Pohon Upas

Aus Karl-May-Wiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Cortejo verabreicht das Gift

Ein Pohon Upas genanntes Gift wird von Karl May mehrfach erwähnt.

als Wahnsinn erzeugendes Gift im Waldröschen[Bearbeiten]

Mit folgender Köstlichkeit – von Karl Sternau Pohon Upas genannt – wird im Roman Waldröschen öfter hantiert (erstmals in der 5. Lieferung der Erstausgabe – es wird ein angeblich altes Manuskript zitiert):

Herstellung[Bearbeiten]

"Item eyn herrlich Gifft für Tott und Wahnsinn.
Man nimbt eyn Töpfleyn Safft von Antiaris toxicaria, welches genannt ißt Antschaar, eyn halbes Töpfleyn Safft des Strichnos Tieute, so man nennt javanische Brechnuß, eyn vierteyl Töpfleyn Safft von Alpinia galanga, welches ißt indischer Galgant und ebenso vill Safft des Zingiber cassamumar, genannt gifftiger Ingwär. Daß siedet man auff die Hälfften ein und hebt es in eyn Flaschen auff. Fünff Tropffen davon machen eyn starken Menschen tott; zwey Tropfen awer gäben ihm in Wahnsinn, so nicht mehr weiß, wer er gewessen ißt. ... (Waldröschen)

Diagnose[Bearbeiten]

"Es giebt verschiedene Bereitungen und Zusammensetzungen dieses Giftes, und es kommt darauf an, das richtige Mittel zu treffen. In der Zusammensetzung, an welche ich jetzt denke und die ich auf auf Java kennen lernte, macht es, wenn man zwei bis drei Tropfen genießt, wahnsinnig, fünf bis sechs Tropfen aber geben den Tod." (Karl Sternau ebd.)

Als erste Hilfe veranlasst Dr. Sternau Aderlass und die Gabe von Brechmitteln. Ein Erfolg stellt sich nicht ein.

Heilung[Bearbeiten]

Fortsetzung im Rezept:

... Diesser Wahnsinn wierd wieder geheylt durch folgenden Trankk:
Man zerstößt eyn Tassenkopff Capsicum, welches heyßt die strauchigte Beißbeeren und thut darauff eyn halben Tassenkopff Speichel von eyn Menschen, welchem man zu Totte gekietzelt hat, läßt stehen eyn Wochen und thut darauff eyn Löffel scharpfen Essieg, gießt ab und hebt in eyn Flaschen auff. Zwei Tropffen von dieser feynen Artzeneyen nimbt den Wahnsinn wieder hinfort binnen dreyen Tagen.
Notabene: Kann nur im Landte Asien gemacht werden und ißt erprobt von viellen Menschen, so man Neger, Malaya's oder Wildte nennet." (Waldröschen)

Dass mit demselben Schaum auch eine Heilung des Wahnsinns bewirkt werden kann, wird von Karl May auch konsequent durchgesetzt: Zuerst wird Gasparino Cortejo gekitzelt und mit dessen Schaum Rosa de Rodriganda geheilt, dann wird Landola gekitzelt und mit dessen Schaum der Graf Emanuel geheilt.[1]

Zwei Tropfen Schaum mit einem Löffel Wasser vermischt ergeben eine farb- und geruchlose Flüssigkeit. Wenn man diese dem Kranken verabreicht, sollte folgendes passieren:

"In zehn Minuten muß sie einschlafen. Dieser Schlaf wird sehr lange, vielleicht achtundvierzig Stunden dauern, und während dieser Zeit hat das Wichtigste zu geschehen. Der Schlaf darf in keiner Weise unterbrochen werden. Erwacht sie vor der Zeit, so war die Gabe zu schwach, und ich habe nachzugeben. Tritt Aufregung, Unruhe oder gar Fieber ein, so war die Gabe zu stark, und die Kranke wird sterben, wenn ich nicht sofort Gegenvorkehrungen treffe."

Bei beiden Patienten wird eine vollständige Heilung erreicht.

als Pfeilgift in Robert Surcouf[Bearbeiten]

In Robert Surcouf wird das Pfeilgift Pohon Upas folgendermaßen gewonnen:

