Kirchlein mein, Kirchlein klein (Gedicht)

Aus Karl-May-Wiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Kirchlein mein, Kirchlein klein ist ein Gedicht von Karl May.

Text[Bearbeiten]

"Kirchlein mein, Kirchlein klein,
Könnt so fromm wie du ich sein!
Deine Höhe zu erreichen,
Will ich dir an Demut gleichen.
Kirchlein mein, Kirchlein klein,
So wie du will stets ich sein!"[1]

Textgeschichte[Bearbeiten]

Das Gedicht ist in Karl Mays Reiseerzählung Im Reiche des silbernen Löwen IV (1903) enthalten, die zum Spätwerk des Schriftstellers gehört. Es wird einmal genannt, während der Ich-Erzähler sich im Hohen Haus des Ustad umsieht:

Ich nahm sie [nämlich die Lampe] vom Tische weg, um die beiden Nebenräume anzusehen, welche rechts und links an dieses Zimmer stießen. Der eine war zum Schlafen bestimmt. Ein weiß überzogenes Bett. Ich fühlte das Leinen an und war geneigt, es für europäisches zu halten. Die Wände zeigten keinen andern Schmuck als nur ein einziges, primitiv eingerahmtes Bild von sehr bescheidener Größe. Es hing der Fensterseite gegenüber. Als ich die Lampe hoch hielt, um es zu betrachten, sah ich, daß es eine mit großer Liebe ausgeführte Federzeichnung war und eine auf Bergeshöhe stehende kleine Dorfkirche vorstellte. Es handelte sich hier augenscheinlich nicht um ein Werk der Phantasie, sondern dieses Gotteshäuschen war ohne allen Zweifel hier nach der Wirklichkeit wiedergegeben. Unter dem Bilde standen einige geschriebene Zeilen. Ich las:
  "Kirchlein mein, Kirchlein klein, [...]
Wer hatte das geschrieben? Und für wen war es geschrieben worden? Wenn der Schreiber ein Dichter war, so hatte es ihm hier sehr fern gelegen, mit seinem Geiste zu prahlen. Wo gäbe es wohl einen Menschen, der einem gottgeweihten Hause gegenüber sich nicht klein zu fühlen hätte! Selbst der größte der Dichter würde wissen, daß er dem prunkenden Reime zu entsagen habe, falls er im Geiste zur Kirche gehen wolle. Der wirklich Größeste wird hier am feinsten sein.[2]

Ein weiteres Mal wird das Gedicht zitiert, als der Ich-Erzähler das Kirchlein selbst entdeckt:

Die Halle trug kein eigentliches Dach, sondern, ähnlich wie die schwebenden Gärten der Semiramis, eine zweite, umfangreiche Blumenanlage, aus welcher zu meinem frohen Erstaunen ganz genau jenes kleine Dorfkirchlein emporstieg, dessen Bild in meiner Schlafstube hing, darunter die kindlich einfachen Worte:
  "Kirchlein mein, Kirchlein klein, [...]
Man sollte denken, daß diese kirchliche Bescheidenheit sich auf so gigantischer Unterlage gradezu lächerlich habe ausnehmen müssen; das war aber keineswegs der Fall. Es schien mir vielmehr ganz im Gegenteile, als ob es gar nicht anders sein könne. Ein von Gottes Felsen getragenes Menschenwerk wird nur dann lächerlich, wenn es sich mit dem Anscheine brüstet, auch aus Gottes Felsen zu bestehen!
Das war die Mitte des Berges, von dessen Höhe, genau über der Spitze des Kirchturmes, das Alabasterzelt herniederschaute.[3]

aktuelle Ausgaben[Bearbeiten]

Aktuelle Ausgaben der Reiseerzählung Im Reiche des silbernen Löwen IV sind in der Bücherdatenbank zu finden.

Anmerkungen[Bearbeiten]

  1. Karl May: Im Reiche des silbernen Löwen IV. In: Karl Mays Werke, S. 66322 (vgl. KMW-V.4, S. 520).
  2. Karl May: Im Reiche des silbernen Löwen IV. In: Karl Mays Werke, S. 65670 f. (vgl. KMW-V.4, S. 5 f.).
  3. Karl May: Im Reiche des silbernen Löwen IV. In: Karl Mays Werke, S. 66322 (vgl. KMW-V.4, S. 520 f.).

Weblinks[Bearbeiten]