Zeit (Gedicht)
Zeit, ist ein Gedicht von Karl May.
Inhaltsverzeichnis
Text
- Zeit.
- Es klingt ein Ruf aus alter, alter Zeit
- An unser Ohr wie aus Prophetenmund:
- Ist dir verborgen die Vergangenheit,
- So thut sich dir das Werdende nicht kund.
- Du willst so gern in deine Zukunft schaun;
- Da mußt du erst die Gegenwart begreifen,
- Und diese hat sich stetig neu zu baun
- Nach Normen, die aus dem Vergangnen reifen.
- Sind diese Normen dir vielleicht bekannt?
- Ward eine dir von ihnen offenbar?
- Du kennst ja nicht das ferne, ferne Land,
- In dem die Gegenwart einst Zukunft war.
- Was kümmert dich das, was verschwunden ist!
- Soll sich die Nachwelt nicht um uns bekümmern?
- Es hat die Menschheit das, was sie vergißt,
- Zur Sühne auszugraben unter Trümmern.
- Und solche Sühne ist auch unsre Pflicht,
- Die wir vergaßen, was die Vorwelt gab.
- Erkennen wir der Menschheit Seele nicht,
- So sind wir nichts, als dieser Seele Grab.
- Drum wünschest du nach dieser, deiner Zeit
- Den Kommenden als lebend dich zu zeigen,
- So geh zum Ursprung, zur Vergangenheit,
- Um dann belehrt aus ihr emporzusteigen.
- Dort liegt der Quell, der unaufhaltsam fließt,
- Weil jede, jede Stunde vorwärts geht,
- Und sich als Tugend über den ergießt,
- Der dieser Stunden ernsten Wink versteht.
- Von dort erklang zuerst das große Wort
- Vom Leben, von gesprengten Todesbanden;
- Von dort erklingt es heut noch fort und fort,
- Und wer es achtet, der ist auferstanden.
- Dort liegt vergraben, was der Tag einst sagt,
- Der uns das Leben aus dem Leben giebt;
- Dort liegt vergraben, was dies Leben fragt,
- Wenn man nichts als nur dieses Leben liebt.
- So gehe hin, und forsche, forsche gern;
- Such nicht das Wort; such den, der es gesprochen;
- Dann leuchtet dir die Herrlichkeit des Herrn,
- Und alle Erdenketten sind zerbrochen.
- Es wird für dich dann diese Spanne Zeit,
- Die du so fälschlich in Minuten trennst,
- Zum untrennbaren Theil der Ewigkeit,
- Die du als dir gehörig kennen lernst.
- Du steigst empor, nicht wie man Stufen steigt;
- Es giebt für dich nicht Jahre und nicht Stunden,
- Und wenn sich dann dir keine Zeit mehr zeigt,
- So bist du Sieger und hast überwunden.[1]
Textgeschichte
Am 18. Dezember 1900 erschien ein Gedichtband Mays mit dem Titel Himmelsgedanken im Verlag Friedrich Ernst Fehsenfeld.[2] In dieser Ausgabe ist das Gedicht auf den Seiten 330 bis 332 enthalten. Der auf der gegenüberliegenden Seite abgedruckte Aphorismus lautet:
- Hinter jeder Tugend lauert ihre sündhafte Schwester, welche nichts als ihre Uebertreibung ist.[3]
aktuelle Ausgaben
- Karl May: Himmelsgedanken. Gedichte. Union Verlag Berlin [Ost] 1988, S. 158 f. ISBN 3-372-00103-6 [Neusatz]
- Karl May: Himmelsgedanken. In: Karl May: Lichte Höhen. Lyrik und Drama. Karl-May-Verlag Bamberg–Radebeul 1998, S. 238–240 ISBN 3-7802-0049-X [modernisierter Neusatz]
- Karl May: Himmelsgedanken. Gedichte. Books on Demand GmbH Norderstedt 2005, S. 330–332. ISBN 3-8334-2518-0 [Reprint]
Anmerkungen
- ↑ Karl May: Himmelsgedanken, S. 330–332.
- ↑ Hainer Plaul/Gerhard Klußmeier: Illustrierte Karl-May-Bibliographie, S. 244.
- ↑ Karl May: Himmelsgedanken, S. 333.
Weblinks
- Der Text auf den Seiten der Karl-May-Gesellschaft.
- Der Text bei zeno.org.
- Der Eintrag Himmelsgedanken in der Bücherdatenbank.
- Der Eintrag bei himmelsgedanken.npage.de.
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