Da fiel zum Beispiele sogleich ein beinahe hundert Fuß hoher Baum in die Augen, der einen Umfang von vielleicht zwanzig Fuß haben mochte. Seine weiße Rinde war rissig, und seine Früchte hatten die Größe einer Pflaume. Das war der fürchterliche Antschar 1), dessen Milchsaft schon durch seine Ausdünstung sehr schmerzhafte Geschwülste hervorbringt; es ist der berüchtigte Upas, von dem so viel Schreckliches gefabelt wird. Er soll ganz allein im "Todesthale" auf Java stehen und die Luft meilenweit so verpesten, daß kein Baum, kein Strauch, kein Gras gedeiht und alle lebenden Wesen in seiner Nähe dem Tode verfallen. Das ist nicht wahr; vielmehr findet er sich in den dichtesten Wäldern, und man hat sich nur vor der Berührung mit seinem Gifte und vor dem   l ä n g e r e n   Einflusse seiner Ausdünstung zu hüten. An ihm kletterte eine fast armsdicke Schlingpflanze empor, welche bis in bedeutende Höhe völlig astlos war, dann aber zwischen ihren eliptischen Blättern grünlich-weiße Blumen zeigte, welche einen jasminartigen Geruch ausströmten. Das war der javanische Brechnußbaum2), dessen Wurzelrinde einen giftigen Saft gewinnen läßt, welcher unter den Namen Upas tschettek oder Upas radscha bekannt ist; er führte nach der geringsten Verwundung heftige Convulsionen und einen schmerzhaften Tod herbei. In der Nähe wuchsen ganze Massen einer fünf Fuß hohen Pflanze, welche ellenlange, weich behaarte Blätter und einen röthlich weißen Blüthenstrauß trug. Es war der indische Galgant1). Auch wilder Cassamumar-Ingwer2) und die strauchige Beißbeere3) wuchsen da. Aus diesen fünf Pflanzen nebst einigen anderen bereiten die Bewohner des indischen Archipels ihr berüchtigtes Pfeilgift, über welches schon so viel Wahres und Unwahres erzählt worden ist. Die Bereitung geschieht auf folgende Weise: Man nimmt ein Quantum Antscharsaft, den zehnten Theil davon Saft der Galgant-Alpinie, eben so viel Saft des Cassamumar-Ingwers und des Arons, den Saft einer Zwiebel, etwas fein gepulverten schwarzen Pfeffer und vermischt das innig mit einander. Hierauf gibt man nach Umständen den Wurzelrindensaft der javanischen Brechnuß dazu und den Samen der Beißbeere, welcher ein starkes Aufbrausen verursacht. Hat das Brausen aufgehört und ist die Mischung filtrirt, so ist das Gift fertig. Wird dasselbe in nicht zu großen Quantitäten genossen, so erregt es in der Regel nur ein heftiges Erbrechen, kommt es jedoch mit dem Blute in Berührung, so wirkt es schnell tödtlich.
1) Antiaris toxicaria. 2) Strychnos Tieute.

In seine eigene Überarbeitung Ein Kaper (Bestandteil von Die Rose von Kaïrwan) hat Karl May diese Beschreibung übernommen und um weitere Fußnoten mit botanischen Fachbegriffen ergänzt.

als Waffengift in Ein Rätsel[Bearbeiten]

In Ein Rätsel, heute das Schlusskapitel im Band Im Reiche des silbernen Löwen II, wird ein Gift namens Upas, auch Antschar- oder Tschettik-Gift, erwähnt, durch das sich Khudyr, der Sohn des Kurdenführers Jamir und seiner Frau "Adsy" (Namenlos), in Todesgefahr befindet. Er hat sich versehentlich mit einem vergifteten Kampfmesser aus Indien geritzt. Kara Ben Nemsi und Hadschi Halef Omar können ihn retten. Das Gift wird auf Java und den umliegenden Inseln aus dem Saft verschiedener Bäume und Schlingpflanzen gewonnen.

Diese Bäume und sonstigen Gewächse gedeihen am besten an solchen Stellen, wo unterirdische giftige Gase aus der Erde treten.[2]

Karl May nennt das Gift auch mit dem lateinischen Namen Antiaris toxicaria. Ob er auch hier an das Pohon Upas gedacht hat, ist noch ungeklärt.

Sonstiges[Bearbeiten]

Rezept im Mosaik

"Pohon Upas" wird in der vierten Auflage von Meyers Konversationslexikon als – auch bei oraler Einnahme tödlich wirkendes – Pfeilgift erwähnt, allerdings mit anderer Rezeptur als im Waldröschen, ohne Wahnsinn und ohne Gegenmittel.

Die Entstehungszeit der beiden Texte (Robert Surcouf und Waldröschen) liegt nahe beieinander (Ende 1882); vermutlich hat May um diese Zeit von dem Gift gelesen. Ob er sich dessen bewusst war, dass er hier zwei Gifte, die sich durch Herstellung und Wirkung doch ziemlich unterscheiden, mit demselben Namen bezeichnet hat (siehe auch Turnerstick-Syndrom), bleibt offen.

Eine Hommage an Karl May findet sich im Mosaik, als Don Ferrando mit ähnlichem Gebräu hantiert (siehe "Trank des Vergessens" in der Mosapedia).

Anmerkungen[Bearbeiten]

  1. In der Bearbeitung des Karl-May-Verlags wurde diese Angelegenheit abgemildert: Das Medikament zur Heilung des Wahnsinns wird unter Beiziehung zweier Chemiker hergestellt und mit Rosa wird gleichzeitig auch der Graf geheilt, der hier also nicht wie im Waldröschen Jahrzehnte lang bis zum Schluss des Romans auf seine Erlösung warten muss.
  2. Karl May: Ein Rätsel, Kap. 3, S. 446 f.

Literatur[Bearbeiten]