Wadi Tarfaui

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Wadi Tarfaui (auch Oued Tarfaoui oder Wādī Ţarfāwī) wurde ein Teil eines Systems von Wadis, zeitweise trockenen Bächen und Flüssen, genannt. Dieses System liegt in Tunesien, erstreckt sich über die Gouvernorate Kasserine, Sidi Bouzid und Gafsa und mündet im Gouvernorat Tozeur in den Chott el Rharsa.

Oued Tarfaoui wurde nur der letzte, am Chott el Rharsa endende Teil genannt, jedoch bestand keine Einigkeit darüber, auf welche Länge des Flusses sich der Name erstreckte. Nach Baraban galt er für den 70-80 Kilometer langen Abschnitt ab der Stadt Gafsa.[1] Nach anderen Angaben ist der Oued Tarfaoui genannte Abschnitt wesentlich kürzer; es existierten zwischen Gafsa[2] und dem Oued Tarfaoui noch ein,[3] zwei[4] oder gar drei[5] weitere unterschiedlich benannte Abschnitte. Deren Namen sind (von Gafsa aus flussabwärts) Baïach (auch Beïach, Baïch, Beyâch oder Beïache), Cheraïa und Gourbata (Gorbata).

Der Name Oued Tarfaoui leitete sich von den Tamarisken (arabisch: tarfa) ab, die in diesem Teils des Wadis zahlreich wuchsen.[6]

Heute ist dieser Name nicht mehr gebräuchlich. Bereits Baraban nennt bei seiner Reise im Jahr 1885 „Oued el Melah“ als eigentlichen Namen und nur alternativ Oued Tarfaoui;[7] und etwa ab Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts ist nur noch der erstere Name zu finden.

Nach einer von Roudaire vertretenen Theorie[8], die von mehreren Wissenschaftlern[9] gestützt wurde, ist das Oued Tarfaoui identisch mit dem von Ptolemäus und von Herodot beschriebenen großen antiken Fluss Triton, der den inzwischen zu den Chotts Djerid und Rharsa sowie einigen kleineren Chotts verdunsteten gleichnamigen See speiste.

Da das Einzugsgebiet des Oued Tarfaoui im Gebirge nördlich des Schott-Beckens liegt, hätte noch im 19. Jahrhundert ohne menschliche Eingriffe die Wassermenge für einen fast ganzjährig wasserführenden Fluss ausgereicht. Durch die zunehmende Wasserentnahme für Bewässerungszwecke durch eine wachsende Bevölkerung an den Zuflüssen, insbesondere in Gafsa —damals immerhin schon eine Stadt mit knapp 4.000 Einwohnern—, kam das Wasser nur selten über Gafsa hinaus,[10] und die namensgebenden Tamarisken konnten sich nicht nur an den Ufern des Oued Tarfaoui ausbreiten, sondern auch sein Bett bedecken.

Das Wadi Tarfaui bildete eine wichtige Verkehrsader. Die natürlichen Hindernisse — Chott el Djerid und seine östlichen Fortsetzungen im Süden sowie das Gebirge und die Reihe der Schotts vom Chott el Rharsa bis zum Chott Melrhir im Norden — führten zu einer Bündelung des Verkehrs zwischen den tunesischen Küstenstädten und dem Landesinneren von Algerien und auch eines Teils von Tunesien auf dem Isthmus zwischen dem Chott el Djerid und dem Chott el Rharsa.[11] Der Weg von oder zu dieser Landenge führte zwangsläufig durch das östlich anschließende Wadi Tarfaui. Wer hier im 19. Jahrhundert reiste, war selten allen. Er konnte sicher sein, auf mehrere Karawanen zu treffen.

bei Karl May[Bearbeiten]

Wadi Tarfaui
im Werk Karl Mays
Weltkarte1911.jpg

Durch die Wüste
Der Krumir
nur erwähnt in:
Von Bagdad nach Stambul

Reiseroute durch das Wadi Tarfaui im Orientzyklus

Orientzyklus[Bearbeiten]

Im ersten Band des „Orientzyklus“, „Durch die Wüste“, finden Kara Ben Nemsi und sein Begleiter Hadschi Halef Omar im Wadi Tarfaui die Leiche des ermordeten Kaufmannes Paul Galingré. Sie überführen Hamd el Amasat, der Täter zu sein, dieser kann ihnen aber über den Schott Dscherid entkommen.

