Gumri

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Gumri
im Werk Karl Mays
Weltkarte1911.jpg

Durchs wilde Kurdistan

Route über Gumri

Qumri (kurdisch: قومرى, alternative Schreibweisen: Qamarī, Qamary, Qemerî, Qomriye, Kumri, Gumri, Koomri, Koomroo) ist ein Dorf in Kurdistan im Nordirak. Es liegt im Distrikt Amediye des Gouvernements Dahuk, 27 Kilometer nordwestlich der Distriktshauptstadt Amediye, 47 Kilometer nordöstlich der Gouvernoratshauptstadt Dahuk und 10 Kilometer von der türkischen Grenze im Norden entfernt.

Vor dem zwanzigsten Jahrhundert gehörte zu Qumri eine auf einer Bergspitze oberhalb des Dorfs gelegene Burg namens Qala (auch Kela, Kala, Kalah oder Kalaat) Qumri.

Die Geschichte Qumris ist nur spärlich dokumentiert. Keilschrifttafeln aus dem 2. Jahrtausend v. u. Z. erwähnen einen Ort Kumri im Königreich Arrapha, dessen nördliche Grenze in der Gegend des heutigen Qumri angenommen wird. Weitere Indizien für die Identität der beiden Orte gibt es nicht; das Kumri der Keilschrifttexte gilt gegenwärtig als nicht identifizierbar.

Mündliche Überlieferungen in Liedform berichten davon, dass die Burg Kela Qumri bzw. das Dorf Qumri Schauplatz einer von dem Stammesführer der Berwarî-Kurden, Hacî Agha, angezettelten Schlacht zwischen dem kurdischen Stamm der Zêbarî und dem assyrisch-christlichen Stamm der Tiyarî war. Kela Qumri war Stammsitz der Berwarî, die auf diese Weise die Macht zweier benachbarter Stämme gleichzeitig schwächen wollten. Dieses Ereignis wird in unterschiedlichen Varianten besungen, die erst in neuester Zeit wissenschaftlich untersucht wurden. Demnach ist es auf Ende des achtzehnten Jahrhunderts zu datieren.[1][2]

Aus dem neunzehnten Jahrhundert gibt es die ersten schriftlichen Berichte über Qumri, jedoch nicht über das Dorf, sondern nur über die auf einem Berg bei dem Dorf gelegene Festung. Ainsworth hat im Jahr 1840 den Berg, der die Festung trug, aus weiter Ferne gesehen;[3] ebenso Grant, ein amerikanischer Missionar, im Jahr 1843[4] und zwei weitere, gemeinsam reisende amerikanische Missionare, Laurie[5] und Smith,[6] im Jahr 1844.

Eine geringfügig weitergehende Erwähnung findet sich bei Bagder, einem englischen Missionar, der die Region im Jahr 1843 bereist hat:

From the eminence on which we stood we could also see Kalaat Koomri, the residence of the Emeer of Berwari, while directly at our feet was the small Nestorian village of Hayyis.[7]

Der einzige brauchbare Augenzeugenbericht stammt von Layard, der im Jahr 1846 immerhin den Fuß des Bergs von Qumri erreicht hat, ohne jedoch zur Burg hinaufzusteigen. Er schreibt:

Das Schloß Kumri oder Gumri, die Residenz des Abd-el-Summit Bey steht auf der Spitze eines hohen, isolirten Felsens, und ist von fast allen Theilen des Thales von Berwari aus sichtbar. Es ist ein kleines, aus Kleiberlehm erbautes Fort, die Kurden aber sahen es für einen uneinnehmbaren Platz an.[8]

Gemäß einer im Jahr 1909 aufgezeichneten mündlichen Überlieferung muss die Festung Kumri wenige Jahrzehnte nach Layards Besuch von Kämpfern des assyrischen Stamms Untere Tiyari unter ihrem Melek (eigentlich König, hier: Stammesführer) Daniel eingenommen und zerstört worden sein. Auf Melek Daniel folgte Melek Barkhu, und auf diesen Melek Kashun, der im Jahr 1909 Anführer der Unteren Tiyari war.[9] Das Ende von Kala Kumri kam also etwa zwei Herrschafts-Dauern vor 1909; genauer lässt es sich zeitlich nicht eingrenzen, da keinerlei Zeitangaben überliefert sind.

