Thurmes, die Kirchenuhr hatte ausgehoben, ihre vom Roste zerfressene Maschinerie erzitterte, krachte und stöhnte unter der Schwere der Gewichte, und mit tiefen, mahnenden Schlägen ertönte die zwölfte Stunde durch das Thal. Als der letzte Ton verklungen war, begann der Dukatengraf:
"O Ewigkeit, du Donnerwort,
O Schwert, das durch die Seele bohrt,
O Anfang sonder Ende.
O Ewigkeit, Zeit ohne Zeit,
Vielleicht schon morgen oder heut
Fall ich in deine Hände.
Mein ganz erschrock'nes Herz erbebt,
Daß mir die Zung' am Gaumen klebt!"
So wenig sich Franz um die Leute zu bekümmern pflegte, er hatte doch von dem Verhalten Heinrichs an dem Grabe Anna's gehört, und darum wußte er, was das Lied in der jetzigen Stunde bedeuten solle. Der heutige Tag hatte die Versöhnung zu schnell von ihm gefordert, als daß sich nicht ein Rest des alten langgenährten Hasses in irgend einem Winkel seines Herzens hätte verbergen können; aber was davon ja noch übrig geblieben war, das wurde durch die Erschütterung des gegenwärtigen Augenblickes gelöst und wich der tiefen Reue des einst so harten, jetzt aber schwer getroffenen Sünders. Dieser fuhr nach einer kurzen Pause fort:
"Wach auf, o Mensch, vom Sündenschlaf,
Ermunt're Dich, verlor'nes Schaf,
Zu einem neuen Leben.
Wach auf, denn es ist hohe Zeit
Und Dich ereilt die Ewigkeit,
Dir Deinen Lohn zu geben.
Zeig' reuig Deine Sünden an,
Daß Dir die Gnade helfen kann!"
"Amen!" erscholl es von vier Lippen, und Franz reichte seine Hand zum zweiten Male über das Grab hinüber.
"Das Lied hat nur Dir gegolten, Heinrich, aber es hat auch mich getroffen. Du hast Deine Sünden angesagt und darum soll Dir auch die Gnade helfen. Was das sagen soll, das wirst Du bald von mir hören. Jetzt aber bitt' ich, geh', Heinrich! Laß mich allein hier bei der Anna. Was zermalmt gewesen ist in mir, das ist heut' plötzlich heil geworden; aber mein armer Kopf ist's net gewöhnt und muß hier ruh'n, bis er's ertragen kann. Schlaf wohl!" ("Der Dukatenhof")

"Sie werden die Bösen zerknirschen, wie der Sand unter den Füßen zerknirscht!" meinte Seidelmann. "Aber welches Lied haben Sie zu dieser Rede ausgewählt, Herr Pastor?"
"Wie es zu dieser Gelegenheit nur einen einzigen Text giebt, so ist auch nur ein einziges wirklich passendes Lied vorhanden!"
"Ich errathe!"
"Nun?"
"O Ewigkeit, Du Donnerwort!"
"Ja, das ist es. Keines paßt so gut, denn kein anderes ist so schwer, so gewaltig, so niederschmetternd. Es ist gut, daß Sie selbst kommen. Da brauche ich Ihnen den Zettel nicht zu schicken, mein lieber Herr Seidelmann. Wir singen den ersten, dritten, achten und neunten Vers. Wollen Sie sich das notiren!"
"Gewiß! Ich freue mich, daß wir dem Worte vom ewigen Gerichte einmal Gelegenheit geben, Gräber und Herzen zu öffnen. Das Chor wird vollständig erscheinen. Keiner darf fehlen!"
...
Da trat der Pfarrer herbei, die Adjuvanten und Currende folgten ihm. Der Erstere gab das Zeichen und die Letzteren begannen:
"O Ewigkeit, Du Donnerwort,
O Schwerdt, das durch die Seele bohrt,
O Anfang sonder Ende!
O Ewigkeit, Zeit ohne Zeit,
'Ich weiß vor großer Traurigkeit
Nicht, wo ich mich hinwende.
Mein ganz erschrocknes Herz erbebt
Daß mir die Zung' am Gaumen klebt!"
Der Chor schwieg. Der Pfarrer begann mit dem evangelischen Gruße und verlas dann Namen, Stand, Geburts- und Sterbetag und Alter des Todten. Die Hörer glaubten, daß jetzt die Rede beginnen werde. Es geschah noch nicht. Robert und Marie wurden bis hart an den Sarg geführt. Der Erstere ließ es ganz theilnahmslos geschehen, die Letztere aber brach in die Knie. Doch hörte man sie weder sprechen noch weinen oder schluchzen.
Da gab der Geistliche abermals das Zeichen und der Chor sang:
"O Ewigkeit, Du machst mir bang!
O, ewig, ewig ist so lang,
Da gilt fürwahr kein Scherzen!
Drum, wenn ich diese lange Nacht
Zusammt der großen Pein betracht,
Erschreck ich recht von Herzen.
Nichts ist zu finden weit und breit
So schrecklich wie die Ewigkeit!"
Jetzt nun begann der Pfarrer. Er war ein tüchtiger Redner, und er sprach mit Begeisterung für den Zweck, den er verfolgte. Sein Text war wohl sehr kräftig gewählt, und seine Rede zeigte ganz dieselbe Eigenschaft, aber das wurde hier nicht abgewogen.
Seine Rede wirkte geradezu erschütternd. Aus hundert Augen flossen Thränen, und auf allen Seiten hörte man nicht ganz verhaltenes Schluchzen. Nur die Beiden, auf welche es ganz besonders abgesehen war, weinten nicht: Robert und Marie.
Die Rede wurde beendet. Noch lag Marie auf den Knieen, aber mit trockenen Augen, und ihr Bruder stand dabei, unberührt von Dem, was bei und um ihn geschah.
Der Pfarrer blickte den Gerichtsdirector fragend an. Dieser nickte leise und sofort begann der Chor von Neuem:
"Solang ein Gott im Himmel lebt
Und über allen Wolken schwebt,
Wird solche Marter währen:
Es wird sie plagen Kält und Hitz,
Angst, Hunger, Schrecken, Feu'r und Blitz,
Und sie doch nicht verzehren.
Nur dann kann enden diese Pein,
Wenn Gott nicht mehr wird ewig sein!"
Jetzt wurde der Segen über die Leiche gesprochen, langsam und feierlich, daß er zu aller Herzen ging. Dann folgte noch der Vers:
"Wach auf, o Mensch, vom Sündenschlaf,
Ermuntre Dich, verlornes Schaf,
Und bessre bald Dein Leben!
Wach auf! Es ist doch hohe Zeit.
Es kommt heran die Ewigkeit,
Dir Deinen Lohn zu geben!
Vielleicht ist heut Dein letzter Tag!
Kein Mensch weiß, wann er sterben mag!" ("Der verlorne Sohn")