So sprach Halef, mein Diener und Wegweiser, mit dem ich in den Schluchten und Klüften des Dschebel Aures herumgekrochen und dann nach dem Dra el Haua heruntergestiegen war, um über den Dschebel Tarfaui nach Seddada, Kris und Dgasche zu kommen, von welchen Orten aus ein Weg über den berüchtigten Schott Dscherid nach Fetnassa und Kbilli führt.[12]

Bei der Beschreibung des ersten Abschnitts der Orientzyklus-Reise, vom Dschebel Aures bis nach Kbilli, stützt May sich auf die Karte „Das Algerisch-Tunesische Schott-Becken“ aus der Zeitschrift „Deutsche Rundschau für Geographie und Statistik“.[13] Alle geografischen Namen stimmen einschließlich der Schreibweise mit dieser Karte überein.

Noch zwei weitere Male wird das Wadi Tarfaui im „Orientzyklus“ kurz erwähnt, und zwar im Zusammenhang mit den dortigen Erlebnissen im dritten Band, „Von Bagdad nach Stambul

Der Krumir[Bearbeiten]

Auch in der Erzählung „Der Krumir“ ist das Wadi Tarfaui Handlungsort, allerdings wird hier das Wort „Wadi“, das auch „Fluss“ bedeutet, weggelassen und es ist nur von „dem Tarfaui“ die Rede:

Nun brach die Nacht herein; el Mogreb wurde gebetet, und dann brannten wir die Fackeln an. Natürlich kamen wir nun langsamer vorwärts und erreichten den Dschebel Aisch erst nach weiteren zwei Stunden. Hinter demselben, also westlich von ihm, sendet der Tarfaui seine klaren Wellen nach Süden zu. Er entspringt, wenn ich mich recht besinne, auf dem Höhenzuge, welcher sich südlich von dem Dschebel Schambi von Nordost nach Südwest erstreckt, geht an Feriana vorüber, macht bei Gafsa einen scharfen Bogen nach Westen und läuft dann in den kleinen Schott Baadscha, welcher im Süden des Dra el Haua liegt.[14]

May gibt hier eine sehr präzise geografische Beschreibung, die mit der Realität übereinstimmt. Kandolf hat die „Karte von Tunesien, nach den französischen Generalstabskarten bearbeitet“, erschienen im Verlag Wurzer & Co., Zürich 1881, als Grundlage für den geografischen Rahmen der Erzählung identifiziert.[15] Problematisch ist lediglich die Bezeichnung des Flusses an der Stelle, an der die Handlung spielt, als „Tarfaui“. Zwar handelt es sich unzweifelhaft um denselben Flusslauf, aber in der Literatur besteht Einigkeit darüber, dass er den Namen Tarfaui nicht schon oberhalb von Gafsa trug, sondern erst unterhalb von Gafsa kurz vor seinem Ende. Es gibt allerdings mindestens eine Beschreibung, die man doch im Sinne Mays interpretieren kann,[16] was darauf hindeuten könnte, dass May die vorgenannte Karte nicht als einzige Quelle genutzt hat; ebenso wie die Tatsache, dass er — ganz der Wirklichkeit entsprechend — den Flusslauf hier, oberhalb von Gafsa, als wasserführend beschreibt, im Orientzyklus unterhalb von Gafsa aber als trocken.

