Sitara

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Sitara
im Werk Karl Mays
Weltkarte1911.jpg

Ardistan und Dschinnistan I
nur erwähnt in:
Im Reiche des silbernen Löwen IV
Babel und Bibel
Mein Leben und Streben

Sitara ist eine fiktive Landschaft im Spätwerk Karl Mays ohne genaue Lokalisation.

Ardistan und Dschinnistan[Bearbeiten]

1907/08 in Ardistan und Dschinnistan I heißt es:

Meine neue Erzählung beginnt in Sitara, dem in Europa fast gänzlich unbekannten "Land der Sternenblumen", von dem ich im "Reiche des silbernen Löwen" erzählt habe.[1]

Offenbar handelt es sich um ein Land, das irgendwo zwischen Nahem und Fernem Osten gesucht werden müsste[2], und zwar auf der Südhalbkugel. Seine Hauptstadt heißt Ikbal und liegt auf einer Insel in einem Flussdelta am Meer. Die Regentin von Sitara ist Marah Durimeh. Sitara liegt mehrere Tagesreisen zur See vom Wohnort der Ussul entfernt und ist dort eher als Mythos denn als Realität bekannt, auch wenn einige der Ussul - z.B. die Priesterin - ihre Herkunft auf Sitara zurückführen.

Marah Durimeh will einen drohenden Krieg zwischen Ardistan und Dschinnistan verhindern. Deshalb sendet sie Kara Ben Nemsi und Hadschi Halef Omar mit einem Schnellsegler an die Küste von Ussulistan.

Das Märchen von Sitara[Bearbeiten]

In Mays Autobiographie Mein Leben und Streben (1910) finden wir als Eingangskapitel "Das Märchen von Sitara", wo dieser Ort nun allerdings zu einem eigenen Planeten verselbständigt wird:

"Wenn man von der Erde aus drei Monate lang geraden Weges nach der Sonne geht und dann in derselben Richtung noch drei Monate lang über die Sonne hinaus, so kommt man an einen Stern, welcher Sitara heißt. Sitara ist ein persarabisches Wort und bedeutet eben 'Stern'.
Dieser Stern hat mit unserer Erde viel, sehr viel gemein. Sein Durchmesser ist 1700 Meilen und sein Aequator 5400 Meilen lang. Er dreht sich um sich selbst und zugleich auch um die Sonne. Die Bewegung um sich selbst dauert genau einen Tag, die Bewegung um die Sonne ebenso genau ein Jahr, keine Sekunde mehr oder weniger. Seine Oberfläche besteht zu einem Teile aus Land und zu zwei Teilen aus Wasser. Aber während man auf der Erde bekanntlich fünf Erd- oder Weltteile zählt, ist das Festland von Sitara in anderer, viel einfacherer Weise gegliedert. Es hängt zusammen. Es bildet nicht mehrere Kontinente, sondern nur einen einzigen, der in ein sehr tiefgelegenes, sümpfereiches Niederland und ein der Sonne kühn entgegenstrebendes Hochland zerfällt, welche beide durch einen schmäleren, steil aufwärtssteigenden Urwaldstreifen mit einander verbunden sind. Das Tiefland ist eben, ungesund, an giftigen Pflanzen und reißenden Tieren reich und allen von Meer zu Meer dahinbrausenden Stürmen preisgegeben. Man nennt es Ardistan. Ard heißt Erde, Scholle, niedriger Stoff, und bildlich bedeutet es das Wohlbehagen im geistlosen Schmutz und Staub [...] Das Hochland hingegen ist gebirgig, gesund, ewig jung und schön im Kusse des Sonnenstrahles, reich an Gaben der Natur und Produkten des menschlichen Fleißes, ein Garten Eden, ein Paradies. Man nennt es Dschinnistan. Dschinni heißt Genius, wohltätiger Geist, segensreiches, unirdisches Wesen, und bildlich bedeutet es den angeborenen Herzenstrieb nach Höherem, das Wohlgefallen am geistigen und seelischen Aufwärtssteigen [...}. Dschinnistan ist also das Territorium der wie die Berge aufwärtsstrebenden Humanität und Nächstenliebe, das einst verheißene Land der Edelmenschen.
Tief unten herrscht über Ardistan ein Geschlecht von finster denkenden, selbstsüchtigen Tyrannen, deren oberstes Gesetz in strenger Kürze lautet: 'Du sollst der Teufel deines Nächsten sein, damit du dir selbst zum Engel werdest!' Und hoch oben regierte schon seit undenklicher Zeit über Dschinnistan eine Dynastie großherziger, echt königlich denkender Fürsten, deren oberstes Gesetz in beglückender Kürze lautet. 'Du sollst der Engel deines Nächsten sein, damit du nicht dir selbst zum Teufel werdest!'
[...] zwischen Ardistan und Dschinnistan liegt Märdistan, jener steil aufwärtssteigende Urwaldstreifen, durch dessen Baum- und Felsenlabyrinthe der unendlich gefahrvolle und beschwerliche Weg nach oben geht. Märd ist ein persisches Wort; es bedeutet 'Mann'. Märdistan ist das Zwischenland, in welches sich nur 'Männer' wagen dürfen; jeder Andere geht unbedingt zu Grunde. Der gefährlichste Teil dieses fast noch ganz unbekannten Gebietes ist der 'Wald von Kulub'. Kulub ist ein arabisches Wort; es bedeutet die Mehrzahl des deutschen Wortes 'Herz'. Also in den Tiefen des Herzens lauern die Feinde, die man, einen nach dem andern, zu besiegen hat, wenn man aus Ardistan nach Dschinnistan entkommen will. Und mitten in jenem Walde von Kulub ist jener Ort der Qual zu suchen, von dem es in 'Babel und Bibel', Seite 78 heißt:
'Zu Märdistan, im Walde von Kulub,
Liegt einsam, tief versteckt, die Geisterschmiede.
Da schmieden Geister?'
'Nein, man schmiedet sie!'
[...] Jeder Bewohner des Sternes Sitara kennt die Sage, daß die Seelen aller bedeutenden Menschen, die geboren werden sollen, vom Himmel herniederkommen. Engel und Teufel warten auf sie. Die Seele, welche das Glück hat, auf einen Engel zu treffen, wird in Dschinnistan geboren, und alle ihre Wege sind geebnet. Die arme Seele aber, welche einem Teufel in die Hände fällt, wird von ihm nach Ardistan geschleppt und in ein um so tieferes Elend geschleudert, je höher die Aufgabe ist, die ihr von oben mitgegeben wurde. Der Teufel will, sie soll zu Grunde gehen, und ruht weder bei Tag noch bei Nacht, aus dem zum Talent oder gar Genie Bestimmten einen möglichst verkommenen, verlorenen Menschen zu machen. Alles Sträuben und Aufbäumen hilft nichts; der Arme ist dem Untergange geweiht. Und selbst wenn es ihm gelänge, aus Ardistan zu entkommen, so würde er doch in Märdistan ergriffen und nach der Geisterschmiede geschleppt, um so lange gefoltert und gequält zu werden, bis er den letzten Rest von Mut verliert, zu widerstreben."[3]

Arno Schmidt[Bearbeiten]

Arno Schmidt in "Sitara und der Weg dorthin" betrachtete diesen Ort als Symbol für die (homoerotische) Liebeserfüllung, von der Karl May seiner Ansicht nach träumte. Diese Ansicht ist jedoch mittlerweile widerlegt.

Anmerkungen[Bearbeiten]

  1. Karl May: Der Mir von Dschinnistan. In: Deutscher Hausschatz 1908/09, 1. Kap., S. 5.
  2. Wenn Marah Durimeh von der "gelben Rasse" (gemeint ist China und Japan) spricht, zeigt sie nach Osten, für den Indianer nach Westen.
  3. Karl May: Mein Leben und Streben. Band I. Verlag Friedrich Ernst Fehsenfeld, Freiburg 1910, 1. Kap., S. 1 f.