Judas Ischariot

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Das Ölgemälde Judas Ischariot (1922)

Judas Ischariot, auch Judas Ischarioth, ist ein Bild von Sascha Schneider.

Geschichte[Bearbeiten]

Den Karton Judas Ischariot schuf Schneider vermutlich im Jahre 1894. Das Werk gehörte zu den elf Kartons, die im September gleichen Jahres im Dresdner Kunstsalon Lichtenberg ausgestellt wurden und Schneider schlagartig berühmt machten.

Etwa drei Jahrzehnte später entstanden in Sascha Schneiders Werkstatt in Loschwitz mindestens zwei Versionen in Öl, von denen eine für Karl Mays Witwe Klara bzw. den Karl-May-Verlag bestimmt war. Dieses Ölgemälde findet Erwähnung in sechs Briefen, die Schneider 1922 an Klara May schrieb.

13. Januar: Die ersten Axthiebe sind gefallen: mein Schüler[1] sitzt vor dem Judas Ischarioth! No. zwei soll demnächst auch angefangen werden. And I think you will be contented with![2]
8. April: Die eine Kopie (des Judas) ist so gut wie fertig, ich will nur selbst noch die letzte Hand anlegen.[3]
27. April: Die Copien sind fertig![4]
25. Mai: Die Forderung an den Karl May Verlag[5] habe ich noch nicht aufgesetzt; der Rahmen wegen (die Mühlen mahlen heutzutage langsam).[6]
19. Juni: Die Rahmen sind "endlich" fertig. Morgen kommen die zu Fahnauer.[7] Sollen beide Bilder zu Ihnen hinaus geschickt werden? Ich beauftrage dann Fahnauer damit.[8]
22. Juni: Die Rahmen sind weit teurer als ich annahm, aber anständig, hoffentlich ist es Ihnen nicht zuviel. Der Rahmen um den "Judas" kostet 2200 M., der um "am Jenseits" 1780 M.[9]

Im Verzeichnis Sascha Schneiders Werke von Hansotto Hatzig[10] wird erwähnt, dass Klara May das Bild an Lucia Lieberknecht verschenkt hat. Daraufhin gelangte es – wohl als Leihgabe – an die evangelische Kirche in Langensalza. Laut Annelotte Range[11] ist das Ölgemälde heute dort nicht mehr vorhanden. Sein Verbleib ist unbekannt.

Die andere Ölreplik von Judas Ischariot wurde 1926 in der Kunsthandlung Emil Richter in Dresden ausgestellt und von der dortigen Gemäldegalerie erworben. Diese Fassung hat die Maße 131 x 84 cm und auf der Rückseite der Leinwand den Vermerk S. Schneider 08. Dazu Range:

Offenbar fand hier eine alte Leinwand Verwendung, denn das "Judas"-Gemälde gehörte zu den mehr als 50 Neuschöpfungen der Jahre 1921-1926 [...][12]

Heute befindet sich das Bild in der Gemäldegalerie Neue Meister der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden und hat dort die Inventarnummer 2607.

Motiv[Bearbeiten]

Der dargestellte Judas Ischariot erscheint im Neuen Testament als einer der zwölf Nachfolger des Jesus von Nazaret, die dieser persönlich als Apostel (zur Verkündigung Gesandte) berief. Nach allen vier Evangelien soll er in Jerusalem Jesu Festnahme im Garten Getsemane durch die im Hohenrat führenden Gruppen ermöglicht haben mit der Folge, dass Jesus von diesen an die Römer ausgeliefert und gekreuzigt wurde. Judas galt in der Kirchengeschichte daher als der, der Jesus für dreißig Silberlinge verriet.

Sascha Schneider hat diese biblische Person auch in seinem Karton Ein Wiedersehen und dem Titelbild zu Karl Mays Satan und Ischariot dargestellt.