Um die hundert Jahre später erscheint das Dorf Qumri in einer Liste von 478 Dörfern, die im Rahmen der Anfal-Operation[10] im Sommer 1988 von der irakischen Armee unter dem Regime Saddam Husseins zerstört wurden und deren die Angriffe überlebende Bewohner deportiert wurden.[11]

Nachdem in Folge des Zweiten Golfkriegs im Jahr 1991 eine UN-Schutzzone für Minderheiten im Nordirak eingerichtet worden war, begann der Wiederaufbau zahlreicher Dörfer, so auch Qumris. Ursprünglich war Qumri durch keine Straße erschlossen. Aus praktischen Erwägungen erfolgte die Neuerrichtung zwar auf dem zur Gemeinde gehörenden Land, aber zwei Kilometer südlich des alten Dorfs an einer Straße. 80 Familien mit vier- bis fünfhundert Personen siedelten sich hier an. Der Wiederaufbau erfolgte mit internationaler Unterstützung unter anderem auch durch das deutsche Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung.[12] Bald setzte jedoch wieder eine Abwanderung ein; im Jahr 2010 lebten nur noch gut vierzig Familien in Qumri.

im Werk Karl Mays

In Gumri residiert der Anführer der Berwari-Kurden, der (namenlose) Bey von Gumri, Sohn des Abd el Summit Bey. Insofern hält sich May an die historischen Tatsachen, die er bei Layard gefunden hat. Bei Layards Besuch vier Jahrzehnte zuvor war Abd el Summit Bey der Anführer der Berwari.[13]

Im ersten Band des „Orientzyklus“, „Durch die Wüste“ erfährt Kara Ben Nemsi beim Pascha von Mossul zum ersten Mal vom Schloss Gumri. Der Pascha gibt ihm einen Brief an den Bey von Gumri mit in der Absicht, damit für Kara Ben Nemsis Sicherheit zu sorgen.[14]

Im zweiten Band, „Durchs wilde Kurdistan“, übernachtet er mit seinen Gefährten Halef und Mohammed Emin auf dem Weg nach Amadijah, wo sie Amad el Ghandur, Mohammed Emins Sohn aus türkischer Haft befreien wollen, im Dorf Spandareh. Hier trift er nicht nur Sir David Lindsay wieder, sondern sichert sich auch die Freundschaft des Ortsvorstehers, der der Schwiegervater des Beys von Gumri ist. Dieser ahnt, was die vier Gefährten in Amadijah planen. Um sie auf der späteren Flucht zu unterstützen, gibt er ihnen ein Freundschaftszeichen an seinen Schwiegersohn mit.

Eine weitere Gelegenheit, sich der Freundschaft des Beys von Gumri zu versichern, ergibt sich in Amadijah. Kara Ben Nemsi lernt Dohub, einen Boten des Bey kennen, der beim Mutesselim von Amadijah die Freilassung zweier Berwari-Kurden erreichen soll. Kara Ben Nemsi gelingt es, den Mutesselim zu überreden, sie freizulassen.

Nach der Befreiung Amad el Ghandurs wendet sich die Gruppe nach Gumri. Im letzten Dorf vor Gumri, Tiah, geraten sie in eine Auseinandersetzung mit den dort wohnenden Berwari-Kurden und werden, nachdem sie ihnen mehrmals entkommen konnten, doch gefangen und nach Gumri gebracht. Da ihnen der Bey zu Freundschaft verpflichtet ist, sind hier alle Gefahren sogleich vorbei.

[...] denn vor uns stiegen nun, allerdings in noch weiter Entfernung, die Umrisse des isolierten Felsens empor, auf welchem Kalah Gumri liegt. Dieses ist eigentlich nur ein schwaches, aus Lehm erbautes Fort, mit dem einige wenige Geschütze leicht fertig werden könnten; es wird aber von den Kurden für eine sehr starke Festung gehalten.
[...] Jetzt war alle Besorgnis verschwunden, und mit erleichtertem Herzen ritt ich durch das enge Thor des Ortes ein. Dennoch aber konnte ich mich eines Grauens nicht erwehren bei den Anblick der Residenz des berüchtigten Abd el Summit Bey, der in Verbindung mit Beder Khan Bey und Nur Ullah Bey die christlichen Bewohner von Tijari[15] zu Tausenden hingemordet hatte.[16] Der Ort sah sehr kriegerisch aus. Die engen Gassen waren von bewaffneten Kurden so belebt, daß die Mehrzahl dieser Leute wohl nicht zu den Bewohnern von Gumri gehören konnte. In dieser Beziehung machte die kleine Berwari-Festung einen ganz andern Eindruck als das öde, leblose Amadijah.[17]

Ein von Gumri aus mit dem Bey und seinen Leuten unternommener Jagdausflug führt zu Kämpfen mit christlichen Bewohnern von Lizan, aber letzendlich zur Versöhnung zwischen den muslimischen Kurden und den Christen. Danach kehren Kara Ben Nemsi und seine Gefährten noch einmal nach Gumri zurück, um von dort aus — aus Sicherheitsgründen auf einem großen Umweg — zurück zu den Weidegründen der Haddedihn zu reiten:

