Lutherkirche

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Die Lutherkirche in Radebeul

Die Lutherkirche ist eine evangelisch-lutherische Kirche auf der Meißner Straße im sächsischen Radebeul-Ost. Als eines der in Radebeul seltenen Gebäude mit Backstein-Sichtmauerwerk wird sie auch Rote Kirche genannt.

Geschichte

1839 kam das neugegründete Oberlößnitz zum Kirchspiel Kaditz hinzu, das auch für Radebeul und Serkowitz zuständig war. 1854 wurde in der neuerrichteten Oberlößnitzer Schule ein Betsaal eingerichtet, in dem in der Folgezeit immer häufiger Gottesdienste abgehalten wurden. So entstand in den östlichen Lößnitzgemeinden der Wunsch nach einer eigenen Parochie, die am 1. Juli 1890 gebildet wurde.

Einen 1865 von Ernst Ziller unaufgefordert vorgelegten Entwurf für eine Kirche im Byzantinischen Stil verwerfend, schrieb die Gemeinde 1890 noch vor ihrer offiziellen Konstituierung einen Wettbewerb zwischen den Dresdner Architekturbüros Giese & Weidner sowie Schilling & Graebner aus.

Im Gegensatz zu ihrem akademischen Lehrer Karl Weißbach, der die Friedenskirche im nahegelegenen Kötzschenbroda noch im Stil der durch das Eisenacher Regulativ empfohlenen Neogotik umgebaut hatte, entwarfen Schilling & Graebner den Kirchenneubau ganz im Stil der Neorenaissance.

Im Jahr 1891 wurde für die durch die Dresdner Architekten Schilling & Graebner entworfene Kirche der Grundstein gelegt, kurz nach der Eröffnung des neugeschaffenen Friedhofs Radebeul-Ost; der Bau wurde durch die Baumeister Wilhelm Eisold aus Serkowitz und Rudolf Baron aus Dresden durchgeführt. Die Einweihung erfolgte am 30. November 1892 als Kirche zu Radebeul. Das Kirchenprojekt wurde von den Architekten bereits während der Bauzeit der Fachwelt präsentiert und von dieser mit hohem Interesse verfolgt, unter anderem auf der Berliner Kunstausstellung 1891. Mit dem erfolgreichen Abschluss der Baumaßnahmen wurde diese Kirche zum ersten Kirchenbau der später als vielbeschäftigte Kirchenbaumeister bekanntgewordenen Architektengemeinschaft Schilling & Graebner.

Seit 1934, nach einem umfangreichen Umbau im Inneren durch den Architekten Alfred Tischer, wird zu Ehren des Reformators Martin Luther der Name Lutherkirche verwendet. Heute steht die Kirche unter Denkmalschutz.

1973 wurde die ursprüngliche ungewöhnlich helle Farbigkeit wieder hergestellt.

bei Karl May

im Leben

In dieser Kirche, die nicht weit von Karl Mays Villa "Shatterhand" steht, heirateten Karl May und Klara verw. Plöhn geb. Beibler am 31. März 1903 kirchlich.[1] Die Trauung vollzog der damalige Pfarrer der Lutherkirche, Hermann Hingst. Das kirchliche Aufgebot war am 22. März abgekündigt worden.[2]

im Werk

In seiner späten Reiseerzählung Und Friede auf Erden! erwähnt Karl May die räumliche Nähe seiner Wohnung zu einer Kirche, in der unschwer die Lutherkirche erkannt werden kann:

Und es ist doch heut nicht Wochentag, sondern Sonntag. Die Fenster sind geöffnet, und auch meine Balkontür steht offen, grad so gegen Süden, wie damals die Fenstertür im Kratong zu Kota Radscha, als der malayische Priester von uns Abschied nahm. Es ist ein ebenso heller, sonniger Morgen, wie der damals auf Sumatra. Der Altan trägt ungezählte, blühende Pelargonien; auf den Tischen stehen herrlich duftende Reseden und Nelken, denn meine Frau, die immer engelsähnliche, weiß ganz genau, wie lieb mir Blumen sind. Von unten herauf steigen die köstlichen Grüße der Marschall Niel-, La france- und Kaiserin Augusta Viktoria-Rosen. Die Blätter der Oelweide flüstern leise. Im leicht geaserten Baumschlag des Ahorn flötet ein Kehlchen. Das Rankengefieder der chinesischen Glycinen steigt hoch am Hause und zu seiten meiner Fenster bis an das Dach empor, mit genau solchen Ferndurchblicken, wie von meiner Wohnung aus auf der großen Sundainsel. Es ist mir, als ob ich mich heut in dieser Wohnung befände. Ich denke mich in sie zurück. Das Zimmer Raffleys nebenan steht offen. Ich trete hinein. Er sitzt mit dem Onkel und dem alten Heidenpriester am Tische. Der letztere ist gekommen, um uns Ade zu sagen – – –
Da ertönen die Glocken; es wird geläutet. Ich rufe mich aus Sumatra zurück, um mich zu besinnen, daß ich mich körperlich in Radebeul befinde. Ich wohne da in unmittelbarer Nähe der Kirche. Man läutet zum ersten Male. In einer halben Stunde erklingen die Glocken zum zweiten Male, zum Zeichen, daß der Gottesdienst beginne. Da sehe ich die allsonntäglichen Kirchenbesucher an meinem Hause vorübergehen. Gehe auch ich? Ich greife zur Bibel, um nachzusehen, über welche Stelle heut gepredigt wird. Es ist der Text Matthäus 5, Vers 20 bis 26. Da heißt es:
"Denn ich sage Euch: Wenn Eure Gerechtigkeit nicht besser ist als diejenige der Schriftgelehrten und Pharisäer, so werdet Ihr nicht in das Himmelreich eingehen. [...]
Das war der heutige Predigttext! So stand da, genau so, in der heiligen Schrift! Christus hat es gesagt, und da wir Christen sind, haben wir es wörtlich zu befolgen! [...]
Soll ich heut in die Kirche gehen? Oder vielmehr, darf ich? So frage ich meine Widersacher! Wo ist der Christ, der nach diesem Worte seines Heilandes noch würdig ist, die Kirche zu betreten? [...]
Es läutet zwar jetzt zum zweiten Male, aber ich gehe nicht; ich bleibe daheim! Ich will, während die ersten Töne der Orgel zu mir herüberklingen, das Buch über die Heldentaten der christlichen Krieger auf den chinesischen Schlachtfeldern lesen und dann hierauf den Schluß meiner friedlichen Geschichte erzählen. Ich brauche viel Sonnenschein dazu, viel Liebe und viel Versöhnlichkeit, und das ist nirgends so wie hier bei mir in meinem Heim zu finden.[3]

Anmerkungen

  1. Sudhoff/Steinmetz: Karl-May-Chronik III, S. 235 f.
  2. Sudhoff/Steinmetz: Karl-May-Chronik III, S. 229.
  3. Karl May: Und Friede auf Erden! In: Karl Mays Werke, S. 64636–64639 (vgl. KMW-V.2, S. 491–494).

Literatur

Weblinks