Sebulon Enters

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Werke mit
Sebulon Enters
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Winnetou IV

Sebulon L. Enters ist ein Sohn von Sander und somit der Bruder von Hariman Enters.

[Er] besaß dieselben "traurigen" Augen [wie sein Bruder], schien aber ein mehr verbissener und dabei unzuverlässiger Charakter zu sein.

Sebulon, bei dem der zwanghafte Drang nach Gold und die Bereitschaft zum Verbrechen stärker ausgeprägt sind als bei seinem Bruder, gerät am Nugget-tsil fast außer sich. Er spricht mit dem Geist seines Vaters und gräbt Winnetous Testament aus, in der Erwartung, Gold zu finden.

Als er enttäuscht die stattdessen gefundenen Tongefäße zerschlagen will, droht ihm Old Shatterhand mit Gewalt. Unter dem Eindruck von Herzles Augen, deren Anblick Sebulon nicht ertragen kann, beruhigt er sich und packt das Testament aus. Seine Enttäuschung ist ebensogroß wie die Wut auf seinen Vater:

"Wie habe ich gesagt? Er sei da, unser Vater, unser Vater? Verrückter Kerl, der ich bin! Von dem alten Lump ist längst keine Faser, kein Atom, kein Stäubchen mehr übrig! Nur die Schande hat er uns gelassen, die Schande. Und den Trieb zum Bösen hat er uns vererbt, den Drang zum Mord, zur Selbstvernichtung!"

Bei Sebulon sind die widerstrebenden Gefühle besonders stark. Auf der einen Seite der Drang, sich an Old Shatterhand zu rächen, ihn den feindlichen Häuptlingen auszuliefern, auf der anderen Seite sein Wille zum Guten, der ihm besonders durch Herzles Augen bewusst wird:

"diese Frau ist schuld! Diese Frau mit den blauen Augen und mit der Herzensgüte im Gesicht! Die stellt sich mir in den Weg! [...] Das sind die blauen Augen unserer Mutter. Diese lieben, guten, blauen Augen, die so unzählbar oft weinten, bis sie vor Herzeleid brachen und sich schlossen! Habt ihr diese Ähnlichkeit auch bemerkt? und das Wohlwollen und die Güte unserer Mutter, genau, genau! ... Sollen diese Augen sich in Tränen ergießen, meinetwegen? Soll soviel Güte vernichtet werden? In Haß, in Rache verwandelt? Kann ich das? Darf ich das? Eines Schurken wegen?"

Auch Sebulon will unter dem Eindruck der Ereignisse am Nugget-tsil und der Geschichte von Dschinnistan und dem Winnetou-Clan, die der Junge Adler erzählt, Mitglied des Winnetou-Clans und damit heimlicher Beschützer eines anderen Menschen werden.

Als bei der Festnahme des Nigger dieser auf Herzle, die Sebulon als "Winnetou" beschützen will, schießt, wirft er sich dazwischen und wird tödlich getroffen. Sebulon L. Enters stirbt in Herzles Armen.

Spiegelung[Bearbeiten]

Sowohl Sebulon als auch sein Bruder lassen sich als Selbstspiegelungen Karl Mays interpretieren.[1] Die Parallelen sind dabei sehr weitreichend:

Die Parallelisierung von Realität und Fiktion läßt sich an mehreren traumatischen Schlüsselsituationen festmachen, die für Mays Existenz von gar nicht zu unterschätzender Bedeutung waren. Sie betreffen

  1. seinen Versuch, die Münchmeyer-Neuauflagen zu verhindern und damit seine Vergangenheit zu verheimlichen,
  2. die wichtige Rolle des Geldes in seinem Leben samt dessen Einflüssen auf die schriftstellerische Arbeit,
  3. seine psychische Verfassung zur Zeit der kriminellen bzw. Rehabilitationsphase,
  4. das Verhältnis zu seinen Eltern, insbesondere zum Vater, eine Problematik, die sich ihm gegen Ende des Lebens offenbar verändert und verschärft neu gestellt hatte,
  5. seine Altersperspektive.

Der Roman [Winnetou IV] hält, wie im folgenden gezeigt werden soll, unter literarischer Tarnung schonungslose Abrechnung mit einem gegen Lebensende als falsch erkannten oder geahnten Weg.[2]

Die Enters-Brüder symbolisieren in dieser Interpretation zwei verschiedene Entwicklungsphasen Mays. Anfangs steht Sebulon dem Ich-Ideal Old Shatterhand noch offen feindselig gegenüber, und kann erst durch Herzles[3] Intervention auf den rechten Weg gebracht werden.[4]

Einzelnachweise[Bearbeiten]

  1. Günter Scholdt: Vom armen alten May. Bemerkungen zu "Winnetou IV" und der psychischen Verfassung seines Autors, S. 115-124. In: Jahrbuch der Karl-May-Gesellschaft 1985 (Onlinefassung).
  2. Scholdt, S. 116.
  3. die an dieser Stelle die Mutter symbolisiert, vgl. das Zitat oben.
  4. Scholdt, S. 122.

Literatur[Bearbeiten]

Informationen zu Figuren in Karl Mays Werken finden Sie auch im Karl May Figurenlexikon.
Die zweite Auflage dieses Werkes finden Sie online auf den Seiten der KMG.