San Salvatore (Gedicht)

Aus Karl-May-Wiki
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San Salvatore ist ein Gedicht von Karl May und gehört zur fragmentarischen Gedichtesammlung Eine Pilgerreise in das Morgenland.

Text

   San Salvatore.
Sei mir gegrüßt, San Salvadore,
  Du hochgebautes Gotteshaus!
Lugano's herrlichste Empore,
  Schaust weit Du übers Land hinaus
Ich hör dein frommes Glöcklein schlagen
  Und folge diesem Rufe gern,
Denn seine Stimme will mir sagen:
  "Steig auf, steig auf zu Gott, dem Herrn!"
Von goldnem Sonnenglanz belichtet,
  Liegt weiß die Stadt am blauen See,
Ein Märchen, von Gott selbst gedichtet,
  Und seine Güte ist die Fee.
Grünsammtne Matten zu den Füßen,
  Stehn eng die Bergeswächter da,
Gebenedeit von dir, der süßen
  Kapelle Salvadoria.
Sei nochmals mir gegrüßt! Ich trete
  In deine heilge Kühle ein
Und bin gewillt, Dir im Gebete
  Ein andachtsvoller Gast zu sein.
Ich will dem großen Meister sagen,
  Daß all die Herrlichkeit und Pracht,
Die ich geschaut in diesen Tagen,
  Mich so unendlich glücklich macht.
Ich muß von Herzen ihm gestehen,
  Wie heilsam dieses Glück mir ist,
Da es mich zwingt, zu Dir zu gehen,
  Die Du der Demuth Stätte bist.
Ich muß hier seinen Namen preisen
  Dem keines Menschen Namen gleicht,
Will Dank & Ehre ihm erweisen
  Den nie ein Sterblicher erreicht.
Schon will ich meine Hände falten,
  Doch – – ist es Wahrheit, ist es Trug?
Darf ich es wohl für möglich halten?
  Da liegt – – da liegt – – ein "Fremdenbuch"!
Ich seh es vor mir aufgeschlagen
  Und les das letztbeschrieb 'ne Blatt:
"Reservelieutenant von Hagen",
  "Frau Bankjeh Cohn aus Hermannstadt"!
Wie still ich vor dem Buche stehe,
  Wohl eine ganze, ganze Zeit!
Mir thuts um diese Menschen wehe
  Und um den heilgen Ort so leid.
Dann denke ich bei mir: "Ihr Beide
  Sollt wohl die letzten Sünder sein!"
Und trage auf die nächste Seite
  Mit doppelt großen Lettern ein:
"Gelobt seist Du, oh Salvatore!
  Es sei in Deinem Heiligthum
Hier auf und unter diesem Chore
  Nur Deinem Namen Preis und Ruhm.
Und ist noch Einer so vermessen,
  Hier zu "verewigen" sein Nichts,
So sei sein Name einst vergessen
  Dafür am Tage des Gerichts!"
Zwei Stunden sind wohl kaum verstrichen,
  Als nochmals ich zum Kirchlein geh
Und wieder vor den öffentlichen
  Entwürdigenden Blättern steh.
Darf ich wohl meinen Augen trauen?
  Ich find mich schon nicht mehr zuletzt;
Die Strophe ist in sehr genauen
  Gereimten Versen fortgesetzt:
"Der allerdümmste Kerl auf Erden
  Ist Der, der diesen Quatsch geschmiert;
Er wird bald reif zum Tollhaus werden
  Und mit dem Rohrstock auskurirt."
Dann folgt ein halbes Dutzend Namen,
  Doch aber ich verschweig sie gern,
Darunter die von 2 "Madamen"
  Und einem hochstudirten Herrn.
Ich will nichts sagen, will nichts denken
  Und reiße nur das Blatt heraus;
Vorüber an den leeren Bänken,
  Verlasse ich das Gotteshaus.
Wie konnte man mit diesem Buche
  Oh Salvatore, dich entweihn!
Wer widmete es Dir zum Fluche?
  Wer mag der fromme Herr wohl sein?![1]

Textgeschichte

Während seiner Orientreise traf Karl May am 31. März 1899 in Lugano ein, wo er auch die im Gedicht beschriebene Bergkapelle San Salvatoria besuchte. Auf dem Titelblatt der Pilgerreise hat May vermerkt, dass er das Manuskript am 20. April 1899 in Kairo begonnen habe. Möglicherweise entstand bereits in Lugano ein Entwurf zu dem Gedicht San Salvatore, der aber nicht erhalten ist. Es ist davon auszugehen, dass das Poem erst im April in Ägypten vollendet wurde. Ob das Werk auf einem wirklichen Erlebnis oder auf dichterischer Fiktion beruht, ist unbekannt.[2]

aktuelle Ausgaben

Sonstiges

Am Abend des 23. September 2001 enthüllte Elmar Elbs zusammen mit Reinhold Wolff in Lugano eine Gedenktafel im Andenken an den dortigen Aufenthalt Karl Mays. Die Tafel stammt von Elmar Elbs und zeigt ein stilisiertes Karl-May-Porträt mit einem aufgeschlagenen grünen Band und dazu das von ihm grafisch gestaltete Gedicht San Salvatore.[3]

Anmerkungen

  1. Jb-KMG 2009, S. 116-118.
  2. Dieter Sudhoff/Hans-Dieter Steinmetz: Karl-May-Chronik II. Sonderband zu den Gesammelten Werken. Karl-May-Verlag BambergRadebeul 2005, S. 211–213. ISBN 978-3-7802-0170-6.
  3. Markus Rudin/Annelotte Pielenz: Auf den Spuren Karl Mays in der Schweiz. In: KMG-Nachrichten Nr. 130/2001. (Onlinefassung)

Literatur

  • Hartmut Vollmer: Karl Mays Gedichtsammlung "Eine Pilgerreise in das Morgenland". In: Jb-KMG 2009, S. 121–126.

Weblinks