Tag der tausend Seligkeiten (Gedicht)

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Tag der tausend Seligkeiten ist ein spätes, fragmentarisches Gedicht von Karl May.

Text[Bearbeiten]

I (21. August 1902)[Bearbeiten]

Es war ein Tag, der tausend Seligkeiten,
Als ich zu dir, dem Vielgesuchten, kam.
Ich wollte deinen Geist zur Wahrheit leiten,
Als deine Hand ich in die meine nahm.
Du folgtest mir, du hast dich mir ergeben;
Nun bist du endlich, endlich wieder mein.
Ich bin bei dir in diesem Erdenleben,
Und dann wirst du bei mir im Himmel sein.
    Speisewagen Leipzig–München, 21./8. [19]02.
Verbesserung:
Und deine Hand, um dich zurückzuleiten,
Mit froher Hoffnung in die meine nahm.[1]

II (Ende 1902)[Bearbeiten]

Es war am Tag der tausend Seligkeiten,
 Als du ins Herz von meinem Herzen kamst
Und beide, um auch mich emporzuleiten,
 Mit dir hinauf in deinen Himmel nahmst.
Ich stand dabei, als du dich überwandest;
 Ich sah die Macht, die du so leicht bezwangst.
Ich bebte, als ihr Herz du offen fandest,
 Und jauchzte hoch, als du dich niederrangst.
So sei sie denn in deine Hand gegeben,
 In diese Hand, der Alles hier vertraut.
Ich kann und will nicht länger widerstreben,
 Nachdem ich dir ins reine Herz geschaut.
                                                          Richard.[2]

III (August 1905)[Bearbeiten]

Heut ist der Tag der tausend Seligkeiten,
  Der große Tag, den unser Herr gemacht.
So laßt uns denn zur Erde niederschreiten.
  Es werde Licht – – – (Glocken klingen)
                                   Der Mensch ist aufgewacht![3]

Textgeschichte[Bearbeiten]

Mit dem Tag der tausend Seligkeiten ist wahrscheinlich Sonnabend, der 3. August 1902 gemeint. Karl May befand sich mit seiner ersten Frau Emma und der befreundeten Witwe Klara Plöhn auf einer Rundreise, während der sie sich vom 18. Juli bis 8. August in Berlin aufhielten. Nach der "Louis"-Episode fällte May vermutlich an diesem Tag die Entscheidung, sich von Emma zu trennen und mit Klara zusammen zu leben. Auf diesen Tag datieren (bisher nicht veröffentlichte) Verse, in denen vom Tag der tausend Seligkeiten die Rede ist.[4]

Ebenfalls auf dieser Reise entstand der erste oben angeführte Teil des Gedichts, wie auf dem Manuskript vermerkt ist:

Speisewagen LeipzigMünchen, 21./8. [19]02.[5]

Dieser Teil gehört zur Nachlassmappe Wüste.

Der zweite Teil wurde Karl May – im spiritistischen Sinne – durch Richard Plöhn wohl gegen Ende des Jahres 1902 diktiert, als der Dichter sich gemeinsam mit Klara am Grab des am 14. Februar 1901 verstorbenen Freundes aufhielt. Das Manuskript ist von May mit den Worten Soeben angekommen versehen worden; von Klara wurde Karl May am Grab R. Plöhns ergänzt.[6]

Der dritte Teil ist in der Nachlassmappe Babel und Bibel. Plan. Ein dramatisches Vorspiel aus zwei Welten enthalten, die zum Themenkreis um Karl Mays einziges vollendetes Drama Babel und Bibel gehört. Dort ist das Gedicht mit Schlußwort: überschrieben. Wenige Zeilen darunter findet sich die Bemerkung

(Kam in d[er] Schweizermühle 9./10. 8. [19]05.)

Vermutlich entstanden also diese Verse ebenso Anfang August 1905.[7]

aktuelle Ausgaben[Bearbeiten]

I (21. August 1902)[Bearbeiten]

II (Ende 1902)[Bearbeiten]

III (August 1905)[Bearbeiten]

  • Karl May: Anhang III: Babel und Bibel. Plan/Dramatisches Vorspiel In: Karl May: Abdahn Effendi. Reiseerzählungen und Texte aus dem Spätwerk. Karl-May-Verlag Bamberg–Radebeul 2000, S. 339. ISBN 3-7802-0081-3 [Neusatz]

Anmerkungen[Bearbeiten]

  1. May: Wege zum Gipfel, 386.
  2. M-KMG Nr. 100/1994, S. 20.
  3. May: Anhang III, S. 339.
  4. Dieter Sudhoff/Hans-Dieter Steinmetz: Karl-May-Chronik III. Sonderband zu den Gesammelten Werken. Karl-May-Verlag Bamberg–Radebeul 2005, S. 87. ISBN 978-3-7802-0170-6.
  5. May: Wege zum Gipfel, S. 386.
  6. M-KMG Nr. 100/1994, S. 20.
  7. May: Anhang III, S. 339.

Literatur[Bearbeiten]

  • Christoph F. Lorenz: Karl Mays Nachlaßmappe "Wüste". In: M-KMG Nr. 52/1982, S. 33–36. (Onlinefassung)
  • Christoph F. Lorenz: Die Edition der "Nachlaßmappen" Mays durch Max Finke. Ergebnisse einer Sichtung. In: M-KMG Nr. 56/1983, S. 7–10. (Onlinefassung)
  • Hansotto Hatzig: "Du, die mir über alle Prinzessinnen geht". Feststellungen über Karl und Emma. In: M-KMG Nr. 100/1994, S. 17–22. (Onlinefassung)