"Mr. Shatterhand!"
Ich bog mich über ihn, und nun fragte er langsam, und mit öfteren Unterbrechungen:
"Ihr wißt alles – – alles – –. Kennt Ihr das alte, alte – – – Lied – – Lied – – von der – – Ewigkeit – – – –?"
"Welches Lied? Wie ist der Anfang?"
"E – – ter – – nity – – oh – – thunder – – word – –."
"Ich kann es auswendig."
"Betet – – be – – tet es!"
Ich blickte Old Surehand, der mit mir zu ihm gekommen war, bedeutungsvoll an, setzte mich neben den Alten hin und begann, natürlich in der englischen Uebersetzung:
"O Ewigkeit, du Donnerwort,
Du Schwert, das durch die Seele bohrt,
O Anfang sonder Ende!
O Ewigkeit, Zeit ohne Zeit,
Vielleicht schon morgen oder heut
Fall ich in deine Hände.
Mein ganz erschrocknes Herz erbebt,
Daß mir die Zung' am Gaumen klebt!"
Hier hielt ich inne. Er war still. Seine Brust bewegte sich schwer. Es arbeitete in ihm. Dann bat er:
"Weiter – – weiter – – Mr. Shatter – – hand – –!"
Ich that ihm den Willen und fuhr fort:
"O Gott, wie bist du so gerecht!
Wie strafst du mich, den bösen Knecht,
Mit wohlverdienten Schmerzen!
Schon hier erfaßt mich deine Faust,
Daß es mich würgt, daß es mich graust
In meinem tiefsten Herzen.
Die Zähne klappern mir vor Pein;
Wie muß es erst da drüben sein!"
Die Strophen dieses alten, kraftvollen Kirchenliedes sind, wenn sie richtig gelesen oder gesprochen werden, allerdings geeignet, wie Schwerterspitzen durch Mark und Bein zu gehen. Ich sah, daß es ihn schüttelte, doch forderte er mich auf:
"Weiter – – immer – – – weiter! Ich – – – höre es – – –!"
Ich that ihm natürlich den Willen:
"Wach auf, o Mensch, vom Sündenschlaf;
Ermuntre dich, verlornes Schaf,
Denn es enteilt dein Leben!
Wach auf, denn es ist hohe Zeit,
Und es naht schon die Ewigkeit,
Dir deinen Lohn zu geben!
Zeig reuig deine Sünden an,
Daß dir die Gnade helfen kann!"
Was war das?! Seine Zähne schlugen zusammen. Ja, wahrhaftig, ich hörte sie klappern! Der Schweiß stand nicht mehr tropfenweis auf seiner Stirn, sondern er lag als eine zusammenhängende, naßkalte Schicht auf ihr. Dabei murmelte er, wie ein Betrunkener lallend:
"Zeig reuig – – – deine Sünden – – – an, daß dir – – – die Gnade – – – hel – – – helfen kann – – –!" Und plötzlich stieß er laut, schnell und voller unsäglicher Angst hervor: »Wie lange braucht man zur Gnade, wie lange! Sagt es schnell, schnell!"
"Einen Augenblick nur, wenn Ihr's ehrlich meint," antwortete ich.
"Das ist zu wenig, viel zu wenig! ›Zeig reuig deine Sünden an!‹ Ich habe mehr Sünden auf meinem Gewissen als Sterne am Himmel stehen. Wie kann ich die in dieser Zeit beichten, wie kann, wie kann ich das!"
"Gott zählt sie nicht einzeln, wenn Ihr sie wirklich bereut!" ("Old Surehand III")

Literatur[Bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten]

  • Der vollständige Eintrag in der großen Wikipedia.