Karl Schiller

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Hinweis auf die Verlobung, 1887

Dr. med. Karl Friedrich Schiller (* 29. Juli 1856 b. Oschatz; † 1920) war ein Arzt in Döbeln und der Ehemann von Ida Pauline Münchmeyer. Somit war er ein Schwiegersohn Heinrich Gotthold und Pauline Münchmeyers. Die Trauung fand am 19. Januar 1888 statt.

Karl Schiller und Karl May

Das Mittagessen

Im Oktober 1894 fand bei Pauline Münchmeyer, der Witwe des Kolportageverlegers Heinrich Gotthold Münchmeyer und Inhaberin des gleichnamigen Verlags ein Mittagessen statt, zu dem Karl May und seine erste Frau Emma eingeladen waren. May forderte von Frau Münchmeyer die Abrechnung seiner fünf Lieferungsromane, die er in den 1880er Jahren für diesen Verlag geschrieben hatte, und die dazu gehörigen Manuskripte. Da letztere nicht mehr vorhanden waren, erhielt Karl May kurz darauf gebundene Belegexemplare.[1]

Beim späteren Münchmeyer-Prozess spielte dieses Mittagessen eine besondere Rolle, da Karl May bereits zu diesem Zeitpunkt die Rechte an den Romanen eingefordert hatte. Am 11. Februar 1904 sagte das ehemalige Dienstmädchen im Hause Münchmeyer, Marie Therese Philipp, als Zeugin aus, dass zwischen 15. Februar und 1. März 1894

nur einmal ein gewisser Dr. Karl [aus der Lößnitz] bei der Beklagten zu Tisch gewesen [... Sie selbst habe dabei] weisse Zwirnhandschuhe [getragen.]

Pauline Münchmeyer, die ebenso wie Karl May und sein Rechtsanwalt Dr. Rudolf Bernstein bei der Vernehmung zugegen war, behauptete, dieser Dr. Karl sei ihr Schwiegersohn gewesen. Allerdings hat Dr. Karl Schiller – im Gegensatz zu Karl May – nicht in der Lößnitz gewohnt, sondern eben in Döbeln.[2]

Klara May bei Karl Schiller

Trotzdem wurde Karl Schiller von Frau Münchmeyer als Zeuge benannt, dass das betreffende Mittagessen mit Karl May nicht stattgefunden habe. Daraufhin besuchte Karl Mays zweite Frau Klara Karl Schiller in Döbeln, Bismarckstraße 1 (heute: Rosa-Luxemburg-Straße). In ihrem Tagebuch berichtete sie ausführlich darüber:

Ich sagte ihm offen und ehrlich, ich wolle ihn nur fragen, ob er und seine Frau einmal bei der Münchmeyer zu einem Mittagessen geladen gewesen seien, wo das Mädchen weiße Handschuhe getragen habe. Schiller sagte, außer einem Familienfeste, wo aber viele in der Wohnung seiner Schwiegermutter gewesen seien, sei er nie zu einem besonderen Mittagessen mit seiner Frau gewesen, Handschuhe hätte aber bestimmt nie ein Dienstmädchen in seiner Anwesenheit getragen. Er sei einmal einige Zeit bei seiner Schwiegermutter gewesen anläßlich einer militärischen Uebung in Dresden, da sei aber seine Frau und seine Kinder immer bei der Münchmeyer gewesen. Ein extra Mittagessen mit weißen Handschuhen sei ganz bestimmt ausgeschlossen! Ich dankte dem Herrn in warmen Worten für seine ehrliche Auskunft und sagte ihm, mit der Wahrheit komme man immer am weitesten und ich hätte es von ihm, einem akademisch gebildeten Manne nicht anders erwartet. Wäre seine Schwiegermutter ebenso offen und ehrlich zu meinem Manne gekommen, wie ich zu ihm, wäre der ganze schauderhafte Prozeß längst zum Ende gekommen. Nun änderte sich aber das Wesen des Mannes. Er merkte, daß er einen Fehler begangen hatte, indem er eine Sache eingestanden hatte, die für mich von größter Wichtigkeit war. Er wurde ungehalten und sagte, er wisse gar nichts von dem Prozeß, es sei aber eine Schande, daß seine"edle" Schwiegermutter so schändlich behandelt werde, von Fischer und meinem Manne. Ich sagte zu ihm, daß sogar Fischer in mir den Gedanken, zu ihm zu gehen angeregt habe und ich froh sei, ihn ausgeführt zu haben, denn nun hätte ich Klarheit und wenn seine Schwiegermutter ebenso offen und ehrlich handelte und sich nicht in schlechten Händen befände,[3] wäre der Prozeß längst aus der Welt geschafft. Jetzt brach er aber los, ob ich damit sagen wolle, daß seine Schwiegermutter unehrlich sei? Ich zuckte die Achseln – Herr Dr. Schiller wies mir die Thür!![4]

