Lichtsieg

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Lichtsieg, auch Fackelträger, ist das Deckelbild Sascha Schneiders zu Karl Mays Reiseerzählungen Am Rio de la Plata und In den Cordilleren.

Entstehung der verschiedenen Fassungen

Das Deckelbild zu Am Rio de la Plata (1904)

Der Karton für das Titelbild wurde 1904 im ungefähren Format von 50 x 80 cm angefertigt.

Im Jahre 1920 erklärte Schneider Euchar Albrecht Schmid in Gegenwart von Klara May,

daß sein "Lichtsieg", den er im Jahre 1904 als Deckelbild für "Am Rio de la Plata"/"In den Cordilleren" im Rahmen der Sondereinband-Reihe zeichnete, gleichsam das "umgekehrte Gefühl der Abhängigkeit" sei: der geknechtete Mensch hat sich freigekämpft, aus dem Machtbereich des Ungeheuers; das Phantom liegt sterbend am Boden, und hellauf leuchtet die Fackel des Mannes, der sich durchgerungen hat. Sascha Schneider fragte mich: "Aber wer hat ihm die Fackel in die Hand gegeben?" – Ich erwiderte: "Karl May?" – "Vielleicht!" lautete seine Antwort.
Bei dieser Unterredung bat Frau May den Künstler, uns den "Lichtsieg" ebenfalls in Farbe zu geben [...][1]

Diesem Wunsch kam Schneider nach. Am 2. April 1920 schrieb er an Klara May:

Am Montag od. Dienstag[2] kommt mein Schüler, Lukas Peterich[3] zu Ihnen hinaus und holt den zweiten Rahmen für den "Fackelträger", ich muss den Rahmen des Malens wegen gleich hier haben, sonst gibt es wieder Irrtum. Die Farbenskizze dazu ist fertig und das Bild selbst soll nicht lange auf sich warten lassen.[4]

Auch in weiteren Briefen an Mays Witwe erwähnt Sascha Schneider das Bild und dokumentiert damit dessen Entstehung. So am 25. April:

Die späte Antwort erklärt sich deshalb, weil ich mit Fackelträger und dem "Verderben"[5] für Frau C. May [sic!] ganz angespannt beschäftigt bin. [...] I think you will guess the deep moral I put in this picture, just in view to the narrow mind of the Satan of yours. Perhaps it is a striking hint for the poor fellow. But, – you will see that demonical outbreak very soon.[6]

Am 29. April heißt es:

Das Gottsteinsche Werk[7] und der "Fackelträger" in den letzten Zügen.[8]

Am 9. Mai:

Ihr prometheischer Fackelträger ist fast fertig und ich bin "fast zufrieden" wie Dürer sagt. Es ist mindestens so gut wie der Kriegsruf[9]. Sie werden Ihre Freude daran haben. Das Bild trocknet noch, Mittwoch kommt eine letzte Retouche, dann wandert es mit dem andern Bilde zum Reproducenten für das May Jahrbuch.[10]
Das Ölgemälde Fackelträger/Lichtsieg (1920)

Am 16. Mai:

Fackelträger und Abhängigkeit[11] kommen am Dienstag[12] zu Römmler & Jonas.[13]

Eine Kopie des Ölgemäldes fertigte Sascha Schneider für den Leipziger Kaufmann Otto Gottstein (* 1892; † 1951) an. Dazu äußerte sich der Maler in seinem Brief an Klara May vom 11. Juli:

Aber darüber dann am Mittwoch, bei einer Tasse Kafé mündlich. [...] über die Reproduction des Gef[üh]l[s] d[er] Abhäng[igkeit] und des Fackelträgers ebendort.[14]

Und am 23. Juli schrieb er:

Die Copie für Gottstein[15] wäre auch schon weiter, aber der verflixte Rahmenmacher hat mich schlecht bedient. Heute holt er den Rahmen wieder zu einer Verbesserung ab. Ohne den Rahmen kann ich das Bild nicht fertig stellen, es dauert daher noch ein Weilchen, Gottstein muss sich schon in Geduld fassen.[16]

Am 30. Juli 1920 schickte Schneider die Rechnung an Klara May:

So ungeschickt wie möglich! Was? Ich habe noch aber nie solche "Rechnungen" geschrieben. Es klingt so albern!
M. 3000 sind für Ihren Fackelträger.
M. 10 000 sind für den Gedanken a. d. Unendliche.
Ist es gut so? Hope it is![17]

Die gleiche Summe nennt Schneider auf einem einzelnen Blatt, das auf den selben Tag datiert ist:

Loschwitz 30/7/20
Für den Karl-May-Verlag habe ich zwei Kunstwerke[18] ausgeführt, die zusammen M. 13 000 (dreizehntausend) sich beziffern.
Prof. S. Schneider[19]

Zur Fassung für Otto Gottstein im Brief an Klara May vom 31. August:

Der Fackelträger Gottsteins wird diese Woche fertig.[20]

Das Bild Lichtsieg gab es also offenbar in vier Versionen: Karton für das Deckelbild (1904) und drei Ölgemälde (für Klara May, Otto Gottstein und den Karl-May-Verlag; alle 1920).

