Abwehr (Gedicht)

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Abwehr ist ein Gedicht von Karl May.

Text[Bearbeiten]

          Abwehr.
  Wir glauben! Lächle nicht; es ist uns Ernst!
Du kennst den Glauben nicht, und ich kann dir nicht zeigen,
Daß wir mit ihm hinauf in alle Himmel reichen,
  Von denen du dich mehr und mehr entfernst.
Es ist so leicht, den Himmel Himmel sein zu lassen;
Es ist so schwer, vom Himmel aus die Erde zu erfassen;
  Das ist der Grund, daß du nicht glauben lernst.
  Wir glauben! Wüßtest du doch, was das heißt!
Denk dir es nicht als ein persönliches Empfinden;
Denk dirs als Meer, in dem wir Nahrung finden,
  Denk aber nicht, daß du es dann schon weißt.
Der Glaube bildet eine Welt, in der wir leben,
Und dieser Welt allein ist Seligkeit gegeben;
  Er ist der Raum, in dem die Hoffnung kreist.
  Wir glauben! Großes ist damit gesagt!
Das, was ihr wißt, verdankt ihr nur den äußern Sinnen,
Doch giebts nicht blos ein Außen, sondern auch ein Innen,
  Dem eine Sonne um die andre tagt.
Und öffnet dieses Innen muthig seine Augen,
So dürfen sie den Blick in Herrlichkeiten tauchen,
  An welche eure Brille nie sich wagt.
  Wir glauben! Dessen schämen wir uns nicht!
Es ist der Mensch verpflichtet, diesem Erdenleben
Für sich und seine Brüder, was ihm fehlt, zu geben:
  Dem Herzen Liebe, dem Verstande Licht.
Wir fragen nicht: Wird diese Gabe angenommen?
Wir wissen nur: Es ist die Zeit dazu gekommen,
  Und darum sind wir voller Zuversicht.
  Wir glauben! Aber wer sind diese "Wir"?
Gieb dir nicht Mühe, unsre Ziffer zu bestimmen.
Wolltst du uns sehn, so müßtest Berge du erklimmen,
  Und diese Berge stehen nicht nur hier.
Doch, wo nach Licht, nach Liebe sich ein Sehnen findet,
Da offenbart sich dir das Band, das uns verbindet;
  Wir führen "Licht und Liebe" im Panier.
  Wir glauben! Das ist höchste Thätigkeit!
Du meinst, der Glaube sei uns nur ein Ruhekissen,
Auf dem wir unsre Psyche wohl zu pflegen wissen;
  Ich gebe dir ganz anderen Bescheid:
Wir baun im Stillen, rastlos, uns und euch zum Glücke,
Von Tag zu Tage neue Pfeiler, eine Brücke
  Hoch übers Grab hinweg zur Ewigkeit.
  Wir glauben! Welche Wonne, welche Lust!
Wie freun wir uns darauf, den Vorhang zu entfernen;
Wie wirst du da des Glaubens Walten kennen lernen,
  Die Brücke sehn, von der du nichts gewußt!
Du wirst dann schaun wie wir, nimmst Theil an unsern Gaben,
Doch ohne so wie wir, vorher geglaubt zu haben,
  Für dich ein unersetzlicher Verlust!
  Wir glauben! Erstes, doch nicht letztes Wort!
Dies erste Wort, ich hab es heut zu dir gesprochen.
Das zweite hat schon längst die Gräber aufgebrochen,
  Doch leider warf der Unverstand es fort.
Das letzte hat sich unser Vater vorbehalten,
Und ließest du nur ihn und seine Gnade walten,
  So hörtest du's schon hier und nicht erst dort.[1]

Textgeschichte[Bearbeiten]

Am 18. Dezember 1900 erschien ein Gedichtband Mays mit dem Titel Himmelsgedanken im Verlag Friedrich Ernst Fehsenfeld.[2] In dieser Ausgabe ist das Gedicht auf den Seiten 288 bis 291 enthalten. Der auf der folgenden Seite abgedruckte Aphorismus lautet:

Es ist keine Welt so groß, daß sie nicht in dir geistig Raum finden könnte.[3]

aktuelle Ausgaben[Bearbeiten]

  • Karl May: Himmelsgedanken. Gedichte. Union Verlag Berlin [Ost] 1988, S. 142–144. ISBN 3-372-00103-6 [Neusatz]
  • Karl May: Himmelsgedanken. In: Karl May: Lichte Höhen. Lyrik und Drama. Karl-May-Verlag BambergRadebeul 1998, S. 210–213. ISBN 3-7802-0049-X [modernisierter Neusatz]
  • Karl May: Himmelsgedanken. Gedichte. Books on Demand GmbH Norderstedt 2005, S. 288–291. ISBN 3-8334-2518-0 [Reprint]

Anmerkungen[Bearbeiten]

  1. Karl May: Himmelsgedanken, S. 288–291.
  2. Hainer Plaul/Gerhard Klußmeier: Illustrierte Karl-May-Bibliographie, S. 244.
  3. Karl May: Himmelsgedanken, S. 292.

Literatur[Bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten]