Dorfgeschichte

Aus Karl-May-Wiki
Version vom 17. Juni 2018, 16:01 Uhr von Tamarin (Diskussion | Beiträge) (Textersetzung - „http://www.karl-may-gesellschaft.de“ durch „https://www.karl-may-gesellschaft.de“)
(Unterschied) ← Nächstältere Version | Aktuelle Version (Unterschied) | Nächstjüngere Version → (Unterschied)
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Der Begriff Dorfgeschichte bezeichnet ein literarisches Genre, das vor allem Mitte bis Ende des 19. Jahrhunderts populär war.

Die Gattungsbezeichnung stammt aus der Zeit um 1840 und ist gelegentlich auf Kritik gestoßen, weil ihre Definition nicht eindeutig ist und die Abgrenzung zu anderen Formen volkstümlicher Epik (etwa dem Bauernroman) mitunter schwer fällt. Kennzeichen der Dorfgeschichte sind ihr Schauplatz, das überschaubare dörfliche Milieu, und ihre realistischen Gestaltungsmittel. Sie kann Sozial- und Kulturkritik enthalten, aber auch idyllisierende Züge aufweisen oder sich in purem Unterhaltungswert erschöpfen. Häufig dienen in ihr die Bauern als Projektionsfläche für Wunschvorstellungen der gebildeten Schichten: Die Dorfsphäre wird zur heilen Welt verklärt und in Gegensatz zur zivilisationsgeschädigten Stadt gesetzt.

Zu den Urhebern der Dorfgeschichte werden unter anderem Gottfried Keller (Romeo und Julia auf dem Dorfe) und Berthold Auerbach (Schwarzwälder Dorfgeschichten, Barfüßele, 1856) gerechnet. Umstritten ist die Auffassung Otto Walzels, beim Oberhof-Kapitel von Carl Leberecht Immermanns Roman Münchhausen handle es sich ebenfalls um eine frühe Dorfgeschichte. Betätigt haben sich in dem Genre unter anderem auch Karl May, Ludwig Anzengruber, Jeremias Gotthelf und Ludwig Ganghofer. Auch Friedrich Hebbel hat einige Geschichten in dörflicher Szenerie spielen lassen, sich aber zugleich in scharfen Worten gegen die "Bauern-Verhimmlung unserer Tage" ausgesprochen, so dass der Germanist Jürgen Hein ihn als Begründer der "Anti-Dorfgeschichte" bezeichnet.

Karl Mays Dorfgeschichten

Karl May verfasste Dorfgeschichten, deren Handlungsort zumeist das Erzgebirge ist und die teilweise auch in einem Sammelband Erzgebirgische Dorfgeschichten veröffentlicht wurden.

Besonders beliebte Motive waren der Vater-Sohn-Konflikt, Liebe zwischen den Kindern verfeindeter Eltern, der Gegensatz von Arm und Reich, Entdeckungen in der Familiengeschichte, wobei lange zurückliegende kriminelle Taten Aufklärung finden.

Literatur

  • Friedrich Altvater: Wesen und Form der deutschen Dorfgeschichte im neunzehnten Jahrhundert. Berlin 1930 (Nachdruck 1967).
  • Jürgen Hein: Die "Erzgebirgischen Dorfgeschichten". Zum Erzähltyp "Dorfgeschichte" im Frühwerk Karl Mays. In: Jahrbuch der Karl-May-Gesellschaft 1976, S. 47–68. (Onlinefassung)
  • Jürgen Hein: Dorfgeschichte. Stuttgart 1976. ISBN 3-476-10145-2
  • Uwe Baur: Dorfgeschichte. Zur Entstehung und gesellschaftlichen Funktion einer literarischen Gattung im Vormärz. 1978. ISBN 3-7705-1544-7
  • Willy Puchner: Dorf-Bilder. ISBN 3-21800-387-3
  • Wolfgang Seidenspinner: Oralisierte Schriftlichkeit als Stil. Das literarische Genre Dorfgeschichte und die Kategorie Mündlichkeit. In: Internationales Archiv für Sozialgeschichte der deutschen Literatur. Jg. 22 (1997), H. 2, S. 36–51.

Weblinks