Am 5. Mai informierte Klara May auch Rudolf Bernstein von diesem Besuch,[5] was dieser am 9. Mai an das Amtsgericht Dresden weiterleitete.[6]

Pauline Münchmeyer ./. Klara May

Am 16. April hatte Pauline Münchmeyer durch ihren Anwalt Oskar Gerlach beim Dresdner Amtsgericht Strafantrag gegen Klara May gestellt und Privatklage wegen Beleidigung erhoben. Ursache dessen war Klara Mays Bemerkung, die sie gegenüber Karl Schiller, der als Zeuge benannt wurde, geäußert hatte:

Es hätte können vieles anders, es hätte können ganz anders kommen, wenn – Frau Münchmeyer ehrlich gewesen wäre![7]

Rudolf Bernstein, der auch Klara May vertrat, beantragte am 9. Mai, die Klage zurückzuweisen, oder andernfalls, die Beklagte freizusprechen, da sie in Wahrung berechtigter Interessen gehandelt habe, der Zeuge Schiller parteilich sei und die Redewendung offen und ehrlich keine Beleidigung beinhalte.[8] Am 17. Juni wurde die Eröffnung des Hauptverfahrens vom Amtsgericht Dresden abgelehnt, woraufhin Pauline Münchmeyer sofortige Beschwerde einlegte.[9] Die 2. Strafkammer des Dresdner Landgerichts wies am 6. Juli diese Beschwerde zurück, hob aber dem Beschluss des Amtsgerichts auf und eröffnete das Beweisverfahren.[10] Am 6. August teilte das Amtsgericht Bernstein mit, dass auf seinen Antrag hin die Verhandlung erst am 15. Oktober stattfinden würde.[11] Rudolf Bernstein sandte am 26. September den ersten Entwurf der Eingabe an das Schöffengericht an Karl May.[12] Am 1. Oktober sandte Rechtsanwalt Bernstein an Klara May eine Kopie eines Briefes Karl Schillers an Pauline Münchmeyer sowie Auszüge aus Oskar Gerlachs Eingabe an das Gericht.[13]

Einen umfangreichen Schriftsatz, der teilweise von Karl May stammte, reichte Bernstein am 7. Oktober beim Amtsgericht Dresden ein. Darin werden 31 Zeugen genannt, die über Pauline Münchmeyers Charakter Auskunft geben sollen.[14] Am 12. Oktober teilte Oskar Gerlach dem Schöffengericht Dresden mit, nach Schillers Personenbeschreibung der Frau, die bei ihm zu Besuch war, sei es

sehr zweifelhaft, ob die Klage gegen die richtige Person gerichtet ist [... Möglicherweise habe] ihn eine bestimmte andere Dame besucht [... Daher sei die] persönliche Anwesenheit der Angeklagten [im Verfahren nötig.][15]

Der für den 15. Oktober anberaumte Gerichtstermin fand nicht statt, da die Beklagte nicht anwesend war. Über den weiteren Ablauf des Verfahrens ist nicht bekannt, möglicherweise hat Pauline Münchmeyer ihre Klage zurückgezogen.[16]

Der Münchmeyer-Prozess

Beim eigentlichen Münchmeyer-Prozess benannte die Verlegerswitwe Pauline Münchmeyer am 11. Januar 1905 u. a. den Arzt Dr. Karl Schiller in Döbeln (ihren Schwiegersohn) [als] Leumundszeugen für ihre eigene Ehrenhaftigkeit und Wahrheitsliebe.[17]