Literatur[Bearbeiten]

  • Baraban, Léopold: A travers la Tunisie, études sur les oasis, les dunes, les forêts, la flore et la géologie J. Rothschild, Paris 1887
  • Berbrugger, Adrien: Itinéraires archéologiques en Tunisie. IIe et dernière partie. In: Revue Africaine, Journal des travaux de la Société Historique Algérienne 3e année n° 13 octobre 1858, Bastide, Alger 1858
  • du Paty de Clam, Armand: Étude sur le système de mer intérieure de M. Rouire In: Compte rendu des séances de la Société de Géographie et de la Commission Centrale, Société de Géographie, Paris 1884
  • Guérin, Victor: Voyage archéologique dans la régence de Tunis, tome premier Henri Plon, Paris 1862
  • Kandolf, Franz: Schrittmesser und Landkarten. In: Karl-May-Jahrbuch 1925, Karl-May-Verlag, Radebeul bei Dresden 1924, S. 154-165
  • Pellissier de Reynaud, Edmond: Description de la Régence de Tunis In: Exploration scientifique de l'Algérie pendant les années 1840, 1841, 1842 XVI, Imprimerie Impériale, Paris 1853
  • Reclus, Élisée: Nouvelle géographie universelle. Bd. 11: L'Afrique septentrionale. Hachette et Cie., Paris 1886
  • Roudaire, François Élie (Capitaine Roudaire): Rapport à M. le Ministre de l'Instruction Publique sur la Mission des Chotts. Études relatives au projet de mer intérieure. In: Archives des Missions Scientifiques et Littéraires. Troisième Série. Tome Quatrième. Paris 1877
  • Tissot, Charles-Joseph: Notice sur le Chott El Djerid In: Bulletin de la Société de Géographie. Sixième Série - Tome Dix-Huitième, Ch. Delagrave, Paris 1879
  • Trousset, Pol: Recherches sur le limes tripolitanus du Chott El-Djerid à la frontière tuniso-libyenne. Éditions du Centre National de la Recherche Scientifique, Paris 1974

Anmerkungen[Bearbeiten]

  1. Baraban: A travers la Tunisie, ... S. 141
  2. Gafsa wird von Karl May erwähnt. In der ursprünglichen Veröffentlichung von Karl Mays „Orientzyklus“ im „Deutschen Hausschatz“ wurde es noch korrekt geschrieben, später dann aber „Gaffa“. Das ist erklärlich durch das im Fraktursatz verwendete Lang-s „ſ“, das dem flüchtigen Leser wie ein „f“ erscheinen konnte.
  3. Tissot: Notice sur le Chott El Djerid, S. 14 (Karte)
  4. du Paty de Clam: Étude sur le système de mer intérieure de M. Rouire S. 376
  5. Guérin: Voyage archéologique dans la régence de Tunis, tome premier S. 271
  6. Berbrugger: Itinéraires archéologiques en Tunisie. IIe et dernière partie.S. 12
    Guérin: Voyage archéologique dans la régence de Tunis, tome premier S. 271
  7. Baraban: A travers la Tunisie, ... S. 139
  8. Roudaire: Rapport ..., S. 210
  9. Henri Duveyrier, Charles-Joseph Tissot, Victor Guérin
  10. Pellissier de Reynaud, Edmond: Description de la Régence de Tunis, S. 141
  11. Trousset: Recherches sur le limes tripolitanus du Chott El-Djerid à la frontière tuniso-libyenne. S. 25
  12. Karl May: Durch die Wüste. Gesammelte Reiseerzählungen, Verlag Friedrich Ernst Fehsenfeld, Freiburg 1892, S. 1.
  13. Das Algerisch-Tunesische Schott-Becken nach Capt. Roudaire's Aufnahmen.
    Inventar-Nr. KK002a in Karl Mays Bibliothek.
    entnommen aus: Deutsche Rundschau für Geographie und Statistik. II. Jahrgang, Heft 6 A. Hartleben, Wien/Pest/Leipzig 1880.
  14. May, Karl: Carl May's gesammelte Reiseromane. Band X: Orangen und Datteln. Friedrich Ernst Fehsenfald, Freiburg i. B. 1894, S. 405
  15. Kandolf: Schrittmesser und Landkarten S. 160
  16. Reclus: Nouvelle géographie universelle ... S. 213