Carpio: Unterschied zwischen den Versionen

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Aktuelle Version vom 21. Juli 2020, 19:47 Uhr

Werke mit
Carpio
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"Weihnacht!"

Carpio (von "cyprinus carpio": Karpfen) heißt eigentlich Hermann Lachner (und wird zeitweise Old Jumble (Wirrkopf) genannt).

Er ist der Neffe des alten Lachner und Schulfreund Karl Mays, seinem einzigen vertrauten Umgang. Wegen seiner Schweigsamkeit erhielt er den Spitznamen Cyprinus Carpio (Karpfen). Carpio stammt aus einfachen Verhältnissen und ist deshalb wie May zu großer Sparsamkeit gezwungen. Er ist fleißig und ernst, aber »von einer zunächst geradezu kindlichen oder gar kindischen Harmlosigkeit, die keine Thatkraft aufkommen läßt und alles womöglich beim Schwanz anstatt beim Kopfe anfaßte. Dabei liebte er es, der einfachsten Sache eine größere Bedeutung, als sie besaß, beizulegen und besonders auf unsern Wanderungen dem nüchternsten Gegenstand oder Vorkommnis eine romantische Färbung zu erteilen ... Eine andere und zwar seine hervorragenste Eigentümlichkeit war eine Zerstreutheit, welcher man bei seinem jetzigen Alter zwar nur die heitere Seite abzugewinnen brauchte, die aber doch schon versprach, später für ihn verhängnisvoll zu werden ... wenn er auf seine Zerfahrenheit aufmerksam gemacht wurde, steigerte sie sich nur; er wurde ängstlich und beging in dieser seiner Befangenheit noch viel größere Fehler als vorher.«  Die Schuld für die Folgen seiner Zerstreutheit und Vergesslichkeit schiebt er stets seinen Schwestern zu.

Mit May wandert er in dem Roman "Weihnacht!" während der Weihnachtsferien durch das sächsische und böhmische Erzgebirge. Sie leben beide von einer zusammengelegten, schmalen Reisekasse. In Falkenau kehren sie beim Wirt Franzl ein, der sie herzlich bewirtet und aufnimmt, da sie - wie dieser auch einmal - ›Studenten‹ sind. Carpio trinkt und raucht zuviel und macht sich in der Nacht noch über einen großen Quarkkuchen her, so dass ihm außerordentlich übel wird. Er träumt davon, zu seinem Onkel nach Amerika zu fahren und dort durch Erbschaft und Goldfunde reich zu werden. Die Schule ist für Carpio eine Qual. Er bittet seinen Vater, ihn vom Gymnasium zu nehmen. Dieser jedoch zwingt ihn, solange die Schule zu besuchen, bis die Lehrer ebenfalls auf einen Abbruch drängen. Carpio muss dann in den Verwaltungsdienst; dort - wie auch in den weiteren Stellungen als Advokatengehilfe, Schreiber am Bahnhof, bei einem Kaufmann, einem Baumeister, in einer Buchhandlung, einer Schokoladenfabrik - kann er nicht lange bleiben, da er wegen seiner Zerstreutheit seine Arbeiten nicht ordentlich verrichtet. Sein Vater verstößt ihn dann. Zu guter Letzt ist er für einige Jahre als Kolporteur tätig. Als sein Vater den amerikanischen Onkel um Geld angeht, fordert dieser Carpio als seinen Gehilfen, für Kost und Logis - ohne Gehalt - an.

Der reiche Onkel entpuppt sich als gewissenloser Geizhals und Blutsauger. Mit Carpio reist er in den Westen, wo er von Corner, Frank Sheppard und Eggly ein Finding-hole erwerben will. Das Finding-hole liegt in einem Bachbett. Carpio soll in dem eisigen Wasser nach dem Gold tauchen. May, jetzt wie Carpio erwachsen, ist als Old Shatterhand im Westen unterwegs, kommt dem verbrecherischen Plan des Onkels auf die Spur und befreit Carpio aus dessen Gewalt. Carpio sieht viel älter aus, als er ist, seine Augen liegen tief in den Höhlen, er hat eingefallene Wangen und eine müde Haltung. Bekleidet ist er mit einem Anzug aus festem graubraunen Stoff. Er trägt lange Sporenstiefel und einen breitkrempigen Hut. Wegen seiner Zerstreutheit wird er von Eggly "Old Jumble" genannt. Durch die Strapazen ist Carpio so angegriffen, dass es mit ihm zu Ende geht. Als Old Shatterhand und seine Gefährten in die Hände der Blutindianer unter der Führung von Peteh und Yakonpi-Topa geraten, können der alte Lachner und seine Komplizen Carpio entführen. Bevor er wieder in das eisige Wasser muss, befreien Old Shatterhand und Winnetou ihn wieder. Doch Carpio ist allzu entkräftet. Er wird von den befreundeten Schoschonen ins Pa-ware, ein warmes Tal, gebracht. Carpio ahnt, dass er bald sterben muss und freut sich auf das bevorstehende Weihnachtsfest. Old Shatterhand und Winnetou kümmern sich fürsorglich um ihn und können ihm durch die Vorbereitungen auf den Heiligen Abend für kurze Zeit ein Gefühl der Geborgenheit geben. Carpio sieht in einer Vision, dass auf der anderen Seite des Tales ein Unglück geschah; so kann Old Shatterhand von Hiller (Nana-po) gerade noch das Leben retten. Am Weihnachtsabend deklamiert Carpio sterbend das Weihnachtsgedicht Mays, das er schon auf der Erzgebirgswanderung beim Franzl rezitierte. Er bestimmt, dass die Nuggets, die Winnetou ihm schenkt, seinem Vater in der Heimat zukommen, dann stirbt er. Die Schoschonen errichten ihm ein würdiges Grabmal, das Old Shatterhand später noch mehrfach besucht.

Sonstiges[Bearbeiten]

Vorbild für Carpio war möglicherweise ein Schulfreund namens Friedrich Wilhelm Garbe.[1]

Anmerkungen[Bearbeiten]

  1. Vgl. Roland Schmid: Nachwort (zu "Am Jenseits"). In: Karl May: Freiburger Erstausgaben Bd. XXV. Hrsg. von Roland Schmid. Bamberg 1984, N3. Walther Ilmer dagegen geht davon aus, dass es für Carpio kein reales Vorbild gegeben hat; vgl. ders.: Karl Mays Weihnachten in Karl Mays "Weihnacht!" II. In: Jahrbuch der Karl-May-Gesellschaft 1988, S. 210, 241 (Anm. 62).

Literatur[Bearbeiten]

Informationen zu Figuren in Karl Mays Werken finden Sie auch im Karl May Figurenlexikon.
Die zweite Auflage dieses Werkes finden Sie online auf den Seiten der KMG.