Dein Auge (Gedicht)

Aus Karl-May-Wiki
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Dein Auge ist ein Gedicht von Karl May.

Text

          Dein Auge.
Hüte dein Auge; bewache es immer,
  Denn deine Seele, sie zeigt sich darin,
Sei es in sanftem, erbarmendem Schimmer,
  Sei es verdüstert von grollendem Sinn.
Gutes und Böses bereiten die Hände;
  Segen und Fluch, sie entquellen dem Mund;
Aber durch wundergeheime Verbände
  Thun sie vorher schon im Blicke sich kund.
Hüte dein Auge; bewache es immer,
  Nicht wegen Anderen, sondern für dich.
Täuscht dich sonst Alles, das Auge trügt nimmer,
  Denn auch nach innen entschleiert es sich.
Prüfe dich fleißig, so wirst du entdecken,
  Daß jede Regung ins Aug sich verirrt,
Um dort verräth'rische Lichter zu wecken,
  Ehe zum Worte, zum Werke sie wird.
Hüte dein Auge; bewache es immer,
  Halte es stetig in sorgender Hut.
Fühlst du im Blick einen glühenden Flimmer,
  Warte und schweig, denn – – du bist jetzt nicht gut.
Warte und schweig, bis ein besseres Regen,
  Welches die sündige Wallung vertrieb,
Zeit gewann, sich in dein Auge zu legen;
  Dann rede frei, denn – – du bist wieder lieb.[1]

Textgeschichte

Manuskript

Während seiner Orientreise fuhr Karl May am 20. Oktober 1899 mit der Eisenbahn von Point de Galle nach Colombo. Möglicherweise während der Bahnfahrt schrieb er an diesem Tag das Gedicht, das zunächst keinen Titel hatte.[2]

Himmelsgedanken

Am 18. Dezember 1900 erschien ein Gedichtband Mays mit dem Titel Himmelsgedanken im Verlag Friedrich Ernst Fehsenfeld.[3] In dieser Ausgabe ist das Gedicht auf den Seiten 59 und 60 enthalten. Der auf der gegenüberliegenden Seite abgedruckte Aphorismus lautet:

Stoff und Kraft sind nicht Zweierlei, sondern er ist ihre Materialisation, welche durch Auflösung wieder zur Kraft wird. Die häßliche Kohle verwandelt sich, indem sie durch das Verbrennen in Kraft übergeht, in helles Licht, wohlthätige Wärme und lebensvolle Bewegung.[4]

aktuelle Ausgaben

Anmerkungen

  1. Karl May: Himmelsgedanken, S. 59 f.
  2. Hans Wollschläger/Ekkehard Bartsch: Karl Mays Orientreise 1899/1900. Dokumentation. In: Jahrbuch der Karl-May-Gesellschaft 1971, S. 165–215 (S. 188). (Onlinefassung) Auch in: Dieter Sudhoff/Hans-Dieter Steinmetz: Karl-May-Chronik II. Sonderband zu den Gesammelten Werken. Karl-May-Verlag Bamberg–Radebeul 2005, S. 308 f. ISBN 978-3-7802-0170-6.
  3. Hainer Plaul/Gerhard Klußmeier: Illustrierte Karl-May-Bibliographie, S. 244.
  4. Karl May: Himmelsgedanken, S. 61.

Weblinks