Karl Theodor Senger

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Karl Theodor Senger (* 2. Januar 1877 in Bamberg; † nicht vor 1921) war Redakteur und Schriftsteller.

Leben

Karl Theodor Senger studierte in München und wirkte danach als Redakteur.

Im Jahre 1900 war er bei den Augsburger Neuen Nachrichten tätig, 1901 bei der Münchner Allgemeinen Zeitung, von 1901 bis 1904 als Feuilletonredakteur bei der Nürnberger Nordbayerischen Zeitung und von 1914 bis 1918 als Chefredakteur bei der Stuttgarter Union.

Karl Theodor Senger und Karl May

Am 9. Juni 1903 erkundigte sich Senger bei Karl May brieflich nach dessen nunmehr in einer billigen Volksausgabe erscheinenden Frühwerks und bat ihn um eine bestätigende Mitteilung.[1]

May sandte am 11. Juni ein Exemplar seiner Erzgebirgischen Dorfgeschichten an Senger und legte einen Brief bei, in dem er ausführlich auf sein Werk und seine Pläne eingeht:

Radebeul, d[en] 11./6. [190]3
Sehr geehrter Herr Redacteur,
auf Ihre freundliche Anfrage bitte ich, den beifolgenden Band "Erzgebirgische Dorfgeschichten" anzunehmen und das Vorwort zu beachten.
Als ich vor nun fast 30 Jahren diese Erstlingswerke schrieb, schwebten mir bereits die Ziele vor, welche ich mit meinen "Reiseerzählungen" zu erreichen strebe. Leider aber muß ich sagen, daß ich trotz aller meiner Deutlichkeit nur erst von wenigen Lesern verstanden worden bin. Man bleibt auf der Oberfläche haften; man will absolut nicht in den Geist, in die Seele dieser Bücher dringen. Man legt vollständig falsche Maßstäbe an. Man schreit mich mit größter Beharrlichkeit für einen "Jugendschriftsteller" aus, der nichts weiter als ganz gewöhnliche "Indianer- und Beduinengeschichten" schreibt. Man zwingt diese Erzählungen mit aller Gewalt auf das kirchliche Gebiet hinüber, an welches ich aber gar nicht denke. Man spricht ihnen mit lächerlicher Parnassuswürde jeden "Kunstwerth" ab, während ich mich doch grad mit aller Absichtlichkeit jeder litterarischen Drahtseiltänzerei enthalten habe, weil es "Vorstudien nach der Natur" sind, die erst später künstlerisch verarbeitet werden sollen. Und das ist der Hauptpunkt, auf den ich nun endlich einmal hinweisen muß, weil die Kritik bisher für ihn vollständig blind gewesen ist, sie, die das doch sofort gesehen haben sollte!
Lesen Sie meine "Erzgebirgischen", so finden Sie sofort den Psychologen heraus, welcher Probleme nach der Natur skizziert. Ganz dasselbe thue ich auch in meinen "Reiseerzählungen". Ich gehe von hier, wo es keine gesunde Originalität mehr giebt, hinaus in fremde Länder, um da, wo ich die Menschheitsfrage erklingen höre, die Töne in schnell hingeworfenen Noten festzuhalten. Ich suche nach seelischen, nach geistigen Intelligenzen, und bringe sie auf das Papier, um mich für Späteres zu üben. Bis heute habe ich nur Entwürfe gebracht, Federstriche, Skizzen, Etüden, Vorübungen, kürzere oder längere Notizen, die beinahe vierzig Bände füllen, ohne irgend welchen Kunst- oder anderen Anspruch zu erheben. Es hat nicht in meiner Absicht gelegen, mich für einen Künstler, einen Dichter, einen Gelehrten etc. auszugeben. Ich skizziere Alles, was mir paßt, genau nach der Natur, ohne mich in den besonderen Dienst irgend einer inneren oder äußeren Form zu stellen. Ich will weiter nichts sein und bin auch weiter nichts als blos nur Mensch, nur Mensch. Denn nur als Mensch allein kann ich den Menschen finden, den ich aus meinen Federübungen in der Gestalt hervortreten lassen will, von der die Kritik jetzt noch keine Ahnung hat.
Es ist gewiß höchst sonderbar, daß man trotz einer Zeit von fast dreißig Jahren noch immer nicht gemerkt hat, daß ich nur Vorübungen treibe, nur "geistigen Fingersatz" studire, um dann, wenn es gilt, mein Instrument vollständig beherrschen zu können. Man findet sogar das "Ich" im höchsten Grade lächerlich, welches man doch wohl zuerst begreifen mußte. Eigentlich wäre es für mich viel schwerer, die Kritik zu begreifen, die sich mir so scharf gewappnet gegenüberstellt, obgleich sie doch gewiß zu warten hätte, bis ich zu üben aufhalte und wirklich zu spielen beginne. Dann wird man die Accorde hören, die jetzt noch erst gebrochen klingen, und die bisherigen Naturlaute werden sich zu Harmonien vereinigen, in welche, wie ich hoffe, sich sogar die Kritik aufzulösen hat!
Bishin geht mich Alles, was man gegen meine Skizzen schreibt, nichts an. Ich kann mich ganz unmöglich von Leuten stören lassen, welche mich nicht jetzt sondern erst später zu hören haben. Wer sein eigentliches Tagewerk erst im Alter von über sechzig Jahren beginnen kann, der hat keine Zeit für unnütze Gehässigkeiten übrig.
Mit vorzüglicher Hochachtung bin ich
Herr Redacteur,
Ihr ergebener
May.[2]

Weitere Kontakte zwischen Karl Theodor Senger und Karl May sind nicht bekannt.

Anmerkungen

  1. Sudhoff/Steinmetz: Karl-May-Chronik III, S. 250.
  2. Autographika Heft 3/1996, S. 42 f.

Literatur

Informationen über Zeitgenossen Karl Mays finden Sie im Namensverzeichnis Karl May – Personen in seinem Leben von Volker Griese unter Mitwirkung von Wolfgang Sämmer.