Am Gotthardt (Gedicht)

Aus Karl-May-Wiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Am Gotthardt ist ein Gedicht von Karl May und gehört zur fragmentarischen Gedichtesammlung Eine Pilgerreise in das Morgenland.

Text

          Am Gotthardt
Der Helm von Eis, der Panzer Stein,
  So steht er an des Südens Thor,
Läßt scheinbar Niemand aus und ein,
  Blickt scheinbar unbesiegt empor.
Doch, hast du von des Maultiers Gang
  Auf seiner Schulter nichts gewußt?
Und kennst du nicht den Eisenstrang,
  Der ihm durchbohrt die Felsen Brust?
So sah ich den Versucher stehn
  In Lüge stark, in Wahrheit schwach;
Er kann mich niemals hintergehn,
  So lang' ich mich und ihn bewach.
Nicht seiner Schönheit stolze List,
  Nicht seine Drohung fürchte ich;
Denn daß er längst besiegt schon ist,
  Das weiß ich, und er täuscht nur sich.
So ragt der Zweifel himmelwärts,
  Der gern dem Hier das Dort versagt,
Und blickt so finster, wenn das Herz
  Voll Sehnsucht nach dem Jenseits fragt.
Doch trägt grad er den kühnen Steg
  Von Bergeswand zu Bergeswand
Und tief in sich den dunklen Weg
  Hinüber in das helle Land.
So giebts zu Gott kein Hinderniß,
  Und sei es noch so stolz, so groß;
Wer ehrlich strebt, macht sich gewiß
  Doch endlich von den Fesseln los
Das irdische Gigantenthum,
  Es ist nur Trug, es ist nur Schein;
Der wahren Größe höchster Ruhm
  Gebührt nur Gott dem Herrn allein![1]

Textgeschichte

Während seiner Orientreise reiste Karl May am 31. März 1899 entlang der Rigi über den Gotthardt nach Lugano.

Auf dem Titelblatt der Pilgerreise hat May vermerkt, dass er das Manuskript am 20. April 1899 in Kairo begonnen habe.

aktuelle Ausgaben

Anmerkungen

  1. Jb-KMG 2009, S. 97 f., 115.

Literatur

  • Hartmut Vollmer: Karl Mays Gedichtsammlung "Eine Pilgerreise in das Morgenland". In: Jb-KMG 2009, S. 121–126.

Weblinks