Delila

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Frühe und Kolportageromane

Waldroeschen HGM 188284.jpg



Delila, auch Delilah oder Dalilah ist das Fragment eines Kolportageromans, der nie gedruckt wurde, und dessen Existenz nur durch zeitgenössische Briefwechsel und sonstige Schriften belegt ist.

Geschichte des Fragments[Bearbeiten]

Delila sollte (vermutlich) nach Der verlorne Sohn Mays fünfter Kolportageroman werden. Er begann damit vermutlich Mitte 1886. Als in den Zeitungen jedoch von dem Tod Ludwig II. von Bayern berichtet wurde, brach May das Manuskript nach siebzig bis achtzig Seiten ab und begann mit der Arbeit an Der Weg zum Glück.

Das May-Manuskript Delila landete im Verlagsarchiv des Münchmeyer-Verlags, von wo es Anfang 1902 von Adalbert Fischer als Beweismittel gegen May ins Spiel gebracht und 1903 eingesetzt wurde.[1]

Die schlüpfrigsten Stellen wurden vor Gericht verlesen (wenn auch nirgends dokumentiert);[2] das Manuskript selbst aber im Februar 1903 [3] an May zurückgegeben, der es vermutlich vernichtete.

Fischer an seinen Anwalt Felix Bondi am 5. Juli 1905:

May legte großen Wert darauf, das Manuskript Delila zu erhalten, und besonders auf meine Erklärung, daß er nichts Unsittliches geschrieben habe![4]

Auch 1911 wurde im Prozess in Moabit das Manuskript noch einmal erwähnt.[5]

Forschung[Bearbeiten]

Hans Wollschläger bezeichnet in seiner Biographie Delilah als einen begonnenen, nicht mehr gedruckten sechsten Kolportageroman, den May im Sommer 1887 abbricht. In einer Fußnote heißt es, dass es sich dabei um den Anfang eines auf 5.000 Manuskriptseiten geplanten Romans gehandelt habe, welcher ca. 70 bis 80 Seiten umfasste.[6] In einem Brief an Arno Schmidt vom 26. Juni 1960 erklärt Wollschläger, dass der Roman "(laut Patsch) nicht über zwei Kapitel hinaus[kam] und nicht abgeschlossen [wurde]. Er führt weiter aus: "Angeblich hat [May] es anschließend gleich vernichtet, doch wußte Patsch allerlei Einzelheiten, die auf Kenntnis des MS zurückgehen müssen: auch behauptete Katarina S., das Opus sei in den zwanziger Jahren noch im Archiv gewesen.[7] Nach

Ralf Harder dagegen vertritt in seiner Untersuchung zu den Münchmeyer-Romanen die These, dass Delila aus Aktualitätsgründen zugunsten von Der Weg zum Glück abgebrochen wurde, denn seiner Zeitchronik nach begann dieser Roman gut einen Monat nach dem Tod Ludwig II. († 13. Juni 1886) zu erscheinen. Auch vermutet er hinter dem Schejtana-Angebot Mays an Joseph Kürschner (Ferner habe ich auch für Sie bereits eine Arbeit unter der Feder ...) das unvollendete Delila-Fragment, von dem er vermutet, May hätte vorgehabt, es in eine Novelle zu verwandeln.[8]

Ekkehard Bartsch erwähnt briefliche Erwähnungen des Fragments durch Mays selbst.[9] Bekannt ist ein Brief Karl Mays an Rudolf Bernstein (s. u.).

Simson und Delila von G. Doré

Sonstiges[Bearbeiten]

Der Name bezieht sich wohl auf die biblische Figur der Delila (Richter 16, 4ff), die in der Literatur wie auf der Kanzel seit langem als Archetyp der Verführerin und Männerverderberin gehandelt wurde. Auch Karl May erwähnte diese Delila bereits 1881 im Deutschen Hausschatz:

... Ihr Haar ist wie der Schweif des Pferdes Gilja, und ihr Fuß ist wie der Fuß von Delila, welche Samson verrieth. ...[10]

Karl May in einem (undatierten) Brief an Rudolf Bernstein:

"Delila" ist ein biblischer Name. Ich sah in der berühmten Doréschen Bilderbibel die großartige Zeichnung "Simson und Delila". Sie packte mich. Ich sann über die die Bedeutung dieser Sage nach. Ihre psychologische Tiefe veranlaßte mich, sie im Sinne späterer Zeit schriftstellerisch zu behandeln [...] Ich schrieb einen Anfang, doch nur im Concepte... [...] Ich fühlte, daß ich zu stark aufgetragen hatte, und schrieb, glaube ich, gar nicht einmal das erste Kapitel zu Ende. Dann gab ich diesen Anfang Münchmeyer zu lesen, den ich damals noch hin und wieder traf. Er behielt ihn, um ihn ganz für sich zu lesen...[11]

Anmerkungen[Bearbeiten]

  1. Karl-May-Chronik III, S. 118 f.
  2. Augsburger Postzeitung vom 24. Mai 1910: Fischer hat vor Gericht durch Vorlesen aus einem unstreitig von May herrührenden Manuskript Delilah gezeigt, daß Mays Originalwerke mitunter sehr unsittlich sind oder es doch früher waren. Zitiert nach Karl-May-Chronik III, S. 210.
  3. Karl-May-Chronik III, S. 210.
  4. Karl-May-Chronik III, S. 206 f.
  5. Rudolf Beissel: "Und ich halte Herrn May für einen Dichter ..." Erinnerungen an Karl Mays letzten Prozeß in Berlin. (Onlinefassung)
  6. Hans Wollschläger: Grundriß eines gebrochenen Lebens
  7. Arno Schmidt: Der Briefwechsel mit Hans Wollschläger, S. 266
  8. Ralf Harder: Karl May und seine Münchmeyer-Romane.
  9. Mitteilungen der Karl-May-Gesellschaft Nr. 38, S. 37.
  10. Karl May: Durch die Wüste - Hausschatz-Fassung.
  11. Karl-May-Chronik I, S. 343.

Literatur[Bearbeiten]