Die sterbende Menschheit

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Zeichnung Die sterbende Menschheit
Winnetou IV in der Sascha-Schneider-Ausgabe

Die sterbende Menschheit, auch In hoc signo vinces?! genannt, ist ein Bild von Sascha Schneider. Der Künstler schuf es 1903 als Bleistift-Kohle-Zeichnung auf Papier in den Maßen 64 x 54 cm, signierte es unten rechts mit S. S. 03 und gab ihm keinen Titel.

Geschichte

Am 17. Oktober 1903 besuchte Sascha Schneider das Ehepaar Karl und Klara May in der Villa "Shatterhand" in Radebeul. Über diesen Besuch äußerte sich Klara in ihrem Tagebuch wie folgt:

Sascha Schneider brachte meinem Herzensmanne einen Karton. Die Arbeit soll Schneiders Gedanken wiedergeben, die er beim Lesen von Karls Werken empfand[1]. Wir haben uns innig über diese Gabe gefreut.[2]

Karl May selbst versah die Rückseite des Bildes mit dem Zitat In hoc signo vinces?![3] (lateinisch: In diesem Zeichen wirst du siegen?!)

Als im Herbst 1909 Mays Verleger Friedrich Ernst Fehsenfeld die Herausgabe von Winnetou IV (Band 33 der Gesammelten Reiseerzählungen) plante, fragte er am 25. September brieflich bei Karl May bezüglich der Einbandgestaltung nach:

Soll das S. Schneidersche Bild der ersten Bände[4] benutzt werden?[5]

Eine Antwort darauf ist nicht überliefert. Karl May sorgte aber dafür, dass der Band, der erst im Mai 1910 erschien, Die sterbende Menschheit als Deckelbild erhielt. Der Einband zeigt oberhalb des Bildes den Titel WINNETOU und darunter den Ausspruch IN HOC SIGNO VINCES?!

Die sterbende Menschheit und Der Chodem in der Villa "Shatterhand"

Nachdem der Karton an May zurückgesandt wurde, erhielt er seinen Platz im Empfangssalon der Villa "Shatterhand".

In seiner Monographie[6] nannte Dr. phil. Felix Zimmermann die Zeichnung Die sterbende Menschheit. Erst seitdem ist sie unter diesem Titel bekannt.[7]

Das Bild kam nach Klara Mays Tod in den Besitzder Karl-May-Stiftung, 1959/60 in den des Karl-May-Verlags (KMV). 1960 siedelte das Bild mit dem Verlag nach Bamberg um und kehrte 1994 nach Radebeul zurück. Heute ist das Bild als Eigentum der Karl-May-Stiftung im Radebeuler Karl-May-Museum in der Villa "Shatterhand" zu sehen.

Zusammenhang zu Und Friede auf Erden

Sowohl Hansotto Hatzig[8] als auch Annelotte Range[9] gehen davon aus, dass Sascha Schneider dieses Bild unter dem Eindruck von Karl Mays Buch Und Friede auf Erden! gezeichnet hat. Beide zitieren dazu aus folgendem Text des fünften Kapitels Der Shen-Ta-Shi:

Ein Strahlenkegel, wie aus einem in Himmelsnähe stehenden Leuchtturme kommend, brach durch und fiel hinüber auf die Berge, grad dahin, wo das Ziel unsers Rittes lag. Da flammte es augenblicklich auf, das Kreuz der Christenheit. "In hoc signo vinces – in diesem Zeichen wirst du siegen." Jawohl, das ist richtig. Aber nicht mit kriegerischen Waffen, durch gewappneten Verrat und Ueberfall, sondern durch das Wort der Liebe und durch die friedliche, versöhnende, ausgleichende Tat des Erlösers, welche er wagte, als er öffentlich sprach: "Die Letzten werden die Ersten und die Ersten die Letzten sein!" Gleichen Raum und gleiches Recht für Jeden, der zur Menschheit gehört auf Erden![10]

