Victor Ziel

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Victor Ziel (* 1881; † ?) war Privatlehrer in Berlin-Charlottenburg und ein Leser, der mit Karl May in Kontakt getreten ist.

Victor Ziel, Karl und Klara May[Bearbeiten]

Freistatt-Artikel[Bearbeiten]

Im Mai 1910 schickte Victor Ziel einen Artikel über den pädagogischen Wert von Karl Mays Büchern an die Wiener Zeitschrift Freistatt, der aber nicht gedruckt, sondern an ihn zurückgesandt wurde.[1]

Der früheste bekannte Kontakt zwischen Karl Mays zweiter Frau Klara May und Victor Ziel datiert vermutlich auf den Sommer 1910. In ihrem Auftrag gab Ziel am 6. Juli Karl Mays Flugblatt Herr Rudolf Lebius, sein Syphilisblatt und sein Indianer an verschiedene Berliner Tageszeitungen. Seine Freistatt-Zuschrift legte er einem Brief an Klara May bei.[2]

Am 12. August schickte "Karl Mays schöne Spionin" Lu Fritsch eine Erklärung Victor Ziels mit ihrem Brief an Klara May. Vermutlich handelte es sich dabei um den ungedruckten Freistatt-Artikel.[3]

May-Tagung[Bearbeiten]

Im Berliner Café Austria, Potsdamer Straße 28, sollte am 24. August eine Karl-May-Tagung stattfinden, die von Lu Fritsch initiiert wurde. Unter den geladenen Gästen befand sich auch Victor Ziel.[4] Ziel nahm die Einladung nicht an und blieb der Veranstaltung fern.[5] In einem Brief an Karl May vom 30. August äußerte sich Victor Ziel über diese Sitzung:

Sehr leid tut es mir, von Ihren Lieblingen im Café Austria mit einem Flegel verwechselt worden zu sein. Ehe Frl. Lu mich zu einer Versammlung mir lauter völlig unbekannter Menschen rief, wäre es doch wohl richtiger gewesen, mich vorher persönlich kennen zu lernen, wie ich es ihr auch vorgeschlagen hatte. [...] Ich hielt es für richtig, mich nicht an einer "Versammlung" blutjunger Menschen zu beteiligen, die über einen 68jährigen Mann zu Gericht sitzen und ihm die Wege zeigen soll, die er zu wandeln hat. Das hielt ich für unbescheiden & arrogant. [...] Ich antwortete Lu, daß die Küken die Glucke nicht belehren dürften! [...] Was mich aber am meisten erstaunt hat, ist, daß Sie um alles gewußt haben und noch eine Abgesandte [nämlich Marie Hannes] zu diesem Kongreß geschickt haben: Selbstverständlich änderte das die Situation völlig, aber ich erfuhr es zu spät. Jetzt wo ich weiß, daß Sie mit Gattin hier waren, ohne mich sehen zu wollen, wo ich ferner einsehe, daß ich immer über alle Angelegenheiten nur unvollständig benachrichtigt werde, da halte ich es für besser zu gehen. Wo man mich nicht wünscht, da dränge ich mich nicht auf! Nun leben Sie wohl![6]

Diesen Brief sandte Klara May später an Marie Hannes. Am gleichen Tag verfasste Ziel einen Brief an Klara May, in dem er sich – wie auch in dem Brief an Karl May – zu Lu Fritschs Gerüchten über Karl Mays geplanten Selbstmord äußerte, die von Marie Hannes entkräftet worden waren:

Also bin ich zum Narren gehalten worden.[7]

Geldprobleme[Bearbeiten]

Am 31. August traf sich Victor Ziel zum ersten Mal mit Adolf Droop und Lu Fritsch im Café Austria. Darüber schrieb er in einem nicht datierten Brief an Klara May und bat sie – offenbar nicht zum ersten Mal – um pekuniäre Hilfe:

Beide sind mir sehr sympathisch. Herr Dr. D[roop] ist ein sehr ruhiger, lieber und auch sehr hübscher Mann. Lu ist der richtige Feuerkopf, ein selten liebes, begeisterungsfähiges Geschöpf, grenzenlos in ihrer Liebe zu Ihnen und in ihrer Verehrung zu Ihrem lieben Herrn Gemahl! [...] die Miete habe ich wieder nicht, ich schwöre Ihnen beim Haupte meiner geliebten Mutter, ich habe sie nicht erübrigen können! Sie boten mir vor einem Monat Ihre Hilfe an, wenn ich mich noch in Not befinden sollte. Seien Sie mir bitte nicht böse, wenn ich Sie daraufhin anflehe, mir noch dieses letzte Mal zu helfen.[8]

Über das Treffen mit Victor Ziel schrieb Lu Fritsch am 2. September an Klara May:

Vorgestern war ich mit Ziel zusammen. [...] Ich glaube für ihn einstehen zu können. Ein Verräter ist er nicht – nur sehr, sehr skeptisch.[9]

