Der Landrichter

Aus Karl-May-Wiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Umschlag von "Der Landrichter"
Textanfang von "Der Landrichter"

Der Landrichter. Eine Geschichte vom Lande ist eine von Alexander Krell verfasste Erzählung, die 1863 im Verlag R. Zückler in Zwickau veröffentlicht wurde. Eine zweite Auflage erschien 1867.[1]

Inhalt[Bearbeiten]

Die Erzählung spielt im Dorf Lugnitz um das Jahr 1840. Landrichter Bachstein besitzt ein Gut an dem einen Ende des Dorfes, in dem er unter anderem auch eine kleine Brennerei betreibt – für die Dorfbewohner eine ungeheuerliche Neuerung. Bachstein liest viel und betreibt auch ernste und ehrenwerte Studien, vor allem landwirtschaftliche. Allerdings ist er auch häufig beim Lesen von Büchern aus der Leihbücherei anzutreffen.

Bachstein will seine beiden Söhne Franz und Heinrich aus dem Dorf fortschicken, damit sie sich zu Feldmessern ausbilden lassen. Das ist unter den Bauern nicht unumstritten, die teils nicht verstehen können, wie man die eigenen Söhne in die Fremde schicken kann. Franz ist zuvor schon mehrere Male auswärts gewesen, hat als Verwalter und Inspektor auf Rittergütern Erfahrungen gesammelt und ist erst seit vier Wochen wieder in Lugnitz. Heinrich geht nur ungern von zu Hause fort, da er sich in Johanne Reichel, die Tochter von Bachsteins ärgstem Kontrahenten, dessen Gut am anderen Ende des Ortes liegt, verliebt hat. Seine Mutter ist die einzige, die dieses Geheimnis Heinrichs kurz vor der Abreise der Brüder noch erfährt.

Nachdem die Brüder ihre Studien aufgenommen haben, erkrankt Landrichter Bachstein während des Winters und bekommt im Frühjahr beim Gesang der Stare Todesahnungen. Deshalb lässt er Lehrer Schneider kommen, ein geachtetes Mitglied der Dorfgemeinschaft von etwa 26 Jahren, um mit ihm über diese Ängste zu sprechen. Schneider kann Bachstein zwar beruhigen, erkennt aber den Ernst der Lage und informiert mit Einverständnis von Bachsteins Frau den älteren Sohn Franz vom Zustand seines Vaters.

Während der folgenden Zeit kümmert sich der Lehrer auf den Wunsch Bachsteins hin um die Aufsicht über die Arbeiten auf dem Gut des Landrichters. Als der Zustand des Landrichters ernster wird, kehrt Heinrich unter dem Vorwand, nicht für die Feldmesserei geeignet zu sein, nach Lugnitz zurück. Hier erfährt sein inzwischen schon sehr geschwächter Vater von seiner Liebe zu Johanne und willigt in die Verbindung ein. Auf seine Bitte hin vermittelt Lehrer Schneider eine Zusammenkunft mit Reichel, der dieser Bitte nur zögernd nachkommt. Bachstein zeigt Reichel auf, dass sein Gut auf einer soliden Grundlage steht und kommt schließlich auf die Beziehung von Heinrich und Johanne zu sprechen. Als Reichel seine Zustimmung zu einer Verbindung energisch verwehrt, überzeugt ihn Bachstein schließlich mit dem Hinweis auf seinen eigenen Zustand: Noch vor kurzer Zeit sei er kräftiger und rüstiger gewesen als Reichel. Dieser würde heuten noch toben und wüten und würde seinen Willen nicht beugen wollen, in einem Jahr vielleicht könne er ebensoweit sein wie der Landrichter. Erschüttert stimmt Reichel daraufhin der Verbindung von Johanne und Heinrich zu.

Die Erzählung endet mit dem Begräbnis des Landrichters.

Bedeutung[Bearbeiten]

Karl May, der während seiner Haft in der Strafanstalt Osterstein für den Directorial-Assistenten Alexander Krell als Schreiber arbeitete – vermutlich von Ende 1867 bis 1868[2] – und in dieser Funktion am "Jahresbericht über Zustände und Ergebnisse bei der Strafanstalt Zwickau" und am "Bericht an die Direction der Königlich Sächsischen Strafanstalt Zwickau, erstattet am 7. August 1868", enthalten in "Das Zellenhaus bei der Strafanstalt Zwickau", mitarbeitete,[3] wusste, dass Krell sich schriftstellerisch betätigte, nennt aber in diesem Zusammenhang in seiner Selbstbiografie Mein Leben und Streben Krells "Landrichter" nicht, sondern geht nur auf die berufliche schriftstellerische Tätigkeit Krells ein: Mein Inspektor war nämlich neben seiner Direktion des Isolierhauses noch beruflich schriftstellerisch tätig. Diese seine Tätigkeit bezog sich auf die besondere Statistik unserer Anstalt und auf das Wesen und die Aufgaben des Strafvollzuges überhaupt. Er schrieb die hierauf bezüglichen Berichte und stand mit allen hervorragenden Männern des Strafvollzuges in lebhafter Korrespondenz.[4]

Hainer Plaul[5] sieht einen Zusammenhang zwischen Mays zu dieser Zeit entstandenem Fragment Offene Briefe eines Gefangenen und dem "Landrichter". Krells Erzählung spielt in Lugnitz und die Offenen Briefe Mays enden laut Plaul[6] mit dem Satz: So kam ich nach Lugnitz. Dass der Ortsname bei der Veröffentlichung des Fragments im Jahrbuch der Karl-May-Gesellschaft 1971 "Lungwitz" geschrieben wird,[7] beruht laut Plaul auf einem Lesefehler.[8] Die – nach Plaul falsche – Schreibweise "Lungwitz" wurde zunächst auch im Abdruck der Offenen Briefe in Band 79 von Karl May's Gesammelten Werken[9] übernommen, in späteren Auflagen aber durch "Lugnitz" ersetzt.[10]

Anmerkungen[Bearbeiten]

  1. Hainer Plaul: "Besserung durch Individualisierung", in: Jahrbuch der Karl-May-Gesellschaft 1975, S. 194, Anm. 85.
  2. Plaul: "Besserung durch Individualisierung", S. 154.
  3. Gerhard Klußmeier/Hainer Plaul: Karl May und seine Zeit, S. 95.
  4. Karl May: Mein Leben und Streben, S. 129.
  5. Plaul: "Hinter den Mauern" und andere Fragmente aus der Haftzeit, in: Jahrbuch der Karl-May-Gesellschaft 1971, S. 143. (Onlinefassung)
  6. Plaul: "Besserung durch Individualisierung", S. 175.
  7. Plaul: "Hinter den Mauern" ..., S. 128.
  8. Plaul: "Besserung durch Individualisierung", S. 198, Anm. 155.
  9. Old Shatterhand in der Heimat, 1.–20. Tsd., Karl-May-Verlag Bamberg 1997, S. 260.
  10. Old Shatterhand in der Heimat, 36. Tsd., S. 260.