Am Jenseits (Schneider)

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Deckelbild Am Jenseits

Am Jenseits, auch An der Pforte des Jenseits genannt, ist das Deckelbild Sascha Schneiders zu Karl Mays gleichnamiger Reiseerzählung. Als Titelbild schuf Schneider Am Jenseits in den ungefähren Maßen 66 x 40 cm und signierte es unten rechts mit Sascha Schneider. Vom später entstandenen Ölgemälde gab es drei Fassungen in verschiedenen Größen.

Geschichte[Bearbeiten]

Die Zeichnung[Bearbeiten]

Am 9. Januar 1905 schrieb Sascha Schneider einen Brief in englischer Sprache an Karl May, in dem er seinen Plan bezüglich der Deckelbilder bekannt gab. Nach Aufzählung dreier anderer heißt es da zu obigem Bild:

"Am Jenseits" one volume, one leaf. Together 4 leaves, which I will terminate as quick as possible. [...][1][2]

Für den letzten Band des Orientzyklus, Der Schut, hatte Schneider eine Zeichnung mit dem Titel St. George vorgesehen, die May aber ablehnte. Daraufhin schrieb der Maler am 14. Januar in einem Brief an Karl May:

Mein St. George, killing the dragon,[3] erscheint Ihnen als kein würdiger Abschluss der 6 Bände. Wenn ich Sie recht verstanden habe. Very well, es soll ein anderes Blatt werden. Nehmen Sie es zu El Aschdar.[4]

Mit El Aschdar ist das vierte Kapitel von Karl Mays Am Jenseits überschrieben, Sascha Schneider meinte also dieses Buch. Die gleiche Ansicht vertrat er auch zwei Tage später in einem Brief an Mays Gattin Klara.[5]

Trotzdem schuf der Künstler im Laufe der nächsten Monate die hier beschriebene neue Zeichnung Am Jenseits. An Klara May schrieb er nämlich am 2. Juni in einem Brief:

Ich arbeite an mehreren Blättern zugleich u[nd] will erst 4 Stück fertig haben[6] u[nd] sende sie zusammen zu Ihnen. Ach, es ist so furchtbar viel zu erledigen![7]

Am 23. Juni kündigte Schneider auf einer Postkarte an Karl May seinen Besuch in der Villa "Shatterhand" in Radebeul folgendermaßen an:

Ich beabsichtige d[en] 28ten nachmittags ¼ 5 Uhr zu Ihnen zu kommen u[nd] wenn es passt auch abends zu bleiben. Überbringe Ihnen 4 Zeichnungen.[8]

Am 23. November 1906 wurde die vierte Auflage von Karl Mays Am Jenseits als "soeben erschienen" gemeldet.[9] Diese wurde als erste auch in der Sascha-Schneider-Ausgabe mit dem hier betrachteten Titelbild herausgegeben.

Ölgemälde Am Jenseits

Die Ölgemälde[Bearbeiten]

In den Jahren 1921 bis 1926 schuf Sascha Schneider mit Unterstützung seiner Schüler viele Ölgemälde, die auf ältere Arbeiten zurückgehen.[10] Zu ihnen gehört auch Am Jenseits, das in drei Versionen neu geschaffen wurde.[11] Ein Exemplar (Am Jenseits I[12]) hatte Mays Witwe Klara vermutlich bei Schneider bestellt.

An seinen Freund und Förderer Kuno von Hardenberg schrieb Sascha Schneider zu diesem Gemälde in einem Brief vom 4. Februar 1922:

Ein Greis wird von einem Jünglingsengel aus der Dunkelheit ins Licht geführt, er ist blind, ist aber gerade im Begriff, wieder sehend zu werden.[13]

Am 8. April schrieb Schneider an Klara May einen Brief, in dem es heißt:

Die andere Kopie ("am Jenseits") ist auch schon angefangen, wird auch zuguterletzt vom "Meister"[14] eigenhändig behandelt.[15]

Die nächste Erwähnung findet sich in einem Brief Sascha Schneiders an Frau May vom 17. April:

Die zweite Copie, die von "Jenseits" ist auch hübsch vorgeschritten. Sie erhalten beide Bilder[16] vor meiner Abreise.[17][18]

Zehn Tage darauf meldete Schneider in einem Brief die Vollendung des Gemäldes an die Witwe des Dichters:

Die Copien sind fertig.
Die eine davon ist zufälligerweise ein: "Original" geworden – ich male für mich davon eine Copie.
Gern hätte ich Ihnen das Original – "am Jenseits" hier bei mir im Rahmen gezeigt, denn die Wirkung ist natürlich durch das echte Gold darum eine sehr grosse.[19]

Das fertiggestellte Gemälde (Öl auf Leinwand) hat die ungefähren Maße 100 x 65 cm und enthält keine Signatur.