Am gleichen Tag schrieb Lu auch an Ziel einen Brief:

Es ist mir eine große Freude gewesen, Sie näher kennen zu lernen, denn dieses "näher" ist durchaus als ein Plus in meiner Sympathie für Sie, mein Freund, aufzufassen.[10]

Vermutlich am 3. September antwortete Klara May auf den Brief Lu Fritschs:

Anbei der erbetene Brief[11] von Ziel. Bitte, sage nichts, daß Du ihn zur Durchsicht erhalten. Brich überhaupt jeden Verkehr ab, mit Ziel, Stempel, Wolf: Diesen Leuten ist's nur ums Geld. Ziel kommt zum dritten Mal, und wenn's nicht genug giebt, mault er. Ich sende ihm wieder Geld, schreibe ihm aber keine Zeile mehr. Bitte handelt ihr ebenso. Ich war außer mir über Ziel's letzten Brief.[12] Mariechen hat ihn und mag ihn dir senden.[13]

Der davon noch nichts ahnende Victor Ziel schrieb vermutlich am gleichen Tag an Klara May:

Jetzt, wo ich von Lu und M[arie Hannes] weiß, daß Sie auch mich ein wenig in Ihr liebes Herz geschlossen, bin ich Ihnen doppelt und dreifach dankbar [nämlich für das gesendete Geld]. Besonders freute mich Ihr letztes offenes Schreiben, woraus ich ersah, daß Sie mich nicht absichtlich gemieden hatten, als Sie das letzte Mal hier waren.[14]

In einem Brief, den Marie Hannes am 4. September an Klara May schrieb, heißt es:

Adolf [Droop] warnt sehr vor Ziel – ob er mir Deinen Brief nicht wiederschicken wird? Ich bat Lu, sich ihn wiederzuschaffen.[15]

Diese Bitte wird erfolgreich gewesen sein, denn am 8. September schrieb Mariechen an Klara May:

Ziel sandte Deinen Brief zurück mit einigen freundlichen Worten. Ich schreibe ihm nicht wieder![16]

Indiskretion[Bearbeiten]

Victor Ziel hatte inzwischen erfahren, dass Lu Fritsch durch Klara May Kenntnis von seinen Geldproblemen erhalten hatte. Am 21. September schrieb er deshalb an Karl May zur Aufklärung über Ihren "Liebling":

[Es] wandten sich drei Personen, Dr. D[roop], Frl. H[annes] & L[u] Fr[itsch] an mich und nannten sich "die Kinder" dieses Herrn May! Ich wünschte, das eine dieser drei Kinder hätte ich nie kennengelernt, denn alles, was noch an Verehrung für den Menschen M[ay] in mir war, zerriß dieses Kind mit roher Hand! [...] Lu Fritsch hat von Ihnen gesagt und ich stehe mit meinem Eide dafür ein, Sie litten an Pseudologia phantastica, Sie hätten im Kreise der Familie Hannes gesessen und den armen Leuten Gott weiß was alles vorgemacht, so z. B.: Sie seien früher Priester gewesen, dann nach Amerika gefahren u. s. w. Der Mariechen hätten Sie ein paar Haare geschenkt & ihr vorgemacht, nur mit einer Fürstin & Gräfin (!!) teile sie diese, es sei eine Locke Winnetous (!) (in Wirklichkeit hätten Sie sie wohl aus einem Pferdeschwanz geschnitten (sic!)!!) und das arme Kind habe diesen Schwindel geglaubt und die haare lange Zeit auf der Brust getragen!!! (Sancta simplicitas![17]) Also so halten Sie die Leute zum Narren? Ich kann's & will's nicht glauben! [...] Ferner! Für 50 Dollar hätten Sie sich in Amerika den Doktortitel gekauft, ich glaubte bisher, derselbe hätte wenigstens 250 gekostet & sei mit bestimmten Kenntnissen verbunden gewesen. Ich für m[eine] Person finde so etwas abstoßend! Sie sollten sich doch nicht mit solchem Titel bekleiden [...] Wie machen's die wahrhaft Großen? Kennen Sie Dr. Byron, Dr. Shakespeare, Dr. Schiller, Dr. Hauptmann, Dr. Sudermann, Dr. Gorki, Dr. Tolstoi? u. s. w. Ich nicht!!! [...] Ferner brüstete sich Lu Fritsch: Wenn Lebius wüßte, was ich weiß, würde er seinen Prozeß glatt gewinnen! [...] Noch eins! Sie hätten von Lu verlangt, sie solle sich von dem Indianer [nämlich John Ojijatekha Brant-Sero] küssen lassen, um dann die Abschleckerei zu beweisen. Sehr nett von Ihnen, wenn Sie das einem jungen Mädchen zumuten! [...] Wirklich, das sind fette Bissen für Lebius! [...] Ist Ihnen denn diese Lu noch ein Rätsel? Mir nicht! [...] Und nun Ihre Gattin! Sehr vornehm hat sie gehandelt, echt ladylike[18], als sie der L[u] Fr[itsch] sagte, ich – ein Fremder – habe Geld bei Ihnen geliehen!! Was geht denn das dieses Mädchen an!?!????? [...] Wenn ich gewußt hätte, daß das "Edelmenschentum" beim Geldbeutel seine Grenze hat, würde ich Ihre Hülfe nicht angenommen haben![19]