Wie aber Uwe Lehmann[11] ausführte, war - als Schneider den Karton im Oktober 1903 Karl May zum Geschenk machte - diese Reiseerzählung noch nicht erschienen. Die Vorfassung Et in terra pax von 1901 enthält bekanntlich nur die ersten vier Kapitel des späteren 30. Bandes. Aus dem Briefwechsel Karl Mays mit Friedrich Ernst Fehsenfeld und Felix Krais geht hervor, dass May am 17. Oktober 1903 erst das [überarbeitete] dritte Kapitel zu "Friede"[12] als Manuskript an Krais geschickt hat. Danach erkrankte May und setzte die Arbeit an Band 30 erst am 2. Februar 1904 fort.[13] Uwe Lehmann geht davon aus, dass die zitierten Sätze Mays demzufolge nicht Sascha Schneiders Inspiration zu dem Bild gewesen sein können, der umgekehrte Fall sei aber nicht ausgeschlossen.

Kritiken

Hansotto Hatzig schreibt 1967 in seinem Beitrag zur Karl-May-Forschung:

In Karl Mays Nachlaß fand sich ein Blatt Schneiders [...] das einen aufgebahrten Toten mit gefalteten Händen zeigt. Darüber leuchtet ein Kreuz, dem von allen Seiten mit sehnsüchtigen Gebärden "Seelen" zustreben.[14]

In der Dissertation von Annelotte Range heißt es:

Bildparallel, mit dem Kopf nach rechts liegt im Vordergrund ein bärtiger männlicher Körper [...]. Er hat die Hände gefaltet und liegt "wie tot" ausgestreckt. [...] Ein Strahlenkreuz, zu dem menschliche Schemen jubelnd und anbetend streben, füllt den Raum oberhalb der Lagerstatt des Todkranken. [... Der Titel "Die sterbende Menschheit"] passt m. E. weder zu der Darstellung noch zu Karl May [...][15]

Anmerkungen

  1. Es handelt sich um das [...] Bild "Die sterbende Menschheit"' [...]
  2. Zitiert nach: Hatzig: Karl May und Sascha Schneider, S. 53; dort auch die vorige Anmerkung.
  3. Nach Eusebius von Caesarea (* 260/64; † 339/40) war dieser Satz für den römischen Kaiser Konstantin (* zwischen 272 und 285; † 337) schicksalsentscheidend.
  4. Die ersten drei Bände Winnetou hatten jeweils ein eigenes Deckelbild von Schneider erhalten. Fehsenfeld meinte hier wohl die Zeichnung Winnetous Himmelfahrt, die zum dritten Band gehört.
  5. Dieter Sudhoff/Hans-Dieter Steinmetz (Hrsg.): Karl May. Briefwechsel mit Friedrich Ernst Fehsenfeld. Zweiter Band 1907-1912. Karl-May-Verlag Bamberg–Radebeul 2008, S. 234. ISBN 978-3-7802-0092-1
  6. Sascha Schneider. Kunstgabe 5. Verlag Die Schönheit Dresden o. J. [1923], S. 43.
  7. Range: Zwischen Max Klinger und Karl May, S. 95.
  8. Vgl. Hatzig: Karl May und Sascha Schneider, S. 43.
  9. Vgl. Range: Zwischen Max Klinger und Karl May, S. 94 f.
  10. Karl May: Und Friede auf Erden! In: Digitale Bibliothek Band 77: Karl Mays Werke, S. 64722.
  11. Uwe Lehmann: "In hoc signo vinces!?", S. 10f.
  12. Dieter Sudhoff/Hans-Dieter Steinmetz (Hrsg.): Karl May. Briefwechsel mit Friedrich Ernst Fehsenfeld. Erster Band 1891-1906. Karl-May-Verlag Bamberg–Radebeul 2007, S. 416. ISBN 978-3-7802-0091-4
  13. Vgl. Sudhoff/Steinmetz: Briefwechsel mit Fehsenfeld I, S. 426, Anm. 3.
  14. Vgl. Hatzig: Karl May und Sascha Schneider, S. 43.
  15. Range: Zwischen Max Klinger und Karl May, S. 95.

Literatur