Auf ein Vergleichsangebot von Karl Mays späterem Anwalt Franz Netcke reagierte Oskar Gerlach, der Rechtsanwalt der Münchmeyer-Partei am 16. Dezember 1909 mit einem Brief:

Auf der von Ihnen mir freundlichst unter der Hand offerierten Basis war es mir trotz meines Bemühens leider unmöglich, eine Geneigtheit meiner Mandantschaft, insbesondere des Schwiegersohnes meiner Auftraggeberin, Herrn Dr. Schiller, herbeizuführen.[18]

Am 25. August 1910 informierte Franz Netcke seinen Mandaten Karl May über die am 21. September vor dem Dresdner Landgericht zu vernehmenden Zeugen. Darunter befand sich auch Karl Schiller.[19] Bei der Vernehmung waren dann May und Netcke sowie vermutlich die gegnerische Partei anwesend. Über Schillers Aussage ist nichts bekannt.[20]

Klara May schrieb am 22. Oktober 1911 an Franz Netcke über Informationen, die sie durch die Leipziger Auskunftei von Carl Franz Wilhelm Schimmelpfeng erhalten hatte:

Von Schimmelpfeng ging die Auskunft ein, daß der Schwiegersohn der Münchmeyer Dr. Sch[iller] in Döbeln M. 100.000 von der Frau [wohl als Mitgift] mitbekommen hat.[21]

Anmerkungen

  1. Sudhoff/Steinmetz: Karl-May-Chronik I, S. 485.
  2. Sudhoff/Steinmetz: Karl-May-Chronik III, S. 311.
  3. Möglicherweise ist hiermit Pauline Münchmeyers Anwalt Oskar Gerlach gemeint.
  4. Sudhoff/Steinmetz: Karl-May-Chronik III, S. 326 f.
  5. Sudhoff/Steinmetz: Karl-May-Chronik III, S. 327 f.
  6. Sudhoff/Steinmetz: Karl-May-Chronik III, S. 328-330.
  7. Sudhoff/Steinmetz: Karl-May-Chronik III, S. 331.
  8. Sudhoff/Steinmetz: Karl-May-Chronik III, S. 338.
  9. Sudhoff/Steinmetz: Karl-May-Chronik III, S. 354.
  10. Sudhoff/Steinmetz: Karl-May-Chronik III, S. 358 f.
  11. Sudhoff/Steinmetz: Karl-May-Chronik III, S. 366.
  12. Sudhoff/Steinmetz: Karl-May-Chronik III, S. 389.
  13. Sudhoff/Steinmetz: Karl-May-Chronik III, S. 390 f.
  14. Sudhoff/Steinmetz: Karl-May-Chronik III, S. 392.
  15. Sudhoff/Steinmetz: Karl-May-Chronik III, S. 396.
  16. Sudhoff/Steinmetz: Karl-May-Chronik III, S. 398.
  17. Sudhoff/Steinmetz: Karl-May-Chronik III, S. 451.
  18. Sudhoff/Steinmetz: Karl-May-Chronik IV, S. 606.
  19. Sudhoff/Steinmetz: Karl-May-Chronik V, S. 280.
  20. Sudhoff/Steinmetz: Karl-May-Chronik V, S. 313.
  21. Sudhoff/Steinmetz: Karl-May-Chronik V, S. 505.

Literatur

Informationen über Zeitgenossen Karl Mays finden Sie im Namensverzeichnis Karl May – Personen in seinem Leben von Volker Griese unter Mitwirkung von Wolfgang Sämmer.

KMChronik winz frontal.jpg Die fünfbändige Karl-May-Chronik ist ein Standardwerk der Karl-May-Forschung. KMChronik winz.jpg

Dieter Sudhoff/Hans-Dieter Steinmetz: Karl-May-Chronik I bis V. Sonderbände zu den Gesammelten Werken.
Karl-May-Verlag BambergRadebeul 2005/2006. ISBN 978-3-7802-0170-6
Sie ist erhältlich beim Karl-May-Verlag.