Wir hatten am Zab den Entschluß gefaßt, den Fluß entlang bis zu den Schirban- und dann den Zibar- Kurden zu reiten. Bis zu den Schirbani hatten wir Empfehlungen vom Bey zu Gumri und von dem Melek in Lizan erhalten, und von da aus hofften wir auf weitere Unterstützung. Die Schirbani nahmen uns gastfreundlich auf, von den Zibari aber wurden wir sehr feindselig empfangen; doch gelang es mir später, mich ihrer Teilnahme zu versichern. Wir kamen glücklich bis zum Akrafluß, stießen aber hier bei der wilden Bergbevölkerung auf eine so große Böswilligkeit, daß wir nach verschiedenen schlimmen Erfahrungen uns nach Südost wenden mußten. Wir überschritten den Zab östlich des Ghara Surgh, ließen Pir Hasan links liegen und sahen uns genötigt, da wir den dortigen Kurden keineswegs trauen durften, längs des Dschebel Pir Mam nach Südost zu halten, um dann nach rechts umzubiegen und irgendwo zwischen dem Diyaleh und kleinen Zab den Tigris zu erreichen.[18]

Anmerkungen

  1. Turgut, Lokman: Mündliche Literatur der Kurden in den Regionen Botan und Hekarî Logos Verlag, Berlin 2010, S. 178-186
  2. Kaplan, Yaşar: The Battle of Qumri Street: A Narrative Song on an 18th Century Event. In: Derwaze: Kurdisches Journal für Sozial- und Humanwissenschaften, Ausgabe 3, März 2019, S. 122–135
  3. Ainsworth, William Francis: Travels and Researches in Asia Minor, Mesopotamia, Chaldea, and Armenia Vol. II, John W. Parker, London 1842 S. 203.
  4. Laurie, Thomas: Dr. Grant and the Mountain Nestorians. Gould and Lincoln, Boston 1853, S. 325.
  5. Laurie, Thomas: Dr. Grant and the Mountain Nestorians. Gould and Lincoln, Boston 1853, S. 258.
  6. Smith, Azariah: Contribution to the Geography of Central Koordistan In: Journal of the American Oriental Society, Second Volume, George P. Putnam, New York & London 1851, S. 65.
  7. Von der Anhöhe, auf der wir standen, konnten wir auch Kala Kumri sehen, die Residenz des Emirs von Berwari; während direkt zu unseren Füßen das kleine nestorianische Dorf Hayyis lag.
    Badger, George Percy: The Nestorians and Their Rituals, Volume I. Joseph Mastern, London 1852, S. 325.
  8. Layard, Austen Henry: Niniveh und seine Ueberreste, Neue wohlfeile Ausgabe Dyk'sche Buchhandlung, Leipzig 1854, S. 93.
    Inventar-Nr. KM0689 in Karl Mays Bibliothek.
  9. Lilian, M.Y.A .: Assyrians of the Van District during the Rule of Ottoman Turks, übersetzt von Rabi Fransa Babilla Assyrian Youth Cultural Society, Tehran 1968
  10. Zitat aus Wikipedia, Stand 24.07.2020:
    Anfal-Operation ist der vom Irak verwendete Name für die zwischen 1988 und 1989 in acht Phasen durchgeführten genozidalen Maßnahmen des irakischen Baath-Regimes unter Saddam Hussein gegen die kurdische Bevölkerung und andere Minderheiten wie die Assyrer, und Chaldäer im Nordirak.
  11. Bulletin de liaison et d'information N° 42, septembre 1988 Institut Kurde de Paris, S. 13
  12. Sinemillioglu, Hasan: Wiederaufbau des ländlichen Raumes unter den besonderen Bedingungen der Krise in Kurdistan / Irak, Dissertation, Technische Universität Dortmund 2011.
  13. Layard, Austen Henry: Niniveh und seine Ueberreste, Neue wohlfeile Ausgabe Dyk'sche Buchhandlung, Leipzig 1854, S. 83.
  14. Auch hier hält May sich an sein Vorbild Layard. Dieser schreibt:
    Ich war mit Bujuruldis oder Befehlen vom Pascha an die Behörden bis Amadijah versehen und mit einem Briefe an Abd-el-Summit Bey, den kurdischen Anführer der Berwari, durch dessen Territorium wir hindurch mußten.
    Layard, Austen Henry: Niniveh und seine Ueberreste, Neue wohlfeile Ausgabe Dyk'sche Buchhandlung, Leipzig 1854, S. 83.
  15. die Tijari sind ein assyrischer Stamm, nur bei Karl May werden sie irrtümlich als Kurden bezeichnet
  16. May berichtet hier eine weitgehend historische Tatsache. Lediglich die moralische Wertung muss man mit Vorsicht betrachten, da alle Berichte, die ins Abendland gelangten, von Christen, oft Missionaren, verfasst waren, deren Worten die Voreingenommenheit zugunsten der assyrischen Christen anzumerken ist.
  17. Karl May: Durchs wilde Kurdistan, Band 2 der Gesammelten Reiseromane, Verlag Friedrich Ernst Fehsenfeld, Freiburg 1892, S. 418, 424.
  18. Karl May: Von Bagdad nach Stambul, Band 3 der Gesammelten Reiseromane, Verlag Friedrich Ernst Fehsenfeld, Freiburg 1892, S. 8.

Weblinks