Kritiken

In der Einleitung zur Sascha-Schneider-Mappe vergleicht Johannes Werner das Deckelbild mit dem zu Durchs wilde Kurdistan:

Den ähnlichen Gedanken drückt das Blatt 12 aus: Der Held läßt das Licht seiner Fackel in die Finsternis hineinleuchten und entdeckt das im Dunkel kriechende schreckliche Ungeheuer, gegen das er kämpfen soll. – Diese beiden Akte, wie diese beiden Blätter überhaupt, zählen wohl zu den besten dieser Sammlung; während bei jenem neben der ganzen Komposition die Energie der Aktion packend wirkt, ist bei dem zweiten besonders die Lichtwirkung vortrefflich gelungen.[21]

In der Besprechung der eben genannten Mappe äußert sich P[aul] K[ühn] 1905 über das Bild:

Die Jünglingsgestalt auf unserer Abbildung, dem Titelblatt zu Mays "Am Rio de la Plata", gehört zu seinen schönsten Akten. Sie ist eine Glanzleistung in der Durchbildung des geschmeidigen Leibes, der feinen Muskulatur, der Hautfläche, die durch die Lichtbehandlung zu voller Wirkung kommt. Das Bild selbst gibt das typische Schneidersche Symbol des Kampfes von Licht und Finsternis. Der nackte Jüngling, d. i. die jugendkräftige, von Idealen erfüllte Menschheit, führt erhobenen Armes die Lichtfackel, die Fackel der Erkenntnis, der Wahrheit, der Menschenliebe, in die ungestaltete Finsternis, die sich zu einem ungeheueren, schrecklichen Kriechtier zusammengeballt hat. Die Komposition erinnert an die altnordische mythische Vorstellung vom Kampf der Lichtgottheiten gegen die Reifriesen.[22]

Auch Arno Schmidt äußert sich 1963 in Sitara und der Weg dorthin unter § 35 kurz zu verschiedenen Blättern der Sascha-Schneider-Mappe, darunter auch zu diesem Bild:

12 noch 'Mehr Licht' : ein ganz-Nackter, von hinten gesehen, in der Hand die Phallus-Prothese eines Fackel-Stumpfes.[23]

In ihrer Dissertation schreibt Annelotte Range 1996 zu diesem Bild:

In Haltung und Aussage der Figur identisch, die in der "Kurdistan"-Illustration [...] in das Dornengestrüpp langt, um das Kreuz/Licht zu enthüllen, tritt der Held hiermit einer brennenden Fackel in der hocherhobenen Rechten beherzt in die Finsternis, in der ein Ungeheuer lauert.
[...]
Es ist die Illustration der Maxime Mays, die er immer wieder unter Beweis stellt, daß nämlich Scharfsinn, List, Mut und Geistesgegenwart der Anwendung rein physischer Kraft bei der Lösung aller Probleme überlegen sind. [...] Das sind prometheische Fähigkeiten, die May hier anspricht und Schneider mit dem Fackelträger artikuliert hat. Der Lichtbringer Prometheus ist ein Sinnbild menschlichen Geistes.

Die Autorin bringt hier außerdem Bezüge zu Max Klingers Werken Raub des Lichtes (1894) und Der Schuss (1915).[24]

Entwurf

Entwurfszeichnung für die Deckelbilder

Es gibt eine Entwurfszeichnung (28 x 32 cm) Sascha Schneiders für die Karl-May-Deckelbilder, die auf 1903 oder 1904 datiert wird. Diese Skizze wird sowohl von Roland Schmid als auch von Annelotte Range mit dem Lichtsieg in Verbindung gebracht. Im Anhang zur Reprintausgabe von Winnetou IV schreibt Schmid:

Beim Betrachten [des Entwurfs] entstand vermutlich die Ideenverbindung vom sonnenhaften Kometen zur im Sturm lodernden Fackel aus "Lichtsieg".[25]

Bei Range heißt es:

Eine nicht mehr zuzuordnende Entwurfszeichnung für die Deckelbilder [...] zeigt einen männlichen Akt in Verbindung mit einem helleuchtenden Licht, das einem strahlenden Himmelskörper gleicht. Die Haltung der Figur ähnelt dem Fackelträger. Der schräg vom Rücken gesehene, in erhaben wirkender Pose das Objekt gleichsam Präsentierende war offensichtlich, wie die noch vorhandenen Reste der Schriftzeichen (die abgeschnitten wurden) erkennen lassen, für einen Band mit einem längeren Titel bestimmt, etwa "Durch das Land der Skipetaren" oder "Durchs wilde Kurdistan". Modifiziert ist die Idee des Lichtbringens ja für die Decke zu "Kurdistan" realisiert worden. Das Gestirn als Sonne verstanden, als "Sonne der Gerechtigkeit" (Mal 3,20), wäre die Entwurfszeichnung auch als Illustration für das "Land der Skipetaren" vorstellbar gewesen.[26]