In drei weiteren Briefen an Klara May äußerte sich Sascha Schneider über die Rahmung und die Bezahlung des Bildes:

25. Mai: Die Forderung an den Karl May Verlag[20] habe ich noch nicht aufgesetzt; der Rahmen wegen (die Mühlen mahlen heutzutage langsam).[21]
19. Juni: Die Rahmen sind "endlich" fertig. Morgen kommen die zu Fahnauer.[22] Sollen beide Bilder zu Ihnen hinaus geschickt werden? Ich beauftrage dann Fahnauer damit.[23]
22. Juni: Die Rahmen sind weit teurer als ich annahm, aber anständig, hoffentlich ist es Ihnen nicht zuviel. Der Rahmen um den "Judas" kostet 2200 M., der um "am Jenseits" 1780 M.[24]

Sowohl die Zeichnung als auch das Ölbild kamen nach Klara Mays Tod in den Besitz des Karl-May-Verlags. 1960 siedelten sie mit ihm nach Bamberg um und kehrten 1994 nach Radebeul zurück. Heute sind beide als Eigentum der Karl-May-Stiftung im Radebeuler Karl-May-Museum in der Villa "Shatterhand" zu sehen.

Eine weitere Fassung (Am Jenseits II) entstand ebenfalls 1922 und war Eigentum von Richard Lieberknecht in Oberlungwitz. 1967 war diese Version im Besitz von Johannes Bahner in München.[25]

Zu einer dritten Fassung äußerte sich Sascha Schneider am 14. Dezember 1925 in einem Brief an Kuno von Hardenberg:

An einem grossen Bilde "am Jenseits" habe ich seit Ende Mai gemalt und es ist heute noch nicht fertig, die Figuren sind lebensgross. Ich hätte früher nie geglaubt, dass ein Bild zu malen, so ungeheuer schwer ist und stehe staunend vor den Leistungen z. B. eines Rubens, Rembrandts oder Tizians.[26]

Laut Hansotto Hatzig[27] gehörte auch dieses Bild zunächst Richard Lieberknecht. Später gelangte es als Geschenk an die römisch-katholische Christ-König-Kirche zu Radebeul. Nach Annelotte Range[28] ist es dort nicht mehr vorhanden.

Literarische Vorlage[Bearbeiten]

In Karl Mays Am Jenseits heißt es von El Münedschi:

[Da] sah ich die hoch aufgerichtete Gestalt des Blinden, welcher langsamen Schrittes in den Lichtkreis des Feuers trat und da stehen blieb. Er hielt die Linke so, als ob ihn jemand an dieser Hand führe; die Rechte hatte er zu einer sehr eigentümlichen, Aufmerksamkeit heischenden Geste erhoben.[29]

Der ihn führende Engel wird Ben Nur genannt.

Kritiken[Bearbeiten]

In der Einleitung zur Sascha-Schneider-Mappe ordnet Johannes Werner das Bild der vierten Gruppe zu, die er mit folgenden Worten kommentiert:

Das Ziel allen Kampfes ist bei May wie Schneider: Vernichtung des Bösen, Sieg des Lichts, Frieden auf Erden. Diese Ideen gelangen in einer Anzahl von einzelnen Blättern zum Ausdruck, die zum Teil ganz an die Art der ersten Zeichnungen Schneider's erinnern, zugleich aber seine künstlerische Vertiefung und Vervollkommnung offenbaren.

Zu Am Jenseits selbst (Blatt 20) heißt es da ausführlich:

Blatt 20 schildert voll ergreifender Wahrheit den Augenblick, in dem der aus dem Dunkel und Kampfe heraustretende Mensch sehend wird und im Lichte wandeln lernt. Eben sind ihm die Augen aufgegangen, noch ist er geblendet von der Lichtfülle der neuen Offenbarung, nach der er doch sehnsüchtig emporschaut; noch tastet zaghaft sein Schritt, aber die hehre Lichtgestalt des Engels, dessen fester, warmer Blick seinen Schützling nicht außer acht läßt, leitet ihn mit leichtem Antrieb und leiser Führung dem lichten Ziel entgegen.[30]

Hansotto Hatzig schreibt 1967 in seinem Beitrag zur Karl-May-Forschung zu Schneiders Am Jenseits:

Der Greis, der im May-Zyklus noch ein rüstiger Mittsechziger mit ungebleichtem Bart- und Haupthaar war, ist nun schneeweiß. Seine Haltung ist hinfälliger, zugleich aber edler, überirdisch. Beim Vergleichen beider Bilder wird plötzlich offensichtlich, daß dieser uralte Mann unverkennbar Mays Züge trägt, was erkenntlich ist, wenn man das ins Licht emporgehobene Antlitz einmal für sich allein betrachtet. Es ist das Leidensantlitz des Karl May nach 1909, eine lebende Totenmaske beinahe, ein edles Profil mit den Umrissen von Mays Stirn und Nase. Auch die zarten, feingliedrigen Hände sind die Mays. Hier tut sich eine unsichere, fast gänzlich verwehte Spur auf. Haben Schneider und May sich zwischen 1909 und 1912 doch noch einmal wiedergesehen?[31]

Im Nachwort des Herausgebers in der Reprintausgabe von Winnetou IV schreibt Roland Schmid unter Verwendung von Euchar Albrecht Schmids Aufsatz Aus Sascha Schneiders Werkstatt[32] zu An der Pforte des Jenseits:

Der blinde Erdenwanderer, der das Licht nur ahnt, aber nicht schaut, wird von Ben Nur, dem "Sohn des Lichts" durch die Fährnisse seiner Lebensbahn geleitet. – Hier gestaltete der Künstler gleichzeitig Allegorie und Illustration, denn der Traum vom Lichtengel und dem Erblindeten gehört zum eigentlichen Buchtext. Das Schutzengelmotiv durchzieht übrigens in immer neuer Ausdeutung Karl Mays gesamtes Spätwerk.[33]

Sonstiges[Bearbeiten]

St. George killing the dragon/St. Georg, den Drachen tötend, die oben genannte Zeichnung Sascha Schneiders, ist offenbar nicht erhalten. Hansotto Hatzig, der das Motiv als ein "ganz in Eisen gekleideter" Held beschreibt[34], datiert es in seinem Verzeichnis Sascha Schneiders Werke grob auf 1904-1905 und versieht die Angabe mit einem Fragezeichen.[35] Weitere Informationen zu St. Georg finden sich im Artikel Der Schut (Schneider).

Anmerkungen[Bearbeiten]

  1. [...] "Am Jenseits" ein Band, ein Blatt. Zusammen 4 Blätter, die ich so schnell wie möglich fertigstellen will. [...]
  2. Steinmetz/Vollmer: Briefwechsel mit Sascha Schneider, S. 131, dort auch die vorige Anmerkung.
  3. Englisch: St. Georg, den Drachen tötend.
  4. Steinmetz/Vollmer: Briefwechsel mit Sascha Schneider, S. 132.
  5. Steinmetz/Vollmer: Briefwechsel mit Sascha Schneider, S. 134.
  6. Gemeint sind wohl Im Lande des Mahdi I, II, III und Am Jenseits.
  7. Steinmetz/Vollmer: Briefwechsel mit Sascha Schneider, S. 154.
  8. Steinmetz/Vollmer: Briefwechsel mit Sascha Schneider, S. 156.
  9. Hainer Plaul: Illustrierte Karl-May-Bibliographie. Unter Mitwirkung von Gerhard Klußmeier. Lizenzausgabe bei K. G. Saur München 1989, S. 235, Nr. 311.4. ISBN 3-5980-7258-9.
  10. Range: Zwischen Max Klinger und Karl May, S. 18, Anm. 55.
  11. Hatzig: Karl May und Sascha Schneider, S. 217 f.
  12. Hatzig: Karl May und Sascha Schneider, S. 217.
  13. Zitiert nach: Hatzig: Karl May und Sascha Schneider, S. 196 f.
  14. Damit meint Schneider sich selbst.
  15. Steinmetz/Vollmer: Briefwechsel mit Sascha Schneider, S. 431.
  16. Mit dem anderen Bild ist wohl Judas Ischariot gemeint.
  17. Im Sommer 1922 unternahm Schneider eine Erholungsreise an die Waterkante, wie es im gleichen Brief angekündigt wird.
  18. Steinmetz/Vollmer: Briefwechsel mit Sascha Schneider, S. 432.
  19. Steinmetz/Vollmer: Briefwechsel mit Sascha Schneider, S. 433.
  20. Für die beiden Ölbilder "Judas Ischariot" und "Am Jenseits".
  21. Steinmetz/Vollmer: Briefwechsel mit Sascha Schneider, S. 436, dort auch die vorige Anmerkung.
  22. Die Dresdner Bilderrahmen- und Spiegelfabrik sowie Kunsthandlung Fahnauer & Schwab, Schreibergasse 7, Fabrik: Peterstraße 7.
  23. Steinmetz/Vollmer: Briefwechsel mit Sascha Schneider, S. 437, dort auch die vorige Anmerkung.
  24. Steinmetz/Vollmer: Briefwechsel mit Sascha Schneider, S. 438.
  25. Hatzig: Karl May und Sascha Schneider, S. 217.
  26. Zitiert nach: Range: Zwischen Max Klinger und Karl May, S. 88, Anm. 291.
  27. Hatzig: Karl May und Sascha Schneider, S. 218.
  28. Range: Zwischen Max Klinger und Karl May, S. 88, Anm. 291.
  29. Karl May: Am Jenseits. In: Digitale Bibliothek Band 77: Karl Mays Werke, S. 63546.
  30. Steinmetz/Vollmer (Hrsg.): Briefwechsel mit Sascha Schneider, S. 502.
  31. Vgl. Hatzig: Karl May und Sascha Schneider, S. 197.
  32. In: Karl-May-Jahrbuch 1928, S. 16-19.
  33. Roland Schmid: Nachwort des Herausgebers. In: Karl May: Winnetou IV. Reprint. Karl-May-Verlag Bamberg 1984, S. A15.
  34. Hatzig: Karl May und Sascha Schneider, S. 245, Anm. 30.
  35. Hatzig: Karl May und Sascha Schneider, S. 212.

Literatur[Bearbeiten]

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