Kritiken[Bearbeiten]

Annelotte Range gibt in ihrer Dissertation von 1996 drei Deutungen des Bildes kurz wieder:

Für Zimmermann[13] [...] ist die Verurteilung des Judas durch S[chneider] offensichtlich, für Jursch[14] [...] bleibt die Frage nach einer Vergebung ungelöst. Nach Günther[15] [...] ist der verwachsene Judas als Selbstbildnis S[chneider]s gedeutet worden.[16]

In seiner Monographie über May und Schneider schreibt Hansotto Hatzig 1967:

"Kalkbleicher Körper vor mystisch dämmerndem Hintergrund" (Zimmermann), rotglühende Silberlinge, schwefelgelber Dampf, rote Dornenranken und grünes Schwert des Racheengels. Gerade dieses Bild ist im Vergleich zu seiner 28 Jahre zuvor entstandenen Karton-Fassung bemerkenswert, da man es als Selbstbildnis zu werten hat; denn dieser Judas ist verwachsen, er hat einen Buckel! 1894 schreitet er noch schwarzbärtig vor einem helleuchtenden Hintergrund, in dem schattenhaft der hoheitsvolle Engel der Vergeltung erscheint. Jetzt, 1922, sind Haupthaar und Bart weiß; dennoch hält sich Judas aufrechter und weniger gebeugt; der Buckel scheint sich gestreckt zu haben. Der Hintergrund jedoch ist finster; der Racheengel als heller Schatten, weniger hoheitsvoll als fürchterlich.[17]

Range selbst äußert sich folgendermaßen:

Hier ist allein Judas – bis auf eine schemenhafte Engelsfigur im Hintergrund – der Bildgegenstand. Den nackten, höckrigen Körper von einem Dornengespinst gefesselt, schreitet der schon rein äußerlich als unglückselig Charakterisierte gesenkten Hauptes über glühende Silberlinge, vor sich die peinigende Vision des Kreuzes. [...] Die Übertragung der Dornen Christi, die als Werzeug der Passion Verehrung genießen, auf Judas kann als Zeichen dafür gewertet werden, daß Schneider ihn als Büßenden und nicht der Vergeltung Anheimgefallenen darstellen wollte.

Als mögliche literarische Vorlage für dieses Bild nennt die Kunstwissenschaftlerin Felix Holländers Roman Jesus und Judas, der kurz vor der Entstehung des Kartons erschien.[18]

Anmerkungen[Bearbeiten]

  1. Vermutlich Lukas Hermann Peterich, der Sohn Paul Peterichs.
  2. Steinmetz/Vollmer: Briefwechsel mit Sascha Schneider, S. 425.
  3. Steinmetz/Vollmer: Briefwechsel mit Sascha Schneider, S. 431.
  4. Steinmetz/Vollmer: Briefwechsel mit Sascha Schneider, S. 433.
  5. Für die beiden Ölbilder "Judas Ischariot" und "Am Jenseits".
  6. Steinmetz/Vollmer: Briefwechsel mit Sascha Schneider, S. 436; dort auch die vorige Anmerkung.
  7. Die Dresdner Bilderrahmen- und Spiegelfabrik sowie Kunsthandlung Fahnauer & Schwab, Schreibergasse 7, Fabrik: Peterstraße 7.
  8. Steinmetz/Vollmer: Briefwechsel mit Sascha Schneider, S. 437; dort auch die vorige Anmerkung.
  9. Steinmetz/Vollmer: Briefwechsel mit Sascha Schneider, S. 438.
  10. Hatzig: Karl May und Sascha Schneider, S. 209-218.
  11. Range: Zwischen Max Klinger und Karl May, S. 18, Anm. 55.
  12. Range: Zwischen Max Klinger und Karl May, S. 18, Anm. 55.
  13. Dr. phil. Felix Zimmermann (* 1874; † 1946): Sascha Schneider. Kunstgabe 5. Verlag Die Schönheit Dresden o. J. [1923].
  14. Hanna Jursch: Judas Ischariot in der Kunst. In: Wissenschaftliche Zeitschrift der Friedrich-Schiller-Universität Jena, Jg. 1952/53, S. 104 f.
  15. Rolf Günther: Sascha Schneider – Leben und Werk. In: Rolf Günther/Dr. Klaus Hoffmann: Sascha Schneider & Karl May — Eine Künstlerfreundschaft. Karl-May-Stiftung Radebeul 1989.
  16. Range: Zwischen Max Klinger und Karl May, S. 18, Anm. 56.
  17. Hatzig: Karl May und Sascha Schneider, S. 196.
  18. Range: Zwischen Max Klinger und Karl May, S. 18.

Literatur[Bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten]

  • Eintrag zur neutestamentlichen Person Judas Ischariot in der großen Wikipedia.