Sonstiges

Lichtsieg à la Lindeberg
Szene aus dem Syberberg-Film.
Links im Bild: das Ölgemälde

Anmerkungen

  1. E. A. Schmid: Dem Andenken Sascha Schneiders, S. A14.
  2. Also am 5. oder 6. April.
  3. Der Sohn Paul Peterichs.
  4. Steinmetz/Vollmer: Briefwechsel mit Sascha Schneider, S. 381.
  5. Gemeint ist das Bild Triumph des Weibes.
  6. Ich denke, Sie werden die tiefe Moral erahnen, die ich in dieses Bild legte, gerade im Hinblick auf den ärmlichen Geist des Satans auf Ihrem [Bild; dem Gemälde "Lichtsieg"]. Vielleicht ist es ein treffendes Zeichen für den armen Jüngling. Aber – Sie werden diesen dämonischen Ausbruch sehr bald sehen. Steinmetz/Vollmer: Briefwechsel mit Sascha Schneider, S. 386, 387.
  7. Gemeint ist das Bild Kriegerkopf.
  8. Steinmetz/Vollmer: Briefwechsel mit Sascha Schneider, S. 387.
  9. Aus dem Zyklus Kriegergestalten und Todesgewalten, 1914.
  10. Schneiders "Lichtsieg" erschien als Frontispiz des "Karl-May-Jahrbuchs 1921". Steinmetz/Vollmer: Briefwechsel mit Sascha Schneider, S. 390.
  11. Gemeint ist sein Bild Das Gefühl der Abhängigkeit.
  12. Also am 18. Mai.
  13. Die von Emil Römmler und Leopold Erasmus Jonas 1871 in Dresden gegründete 'Kunstdruck-Anstalt'; das Firmengebäude befand sich in der Blasewitzer Straße 27. Steinmetz/Vollmer: Briefwechsel mit Sascha Schneider, S. 393.
  14. Steinmetz/Vollmer: Briefwechsel mit Sascha Schneider, S. 394.
  15. Lichtsieg II – Otto Gottstein hatte sich offensichtlich statt des Kriegerkopfes für eine Replik des für Klara May gemalten Ölbildes Lichtsieg entschieden. Am 23. 9. 1920 schrieb Gottstein an Klara May: "Wie Sie gehört haben werden, habe ich vor einigen Tagen das mir seiner Zeit von der Ustad geschenkte Bild von Herrn Professor Sascha Schneider erhalten und möchte ich Ihnen zugleich im Namen meiner Frau nochmals herzlichst danken." – Am 5. 10. 1920 berichtete Euchar A. Schmid seinem Freund Otto Gottstein: "Breitkopf & Härtel wollen mit mir das farbige 'Gefühl der Abhängigkeit' und unseren 'Fackelträger' wechselseitig als Kunstblätter vertreiben. Ich schreibe nächster Tage, daß Du ein Original des Fackelträgers besitzest und daß Du sicherlich Herrn Geheimrat Dr. Volckmann [sic!] oder auch sonstigen Mitarbeitern des Verlags Breitkopf & Härtel das Bild zeigen würdest." Am 9. 10. 1920 teilte er Gottstein mit: "Sascha Schneider will nun sein Bild nicht als Fackelträger, sondern als 'Licht-Sieg' bezeichnet wissen, was Dich interessieren wird."
  16. Steinmetz/Vollmer: Briefwechsel mit Sascha Schneider, S. 395; dort auch die vorige Fußnote.
  17. Steinmetz/Vollmer: Briefwechsel mit Sascha Schneider, S. 397.
  18. Nämlich Der Gedanke an das Unendliche und Lichtsieg.
  19. Steinmetz/Vollmer: Briefwechsel mit Sascha Schneider, S. 397.
  20. Steinmetz/Vollmer: Briefwechsel mit Sascha Schneider, S. 398.
  21. Zitiert nach: Steinmetz/Vollmer: Briefwechsel mit Sascha Schneider, S. 498.
  22. Illustrierte Zeitung, Leipzig, 21. Dezember 1905. Zitiert nach: Steinmetz/Vollmer: Briefwechsel mit Sascha Schneider, S. 511.
  23. Arno Schmidt: Sitara und der Weg dorthin. Eine Studie über Leben, Werk & Wirkung Karl Mays. Reprint der Erstausgabe von 1963. S. Fischer Verlag Frankfurt am Main 1985, S. 332. ISBN 3-10-070620-X
  24. Range: Zwischen Max Klinger und Karl May, S. 79 f.
  25. R. Schmid: Anhang zur Reprint-Ausgabe, S. A18.
  26. Range: Zwischen Max Klinger und Karl May, S. 80.

Literatur

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