Tharthar

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Tharthar
im Werk Karl Mays
Weltkarte1911.jpg

Durch die Wüste
Von Bagdad nach Stambul
Nûr es Semâ - Himmelslicht

Der Tharthar, seltener Thathar genannt, war ein Fluss in Mesopotamien. Er speiste sich aus mehreren Quellflüssen am Südhang des Sindschar-Gebirges[1] und verlor sich nach etwa 300 Kilometern Lauf in südlicher Richtung in zwei Salzseen, El-Malih und Sabakhah;[2] westlich des Tigris ungefähr auf dem 34. Breitengrad. Großenteils verlief er in rund 40-50 Kilometer Abstand parallel zum Tigris.

In der Antike konnte er die bedeutende Stadt Hatra[3] über einen kurzen Kanal mit Wasser versorgen,[4] und noch im neunzehnten Jahrhundert führte er nach mehreren Berichten abendländischer Reisender ganzjährig Wasser und musste manchmal schwimmend durchquert werden, weil keine Furt zu finden war.[5]

Bereits im Jahr 1837 allerdings wird berichtet, dass der Tharthar wegen exzessiver Wasserentnahme nahe seiner Quellen zeitweise außergewöhnlich wenig Wasser führte;[6] inzwischen ist er versiegt. Sein Tal ist aber als Trockental noch unter dem Namen Wadi Tharthar bekannt.

im Werk Karl Mays

Route von Bagdad über den Tharthar nach Damaskus

Orientzyklus

May nennt den Fluss entsprechend der von ihm verwendeten Quelle[7] Thathar. Er erwähnt ihn im ersten und im dritten Band des „Orientzyklus“ mehrmals zur geografischen Einordnung, und Kara Ben Nemsi überquert ihn einige Male im ersten Band sowie zuletzt im dritten Band:

Nachdem wir uns in Bagdad gehörig erholt und mit dem Nötigen versehen hatten, reisten wir ab und ließen nur für etwaige Anfragen die Nachricht zurück, wo wir zu finden seien. Wir ritten über Samara nach Tekrit und bogen dann nach West zum Thathar ab, um den Stämmen zu entgehen, mit denen wir früher im Thale der Stufen feindlich zusammengekommen waren, und trafen eine Tagreise vor den berühmten Ruinen von El Hather zwei Männer, welche uns sagten, daß die Schammar sich von ihren gewöhnlichen Weideplätzen nach Südwest gegen El Deïr am Euphrat gezogen hätten, um den fortgesetzten Feindseligkeiten des Gouverneur von Mossul auszuweichen. Dort langten wir, ohne irgend eine Unterbrechung unserer Reise erlitten zu haben, glücklich an.[8]

Nûr es Semâ - Himmelslicht

In der Erzählung „Nûr es Semâ - Himmelslicht“ gelangen Kara Ben Nemsi und Halef auf dem Weg zu den Haddedihn an den Tharthar:

Der Tharthar hat im Sommer wenig oder fast gar kein Wasser; dann giebt es nur an seinen Ufern etwas Grün; in der Steppe aber sind die Pflanzen vollständig abgestorben, und die Beduinen halten sich mit ihren Herden in der Nähe des Tigris oder suchen den westwärtsfließenden Euphrat auf. Jetzt gab es Wasser in dem Flüßchen, doch nicht so viel, daß uns der Übergang schwer geworden wäre. Wir konnten, wenn es notwendig war, in jedem Augenblicke hinüber und wieder herüber, ganz wie es unsere Sicherheit erforderte.[9]

May hat für seine Reiseerzählungen im Orient mehrere geografische Werke studiert, die er in seiner Bibliothek hatte. Hatte er sich beim zeitlich davor liegenden Orientzyklus in diesem Bereich ausschließlich auf Layard und dessen Karte gestützt, so erkennt man hier ein zwischenzeitlich vertieftes Wissen. Nicht nur verwendet er jetzt den gebräuchlicheren Namen Tharthar, sondern auch die Information über dessen sinkenden Wasserstand.

Anmerkungen

  1. May erwähnt den Dschebel Sindschar bzw. den Sindschar etliche Male in den ersten beiden Bänden des Orientzyklus.
  2. Es ist davon auszugehen, dass es sich hierbei nicht um Eigennamen, sondern um generische Bezeichnungen handelt. „El Malih“ bedeutet „der Salzige“ und „Sabakhah“ bedeutet „Salzsee“. Angesichts des damaligen Standes der Geografie und der verfügbaren Karten (siehe hierzu den Abschnitt Geografische Aspekte im Artikel Orientzyklus) und nach einem Vergleich mit späteren Karten ist es sehr wahrscheinlich, dass es sich in Wirklichkeit um ein und denselben Salzsee handelt.
    Auch Rich schreibt 1821, dass der Tharthar sich in den Salzsee ergießt.
    May erwähnt den 'Sabakah-See' im Orientzyklus: Karl May: Durch Wüste und Harem. Verlag Friedrich Ernst Fehsenfeld, Freiburg 1892, S. 334.
  3. Die Ruinen von Hatra waren im 19. Jahrhundert das Ziel mehrerer Forschungsreisender, und May erwähnt sie als 'El Hather' im Orientzyklus
    Karl May: Von Bagdad nach Stambul Verlag Friedrich Ernst Fehsenfeld, Freiburg 1892, S. 354.
  4. Amari, Michele: Solwan; or, Waters of Comfort. By Ibn Zafer, a Sicilian Arab of the Twelfth Century. Vol. II. Richard Bentley, London 1852, S. 316.
  5. Ross, John: Notes on Two Journeys from Baghdád to the Ruins of Al Hadhr, in Mesopotamia, in 1836 and 1837 In: The Journal of the Royal Geographical Society of London, Vol. 9, John Murray, London 1839, S. 455.
  6. Ross, John: Notes on Two Journeys from Baghdád to the Ruins of Al Hadhr, in Mesopotamia, in 1836 and 1837 In: The Journal of the Royal Geographical Society of London, Vol. 9, John Murray, London 1839, S. 463.
  7. Layard, Austen Henry: Niniveh und seine Ueberreste, Neue wohlfeile Ausgabe Dyk'sche Buchhandlung, Leipzig 1854, S. 64.
    Inventar-Nr. KM0689 in Karl Mays Bibliothek.
  8. Karl May: Von Bagdad nach Stambul Verlag Friedrich Ernst Fehsenfeld, Freiburg 1892, S. 354.
  9. Karl May: Nûr es Semâ. – Himmelslicht. Reiseerlebnis von Karl May. In: Benziger’s Marien-​Kalender für das Jahr 1893. Verlag von Benziger & Co., Einsiedeln–​Waldshut 1892, S. 65.