Karl May hatte auf diesen Brief wohl beruhigend geantwortet, denn Victor Ziel äußerte sich am 23. September brieflich an May:

Herzlichen Dank für Ihren lieben Brief! Ich bitte Sie um Verzeihung, wenn ich in der überaus gereizten und empörten Stimmung, in der ich mich befand, einen ungeziemenden Ton anschlug gegen Sie und Ihre Frau Gemahlin! [...] Wie dem auch sei, all diese Redereien bewiesen mir klar, daß Sie sich auf dieses Fräulein verlassen haben, daß dieselbe Sie aber hinter Ihrem Rücken verhöhnt, verächtlich und lächerlich macht. [...] Ich will auf keinen Fall noch mit ihr zu tun haben. [...] Das Beste ist, Sie lassen die Sache ruhen, denn es wird nicht gut sein, sich jetzt noch L[u] F[ritsch] zur Feindin zu machen.[20]

Der nächste Brief Ziels an Karl May datiert auf den 8. Dezember 1910 und ist der letzte bekannte Kontakt zwischen beiden. Darin heißt es:

Durch mein langes Schweigen haben Sie wohl erkennen können, daß Sie eine völlig irrige Meinung von mir hatten, als Sie annahmen ich wolle Ihnen so ziemlich jeden Monat 1 Pfund abknöpfen. [...] Vor L[u] Fr[itsch] habe ich Sie damals gewarnt, hoffentlich nicht vergebens! [...] Nicht zur Karrikatur hat sie Sie erniedrigt, nein – wie einen großen Schwindler hat sie Sie dargestellt und Sie mit blutigem Hohn übergossen! [...] Soeben sah ich in einer hiesigen Buchhandlung eine große gelbe Broschüre mit dem Titel: Die Zeugen Karl May und Klara May. Kriminalistische Studie unserer Zeit von Lebius. – Soll ich sie kaufen & Ihnen einsenden?[21]

Eine Antwort Karl Mays darauf ist nicht überliefert.

Anmerkungen[Bearbeiten]

  1. Sudhoff/Steinmetz: Karl-May-Chronik V, S. 204.
  2. Sudhoff/Steinmetz: Karl-May-Chronik V, S. 204.
  3. Sudhoff/Steinmetz: Karl-May-Chronik V, S. 263.
  4. Sudhoff/Steinmetz: Karl-May-Chronik V, S. 276.
  5. Sudhoff/Steinmetz: Karl-May-Chronik V, S. 278.
  6. Sudhoff/Steinmetz: Karl-May-Chronik V, S. 291 f.
  7. Sudhoff/Steinmetz: Karl-May-Chronik V, S. 292.
  8. Sudhoff/Steinmetz: Karl-May-Chronik V, S. 293.
  9. Sudhoff/Steinmetz: Karl-May-Chronik V, S. 295 f.
  10. Sudhoff/Steinmetz: Karl-May-Chronik V, S. 296.
  11. Gemeint ist wohl der vom 31. August.
  12. Gemeint ist der Brief vom 30. August.
  13. Sudhoff/Steinmetz: Karl-May-Chronik V, S. 296.
  14. Sudhoff/Steinmetz: Karl-May-Chronik V, S. 297.
  15. Sudhoff/Steinmetz: Karl-May-Chronik V, S. 301.
  16. Sudhoff/Steinmetz: Karl-May-Chronik V, S. 303.
  17. Lateinisch: Heilige Einfalt!
  18. Englisch: damenhaft.
  19. Sudhoff/Steinmetz: Karl-May-Chronik V, S. 313-316.
  20. Sudhoff/Steinmetz: Karl-May-Chronik V, S. 318.
  21. Sudhoff/Steinmetz: Karl-May-Chronik V, S. 375 f.

Literatur[Bearbeiten]

Informationen über Zeitgenossen Karl Mays finden Sie im Namensverzeichnis Karl May – Personen in seinem Leben von Volker Griese unter Mitwirkung von Wolfgang Sämmer.


KMChronik winz frontal.jpg Die fünfbändige Karl-May-Chronik ist ein Standardwerk der Karl-May-Forschung. KMChronik winz.jpg

Dieter Sudhoff/Hans-Dieter Steinmetz: Karl-May-Chronik I bis V. Sonderbände zu den Gesammelten Werken.
Karl-May-Verlag BambergRadebeul 2005/2006. ISBN 978-3-7802-0170-6
Sie ist erhältlich beim Karl-May-Verlag.