Was sind das für Accorde doch (Gedicht)
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Was sind das für Accorde doch ist ein Gedicht von Karl May.
Inhaltsverzeichnis
Text
- Was sind das für Accorde doch,
- Die draußen jetzt erklingen
- Und heimlich durch das Schlüsselloch
- In meine Stube dringen?
- Ah, dieser wohlgestimmte Klang
- Ist mir ein theurer, lieber;
- Er kommt, ich kenne ihn schon lang,
- Jenseits des Rheins herüber.
- Dort hauset ein Kommerzienrath
- In einem tiefen Keller,
- Der viele schöne Weine hat,
- Bald roth und auch bald heller.
- Ich habe ihm mein Herz geschenkt
- Nebst all den lieben Seinen,
- Und wenns an seinen Keller denkt,
- Da fängt es an, zu "weinen".
- Kein Schmerz, kein Kummer trägt die Schuld;
- Das soll ja Niemand wähnen;
- Nein, seiner Freundschaft, seiner Huld
- Verdank ich diese Thränen.
- Nicht von den Wimpern tropfen sie;
- Ich kann mich gut besinnen,
- Daß sie von keinem Parapluie,
- Von keinem Dache rinnen;
- O nein! Wenn sie mit goldner Fluth
- Aus Flaschenhälsen fließen,
- Wird mir so dankbar froh zu Muth,
- Und wann muß ich ihn grüßen!
- Drum höre ich die Stimmen gern,
- Die heute hier erschallen,
- Sie sind, ob leider von so fern,
- Die liebsten mir von allen.
- Es muß "der Organistin" Hand
- Wohl in die Tasten greifen,
- Denn es ertönen mit einand'
- Jetzt alle Orgelpfeifen,
- Zunächst ein Stimmchen, weich wie Schnee,
- Vor Liebe anzubeißen;
- Es ist Flauta amabile,
- Doch Hadwig sonst geheißen,
- Dann kommt die Camba viola
- Mit wunderbarem Tone;
- Die heißt wohl Else? Nicht wahr? Ja?
- O, die ist auch nicht ohne!
- Hierauf die Vox angelica,
- Mein Magd'chen süß und milde;
- Ich kenne sie; sie steht auch da
- Auf meinem "Pfeifen"-Bilde.
- Auch Vox humana höre ich
- Mit schon 'was kräftgerm Schalle;
- Ich glaube, das ist sicherlich
- Gertrud auf jedem Falle.
- Und fünftens – – – aus Aschaffenburg,
- Da höre ich doch keine!
- So weit dringt wohl der Ton nicht durch?
- Drum fehlt mir leider Eine!
- Doch dafür klingt ein andrer Ton,
- Wie Prima Violine;
- Das ist wohl Mama? Hat ihn schon!
- Grüß Gott, Frau Aeoline!
- Und endlich dringt nun auf einmal
- Durch Wände und durch Thüren
- Der "16 füßge Prinzipal",
- Den Grundbaß zu markiren. –
- Und wenn auch ich 'was sagen muß,
- So will ichs gern beschwören:
- Es ist ein wahrer Hochgenuß,
- So ein Concert zu hören!
- Wer es nicht selbst vernommen hat,
- Der kann es nicht begreifen.
- O, Deidesheim, Du Kränzler-Stadt,
- Was hast Du doch für Pfeifen.
- Wenn von "Maria" gut gespielt,
- Tönt Ihr durch alle Mauern;
- Bis in die Fingerspitzen fühlt
- Man es mit tiefen Schauern.
- Bei solchen Pfeifen muß es ja
- Sehr leicht sein, hier auf Erden
- Auf Orgel und in musica
- Ein Virtuos zu werden! –
- Nun mein Gedicht ein Ende nimmt,
- Erbitt ich mir zum Lohne:
- O, werdet ja niemals verstimmt;
- Bleibt bei dem heutgen Tone,
- Bis ich als Organistenzwerg
- Nach so und so viel Tagen
- Selbst komm zu Euch nach Ruppertsberg,
- Die Klaviatur zu schlagen!
- Ihr glaubt ja gar nicht, wie gewandt
- Und wie viel tausend Male
- Schon schlug der starke Shatterhand
- Auf Ped- und Manuale!
- Wir kommen sicher bald einmal
- In großen, hellen Haufen
- Beim Sonnen- oder Mondesstrahl
- Bis an die Hardt gelaufen.
- Inzwischen, bitte, bleibt getreu
- Im schönen Pfälzer Lande
- dem Onkel und der Tante May
- besonders aber der Tante![1]
Textgeschichte
Am 16. Oktober 1896 schrieb Karl May dieses Gedicht als Brief an Familie Seyler.[2] Diese Familie bestand aus dem Ehepaar Emil (Der "16 füßige Prinzipal") und Agnes Seyler (Frau Aeoline) und den fünf Töchtern (Orgelpfeifen) Tony (aus Aschaffenburg, wo sie einige Zeit lebte), Gerta (Vox humana), Magda (Vox angelica), Else (Gamba viola) und Hedwig (Flauta amabile).[3] Letztere wurden von der Hauslehrerin Maria Giantini ("der Organistin") betreut.
Das Poem wurde zu Karl Mays Lebzeiten nicht veröffentlicht.
aktuelle Ausgaben
- Fritz Maschke: Karl May und Emma Pollmer. Die Geschichte einer Ehe. Beiträge zur Karl-May-Forschung Band 3. Karl-May-Verlag Bamberg 1973, S. 227. ISBN 3-7802-3068-2 [Neusatz]
Anmerkungen
- ↑ Maschke: Karl May und Emma Pollmer, S. 247–249.
- ↑ Maschke: Karl May und Emma Pollmer, S. 247–249.
- ↑ Siehe auch Liste von Orgelregistern.